WLAN-Anhörung: Die Crux mit der Störerhaftung und "herbeigeredete Bedenken"

Seite 2: Konstruierte Gefahr?

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Im Hinblick auf den Datenschutz seien offene Hotspots dagegen zumindest "nicht ganz ohne", räumte Tripp ein. Die Nutzer sollten dort daher "gute Verschlüsselung" verwenden. Wenn Privatpersonen aber User registrieren und Daten darüber aufbewahren sollten, müssten diese ja "irgendwie sicher aufbewahrt werden", was sich noch schwieriger gestalte.

"Die Gefahr, dass massenhaft Rechtsverletzungen begangen werden, existiert so nicht", sagte auch Reto Mantz, Richter am Landgericht Frankfurt. In anderen Ländern, wo freie WLANs deutlich stärker verbreitet seien, spreche man darüber "schlicht und einfach nicht", weil es auch gar nichts dazu zu diskutieren gebe. Websperren bezeichnete er dagegen als "generell problematisch". Der entsprechende Unterlassungsanspruch sollte eingeschränkt, die Entscheidung darüber ein Gericht treffen.

"Es sind nicht sehr viele Fälle bekannt, wo Rechtsverletzungen begangen wurden", ergänzte der Rechtsanwalt Dieter Frey. Straftäter wüssten zudem, wie sie sich zu schützen haben und nutzten beispielsweise Anonymisierungsdienste. Eine Registrierungs- und Speicherpflicht würde daher "die breite Öffentlichkeit erfassen", nicht Kriminelle. Insgesamt sei er "nicht glücklich mit dem Gesetz aus europarechtlicher Sicht". Zuviel werde darin inkonsistent "vermischt, verwoben". Wenig hielt er auch von einem Vorschlag, nur WLAN-Anbieter von der Störerhaftung freizustellen. Damit könnten die Deutsche Telekom und andere große Zugangsanbieter zum Zielobjekt der Rechteinhaber gemacht werden ohne gesetzliche Grundlage.

Als "absolute Verbesserung gegenüber der aktuellen Rechtslage" begrüßte nur Stephan Tromp vom Handelsverband Deutschland (HDE) den Entwurf. Dieser nehme Bezug auf ein EuGH-Urteil und werde so "für die verstärkte Ausbreitung von WLAN sorgen". Kein Händler müsse mehr fürchten, dass er einen ganzen Hotspot zumachen müsse. Im Gegenzug eventuell die ein oder andere Adresse sperren zu müssen, sei "das geringere Übel". Besser wäre es aber, diesen Anspruch zu streichen. Ferner werde das Kostenrisiko bei möglichen Streits über Rechtsverletzungen minimiert, was ganz wichtig sei für einen privaten Betreiber.

Noch steht in den Sternen, ob sich die große Koalition in dieser letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause und den Wahlen auf einen Kompromiss einigen kann. Die SPD-Bundestagsfraktion warf der CDU/CSU jüngst vor, die Initiative torpedieren zu wollen. Schon am Dienstag müssten die schwarz-roten Änderungsanträge stehen, damit die Initiative Ende der Woche noch im Plenum beschlossen werden könnte. Der eco-Verband der Internetwirtschaft appellierte an die Regierungsfraktionen, auf den letzten Metern keine neuen Rechtsunsicherheiten zu schaffen. Selbst die bestehende Regel sei noch besser als der diskutierte Vorschlag, "der mit der Einführung von Netzsperren ohne Richtervorbehalt einen deutlichen Rückschritt bedeuten würde". (vbr)