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Was war. Was wird. Wer die Qual der Wahl hat, der kann was erzählen.

Es gibt Träume, die, sind sie verwirklicht, zum Alptraum werden, grummelt Hal Faber, der dann doch lieber die Wahl hat.

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Was war. Was wird. Wer die Qual der Wahl hat, der kann was erzählen.

Welches Kätzerl hätten's denn gerne? Ach nee, das war ne andere Raterunde, und auch eine leicht andere Frage.

(Bild: Pixel-Shot / shutterstock.com)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Ach Europa. Damals mit dem Stier, besonders nach seiner Zurückverwandlung in Zeus, das war auch schon nicht wirklich ein freiwilliges Vergnügen mit den powers that be.

(Bild: Europa und der Stier, Terrakotta-Gruppe aus Athen, um 470 v. Chr. (Staatliche Antikensammlungen in München), gemeinfrei)

*** Toll, es ist Damenwahl in Europa: Spiel mir das Lied von der Leyen und es schrammelt und knackt ganz gewaltig. Die Platte hat einen Sprung. Nach all den Kommentaren über die gestiegene Wahlbeteiligung zur Europawahl mit angetretenen "echten" Spitzenkandidaten wie Manfred Weber ist die "Einigung" auf die deutsche Verteidigungsministerin eine Lektion in dem Geschachere europäischer Realpolitik und nebenbei eine hübsche Sammlung einschlägiger Memes. "Noch nie wurde so viel gelogen" wie in dieser Stunde, das ist als Beschreibung der Hinterzimmerei noch eine glatte Untertreibung. Wer sich über die Trolle der Brexit-Hansel belustigt, die zur Europa-Hymne ihre Rückseiten vorzeigten, kann die Regierungschefs wie Merkel und Macron gleich mit einbeziehen. Auch sie zeigten auf ihre Weise den EU-Bürgern die Hinterseite, natürlich mit allem demokratischen Anstand, wie prompt versichert wird. Dabei wird ein "Deal" präsentiert, der offenbar ganz nach dem Drehbuch von "The Art of the Deal" entstanden ist, der anderswo bewundert wird. Es ist eben alles eine Frage des Haltungsproblems, wie es Ursula von der Leyen einstmals in der Debatte um einen Offizier ihrer Truppe kenntnisreich formulierte. Der aufrechte Gang sieht sowieso anders aus.

*** So mancher hätte gerne auch außerhalb Europas die Qual der Wahl, wird aber vor vollendete Tatsachen gestellt. Aus dem American Dream ist zum 4. Juli ein Salute to America geworden und die frisch gewaschenen Panzer standen artig Spalier auf ihren Tiefladern. Das aus den Häfen, die die Amerikaner eroberten, bei Trump wegen einem ausgefallenen Teleprompter kurzerhand Flughäfen wurden, ist doch eine schöne Geste Richtung Air Force One gewesen. Die Maschine flog aus Sicherheitsgründen über Washington hinweg, als Trump noch gar nicht mit der Rede begonnen hatte. Danach kam verschiedenes Fluggerät im Regen zum Einsatz, jedoch leider keine 737 Max, dieses Merkstück einer verkorksten Firmenkultur. Anno 1776 hatte Amerika seine eigenen High Tech Trends, bis hin zum biblischen Multitasking von Thomas Jefferson, dem Autor der Unabhängigkeitserklärung.

*** Das amerikanische Drama spielte sich jedoch woanders ab, im kalifornischen Ridgecrest oder eben auch im Fernsehstudio. Dabei warnen Seismologen, dass das the big one, das große Beben erst noch kommen könnte. Nun heißt es warten und das geht in Kalifornien am besten in aller stoischen Abgeklärtheit, dieser ganz besonderen Gelassenheit der Reichen und Mächtigen. Sieht man vom Schönheitsfehler ab, die griechische stoische Philosophie auf den Einfluss des Buddhismus zurückzuführen, ist der Gedanke interessant, dass die kalifornische Ideologie nicht allein auf die Hippies und Wellensurfer zurückzuführen ist. CONFIG.SYS und lebe damit, basta.

*** Ich weiß nicht, was "basta" auf Chinesisch bedeutet. Doch der Bericht über die chinesische Honigbiene als Topmeldung dieser Woche gibt auf vielen Ebenen zu denken. Einreise oder Ausreise nur mit staatlich anerkannter Sicherheits-App, das ist ein Gedanke, auf den auch andere Staaten kommen können, die kein Sozialkreditsystem unterhalten. Der Kampf gegen den Terror muss schließlich mit allen Hashwerten geführt werden. Da ist nicht nur die Diskussion um die Gutartigkeit oder Schlechtigkeit von Huawei, die für einen Deal an- oder ausgeknipst werden kann, wenn Xi Jinping und Trump ihn wollen. Man sollte nicht vergessen, wie in China die Unterzeichner der Charter 8 als Wiedergängerin der Charta 77 behandelt wurden. So ist die Charter 8 ein brandgefährliches Dokument geworden, das von der App in vielen Fassungen und Sprachen aufgespürt wird. Für sie wanderten viele Menschen ins Gefängnis und einige wie Liu Xiabo bezahlten ihren Mut mit dem Leben. Seine Witwe Liu Xia lebt mittlerweile in Deutschland. Sie führte vor ein paar Monaten ein wunderbares Gespräch mit Ai Weiwei und Perry Link, das man nur mit Bauchschmerzen lesen kann. Die dazu gehörige Ausstellung ist vorüber.

*** Ach, ihr wachsamen Honigbienchen, es gibt viel zu blocken und noch mehr zu installieren, wie dieses Update für Samsung, das nach der Kreditkarte fragt und bereits auf 10 Millionen Downloads gekommen sein soll. Wer sein Smartphone auf diese Weise auf dem neuesten Stand halten will, wird sicher keine Bedenken haben, eine staatliche App bei Ein- oder Ausreise aufzufrischen. Schließlich steckt im schönen Wort vom harmonisch zu entwickelnden Bundestrojaner eine Andeutung vom innigen Bund, den der Staat da mit seinen Bürgern schließt.

*** Nach "Windows 10 for Dummies" und "Microsoft Excel for Dummies" ist nun auch Bruce Schneiers angewandte Kryptographie in einigen US-amerikanischen Gefängnissen verboten worden. Kryptographie ist einfach zu gefährlich. Erinnert sei daran, dass Pioniere wie Martin Hellmann mit einem Bein im Gefängnis standen, als sie ihre Entdeckung der vertraulichen Gespräche von Alice und Bob veröffentlichten. Hellmann und drei seiner Studenten sollten für ihre preiswürdige Arbeit verhaftet werden, da sie die nationale Sicherheit der USA gefährdeten. Später wurde das Argument aufgetischt, dass Verschlüsselung nur von bösen Menschen genutzt wird, was einfach nicht stimmt. So leben wir mit der Erkenntnis, dass eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung nicht nur im Bundesinnenministerium nicht verstanden wird. Doch halt, es geht noch besser: In dieser Woche hat Arvato Systems, die IT-Tochter des Bertelsmann-Konzerns, den Zuschlag in einer europaweiten Ausschreibung gewonnen, die telematische Infrastruktur des deutschen Gesundheitswesens bis zum Jahre 2027 zu betreiben, inklusive dem Betrieb des Rechenzentrums, in dem unsere Gesundheitsdaten zusammenlaufen. Arvato spricht darum in der Pressemitteilung zur gewonnenen Ausschreibung von einer "Ende-zu-Ende Verantwortung beim Datenaustausch über alle Sektoren des Gesundheitswesens", die der Konzern übernommen habe. Das ist eine sprachliche Neuerung, für es einen Neusprech-Award geben müsste.

Genug davon, das ist ja doch alles frustrierend. Dabei wird's Sommer. Und – bei allen kritischen Hinweisen über Hitzewellen, Dauer-Dürre und den grundsätzlich sich darin äußernden Klimawandel – ist der in der norddeutschen Tiefebene gefangene Westeuropäer doch froh, dass man mal scheinende Sonne und richtig schöne Hitze genießen kann, ohne dafür den Klimawandel durch die eine oder andere Flugreise anzutreiben. Also freuen wir uns erst einmal: Sommer wird's. Genießen wir's, solange die Hitze nicht in Dimensionen steigt, die kein Mensch mehr angenehm finden kann. Und genießen wir das Sommerrätsel, das nun auch wieder ansteht. Dieses Mal trennen wir uns von der alten Dreieinigkeit von Hard-, Soft- und Wetware und gehen ganz modernistisch in dieses komische Internet (vom dem manche Leute ja sagen, das werde sich nie durchsetzen ...) und schauen nach Cat-, Dog- und Alien-Content. Immerhin wurde das Internet ja für Katzenvideos erfunden – und nun stellt sich heraus, dass schon viel früher der eigentliche Grund für die Erfindung des Computers die Erstellung von nativem Cat-Content war! So seien die geneigten Leser zur Stimulierung der Vorfreude auf das Sommerrätsel schon mal gefragt, wann denn der in dem folgenden Video gezeigte Cat-Content produziert wurde und auf welchem Computer. In diesem Sinne: Genießt die Sonne!

(jk)