Wasserstoff statt Diesel – Forscher testen den Umbau von Zugmotoren

Dieselloks belasten das Klima. In Sachsen-Anhalt erproben Techniker das Umrüsten von Motoren auf Wasserstoffbetrieb und Biogas – das ist einzigartig in Europa.

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(Bild: Deutsche Bahn AG / Michael Neuhaus)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Thomas Schöne
  • dpa
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Eigentlich ist es nur ein großer Dieselmotor. Aber das Antriebsaggregat auf diesem Prüfstand in Sachsen-Anhalt ist etwas Besonderes: ein umgerüsteter Dieselmotor, der mit Wasserstoff läuft. "Der Motor wurde zum ersten Mal im Dezember im Wasserstoffbetrieb gezündet", sagt Maschinenbauingenieur und Innovationsmanager Carsten Tietze vom Wissenschaftlich-Technischen Zentrum für Motoren- und Maschinenforschung Roßlau gGmbH (WTZ) in Dessau-Roßlau. Eine gGmbH ist die gemeinnützige Variante der bekannteren Rechtsform GmbH. "Der Sechszylinder absolviert den Testbetrieb als Einzylindermotor, weil die Verbrauchskosten und die Komplexität der Untersuchungen dadurch wesentlich geringer sind. Später wird der komplette Motor erprobt."

Der nächste Schritt ist der Einbau in einen Dieselzug. Ende 2022 kommt der Zug, ein rund 15 Jahre altes Fahrzeug von der hessischen Landesbahn. Er fährt zunächst ohne Fahrgäste im Testbetrieb.

"Ab 2025 soll dann der reguläre Zugverkehr zwischen Dessau Hauptbahnhof und Wörlitz aufgenommen werden", sagt der Bündnismanager vom Projekt Trains an der Hochschule Anhalt in Köthen, Dirk Ottwald. Die Strecke bis zur Station Wörlitzer Gartenreich sei etwa 20 Kilometer lang. "Was die Umrüstung angeht, sind wir tatsächlich in Europa einzigartig. Wasserstoffverbrennungsmotoren für Züge gibt es noch nicht."

Außerdem ist der Motor in der Lage, neben Wasserstoff auch mit allen Gemischen mit Erdgas und Biomethan zu fahren. "Die Umrüstung von Bestandszügen ist in jedem Fall günstiger als eine Neuanschaffung. Diese Züge fahren auf Nebenstrecken oder auf Nahverkehrsstrecken, wo es auch in Zukunft unwirtschaftlich wäre, diese Strecken zu elektrifizieren", sagt Ottwald. "Zudem gibt es den ganzen Bereich der Rangierloks, die nicht elektrifiziert werden können und bei denen auch Brennstoffzellen keine technische Alternative sind." Die Deutsche Bahn investiert derweil schon in Hybrid-Loks für Rangierleistungen und die letzte Meile.

Für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) steht die Elektrifizierung der Bahnstrecken im Vordergrund. Der Betrieb mit Wasserstoff sei nur dann sinnvoll, wenn er grün ist. "Aber bis grüner Wasserstoff zur Verfügung steht, wird es noch eine Weile dauern und er wird ziemlich kostspielig sein", sagt DUH-Abteilungsleiterin für Verkehr und Luftreinhaltung, Dorothee Saar. "Von einem Kraftstoff wie Erdgas muss man sich über kurz oder lang verabschieden. Deshalb wäre es besser, zu überlegen, welche Strecken noch elektrifiziert werden können, statt mit Wasserstoff zu betreiben. Wir kommen ja nicht umhin, die Schiene zu stärken, wenn wir den Lkw-Verkehr auf die Schiene verlagern müssen."

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Bündnis Trains in einem Programm, das den "Wandel durch Innovation in der Region" fördert, wie ein Ministeriumssprecher mitteilt. Seit 2019 wurden insgesamt rund sieben Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Bei erfolgreichem Verlauf können bis 2025 weitere sieben Millionen Euro bewilligt werden.

Rentabilitätsanalysen hätten ergeben, dass bei reinem Erdgasbetrieb ohne Wasserstoffbeimischung der CO₂-Ausstoß im Vergleich zum Dieselbetrieb um 22 Prozent geringer wäre, sagt der BMBF-Sprecher. Eine Beimischung von 50 Prozent grünen Wasserstoffs bringe 76 Prozent CO₂-Reduktion. Der Betrieb mit reinem grünen Wasserstoff ermögliche die Zugfahrt nahezu ohne CO₂-Ausstoß.

Die Neupreise für übliche Triebzüge (Stand 2021) liegen laut BMBF bei etwa drei bis vier Millionen Euro. Die Fahrzeuglebensdauer wird mit 30 bis 40 Jahren angesetzt. Ökonomisch sinnvoll sei die Umrüstung auf Gasbetrieb bis zu einem Fahrzeugalter von etwa 20 Jahren. In Europa gebe es 25 dieselbetriebene Baureihen mit etwa 4400 Triebwagen, rund die Hälfte davon fahre in Deutschland. Die Kosten pro Umrüstung werden auf 500.000 Euro bis eine Million Euro geschätzt und hängen von den Stückzahlen ab.

Die Umrüstung von Dieselmotoren auf Wasserstoff ist nicht der erste Test mit neuartigen Zugantrieben: 2018 durfte ein Prototyp mit Brennstoffzellenantrieb in Betrieb gehen, wie ein Sprecher des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) mitteilte. Ebenso wurde demnach ein Zug mit zusätzlichem Akku-Betrieb umgerüstet. Und im 2021 sei ein Oberleitungs-Batterie-Hybrid-Triebzug zugelassen worden.

(tiw)