Nach 38 Jahren: Erklärung für irreführende Messungen Voyagers 2 am Uranus

Fast 40 Jahre sind es her, dass Voyager 2 den Uranus passiert hat. Über dort gesammelte Messdaten wurde seitdem gerätselt. Nun gibt es eine Antwort.

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Links ein Planet mit viel Plasma in der Umgebung, rechts einer fast ohne  dafür einem Plasmastrahl der Sonne

Links der Normalzustand der Magnetosphäre, rechts der von Voyager 2 vorgefundene Zustand.

(Bild: NASA/JPL-Caltech)

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Unmittelbar vor dem bisher einzigen Vorbeiflug einer Weltraumsonde ist der Uranus von ungewöhnlich heftigem Sonnenwind getroffen worden, was wichtige Messungen zur Magnetosphäre verfälscht hat. Das haben neue Analysen der fast 40 Jahre alten Daten ergeben und damit ein altes Rätsel gelöst, berichtet jetzt das Jet Propulsion Laboratory der NASA. Wäre Voyager 2 im Winter 1986 nur ein paar Tage früher an Uranus vorbeigeflogen, hätte die Sonde eine "völlig andere" Magnetosphäre beobachtet, meint Forschungsleiter Jamie Jasinski vom JPL. Stattdessen habe man Jahrzehnte gerätselt, wieso über der Atmosphäre des Uranus fast gar kein geladenes Plasma vorgefunden wurde. Durch den Sonnenwind und einen "kosmischen Zufall" sei die Magnetosphäre aber vorübergehend enorm zusammengedrückt gewesen und das Plasma weggedrückt worden, heißt es nun.

Wie das Forschungsteam um Jasinski jetzt in Erinnerung ruft, ist Voyager 2 am 24. Januar 1986 als erste und bislang einzige Weltraumsonde am Uranus vorbeigeflogen. Entdeckt hat sie dort zehn bis dahin unbekannte Monde, ablichten konnte sie außerdem die Jahre vorher entdeckten Ringe. Unerklärlich sei aber gewesen, dass in der Umgebung des Planeten trotz intensiver Strahlungsgürtel fast kein Plasma gefunden wurde. Es sei also unklar gewesen, woher die geladenen Teilchen stammten, die die aktiven Strahlungsgürtel speisen. Voyager 2 habe beim Vorbeiflug Bedingungen am Uranus vorgefunden, wie sie nur zu vier Prozent der Zeit auftreten, schreibt das Team. Ansonsten verhalte er sich eher so wie erwartet. Die jetzt gefundene Erklärung bedeute zudem, dass einige der fünf größten Monde von Uranus doch geologisch aktiv sein könnten. Das hatte wegen der ursprünglichen Messungen als ausgeschlossen gegolten.

Die jetzt im Fachmagazin Nature Astronomy veröffentlichte Studie zu Uranus zeigt einmal mehr, dass auch vor Jahrzehnten gesammelte Daten noch neue Erkenntnisse ermöglichen können. Erst Anfang des Jahres hatte eine Forschungsgruppe darauf hingewiesen, dass sich Uranus und Neptun deutlich ähnlicher sehen, als bislang vor allem in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Das stellten neu nachbearbeitete Aufnahmen unter Beweis, die Voyager 2 bei ihren Besuchen 1986 und 1989 gemacht hat. Nach mehr als drei Jahrzehnten sollte mit der Arbeit vor allem jenes Bild korrigiert werden, das sich die Menschheit von den beiden weit entfernten Planeten gemacht hat. Ein paar Wochen später wurden dann beim Uranus drei weitere Monde entdeckt.

Voyager 2 und die Schwestersonde Voyager 1 sind die ältesten aktiven Weltraumsonden der NASA. 1977 gestartet, konnten sie für ihre Reise eine seltene Konstellation ausnutzen, in der die vier größten Planeten des Sonnensystems einander besonders nahekamen. Beide besuchten den Jupiter und holten an ihm Schwung zum Saturn, wo sich ihre Wege trennten: Voyager 1 katapultierte sich dort hinaus aus der Ebene des Sonnensystems, Voyager 2 nahm Kurs auf Uranus und Neptun. Vorgesehen war ursprünglich lediglich eine vierjährige Mission; inzwischen sind sie 47 Jahre unterwegs und noch immer aktiv. Zuletzt erreichten die Zwillinge den interstellaren Raum.

Update

Das Datum des Vorbeiflugs am Uranus wurde korrigert.

(mho)