Computex

Zweitgrößte IT-Messe wird eröffnet

Die nach der CeBIT zweitgrößte IT-Messe Computex startet am 6. Juni in Taiwans Hauptstadt Taipeh. Die Show verspricht aber nicht nur metereologisch stürmisch zu werden.

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Von
  • Georg Schnurer

Noch bestimmen die Messebautrupps den Rhythmus in den vier Hallen, die rund um "Taipei 101", den derzeit höchsten Wolkenkratzer der Welt, die Ausstellungsfläche der Computex bilden. Ebenso hektisch wie in den über den so genannten Skywalk verbundenen Hallen geht es vor und um sie herum in Taiwans Hauptstadt Taipeh zu: Drinnen nagelt, klebt und schraubt ein emsiges Heer von Standbauern, draußen treibt ein kräftiger Wind die auch um 22 Uhr noch herumschlendernden Einwohner Taipehs vor sich her.

Insgesamt verspricht die Computex 2006 ohnehin, eine stürmische und spannende Messe zu werden: Die Erzrivalen AMD und Intel wetteifern um die größte optische Präsenz in und um das Messegelände herum. Während das Intel-Logo auf beinahe allen Computex-Werbetafeln zu sehen ist, versorgt AMD die Besucher zwischen Halle 2 und 3 mit Kaltgetränken und Wasserflaschen zum Mitnehmen. Am Wolkenkratzer Taipei 101 konnte Intel plakatieren, AMD "krönt" dagegen das gegenüberliegende "NewYork NewYork" mit einem großen aufgeblasenen Logo.

Thematisch wetteifern die beiden auf dieser Messe auf diversen Feldern: Neben dem klassischen Bereich der Desktop-Prozessoren beharkt man sich auch in Sachen Wohnzimmer-PCs und bei den Notebook-CPUs. Intel buhlt um den besten Platz im heimischen Wohnzimmer mit dem hauseigenen VIIV-Konzapt, AMD zeigt erstmals verschiedene Implementierungen des Konkurrenten "Live!".

Bei den Mobilprozessoren lagen Intels Pentium M und AMDs Mobil Turion 64 in puncto Geschwindigkeit und Stromhunger noch grob gleichauf. Doch seit Intel Anfang des Jahres mit der Zweikern-Variante Core Duo (Codename Yonah) auf den Markt kam, sieht es anders aus. Nun erreicht der Core Duo bei gleicher Leistungsaufnahme in einigen Anwendungen nahezu die doppelte Geschwindigkeit eines Mobile Turion 64. AMD hat vor wenigen Tagen nachgezogen und die Zweikern-Variante vorgestellt, doch die angekündigten Notebooks sind noch nicht lieferbar. Einige wird man auf der Computex erstmals sehen können, wie etwa das MSI Megabook S271 (Halle 2 E133), weitere werden sicher folgen. Auf dem AMD-Showroom im Erdgeschoss des TICC (Halle 4) standen schon heute Notebooks von BenQ (Halle 2, E187) und HP, aber auch Acer (Halle 2, E137) und Asus (Halle 2, F185) dürften X2-Portable zeigen.

Intel stellt sich derweil selbst ein Bein: Den Generationswechsel vom Pentium M zum Core Duo hat noch lange nicht jeder Notebook-Hersteller komplett vollzogen, da poltert Intel schon mit dem Nachfolger ins Haus. Klar, für Desktop-PCs kann die Ablösung der Pentium-4-Architektur durch die Core genannte Architektur des Conroe gar nicht schnell genug kommen. Doch das auf dem IDF gegebene Versprechen, die Mobil-Version "Merom" arbeite bei gleichem Leistungsappetit bis zu 20 Prozent schneller als Yonah, lässt AMDs Zweikern-Sensation vom Januar schon jetzt wie rostiges Alteisen aussehen. Mit der Verschiebung der Auslieferung des Merom vom angepeilten August auf September oder Oktober, von der gerüchteweise zu hören ist, erweist Intel damit vor allem den Notebook-Herstellern einen Gefallen, die ihre – beileibe nicht langsamen oder schlechten – Yonah-Geräte etwas länger verkaufen können. Vielleicht gibt es aber trotzdem auf einigen Computex-Ständen doch schon die ersten Merom-Notebooks zu sehen.

Um Gemecker über die zunehmende Zahl von Notebooks mit Spiegeldisplays loszuwerden, eignet sich die Computex generell nur eingeschränkt: Die Weltmarktführer Dell, HP, Lenovo und Toshiba haben sich die Chance entgehen lassen, potenziellen Kunden hier ihre Notebooks zu präsentieren – von den zehn weltgrößten Herstellern sind lediglich Acer und Asus vertreten. Toshiba (Halle 1, B624) zeigt immerhin Festplatten und optische Laufwerke. Daher können kleinere Notebook-Fabrikanten wie BenQ, Gigabyte und MSI stärker bei den Kunden punkten, zudem bekommt man hier die Modelle der in Deutschland nicht unter eigenem Namen vertretenen Zulieferer zu Gesicht, die dann etwa als Fujitsu Siemens Amilo oder von Firmen wie Medion angeboten werden. So lohnt sich deshalb auch ein Besuch bei den OEM-Herstellern Arima (Halle 2, F247), Clevo (TICC, T201C), FIC (Halle 2, E115), Inventec (Halle 2, E149) und Mitac (TICC, T101B).

Spannendes tut sich aber auch abseits dieses Wettstreits: Noch nie gab es auf einer Computex so viele Displays und Flachbildschirme zu sehen wie in diesem Jahr. Taiwans Panel-Produzenten rüsten ihre Fertigungskapazitäten derzeit kräftig auf und wollen möglichst noch in diesem Jahr zum Lieferanten Nummer eins für große flache TV-Geräte werden.

Auch altgediente Computex-Veteranen dürfte die enorme Vielfalt der in diesem Jahr gezeigten Pocket-Navigationsgeräte überraschen. Offensichtlich sehen die vornehmlich aus Taiwan stammenden Hersteller hier einen längst noch nicht gesättigten Markt. Welche Geräte letztlich den Sprung auf den europäischen Markt schaffen, bleibt abzuwarten. Viele der bereits vor der offiziellen Eröffnung zu sehenden Geräte bieten bislang nur eine chinesische Bedienoberfläche. Wann hier auch englische oder gar deutsche Menüs verfügbar sein sollen, war im Aufbautrubel leider noch nicht herauszubekommen.

Etwas gelegt hat sich der Hype rund um das Thema "Security". Die gerade einmal 22 Aussteller in der "Security-Area" in Halle 3 treten deutlich bescheidener auf als noch vor ein oder zwei Jahren. Dafür trommeln jetzt die direkt einen Gang weiter untergebrachten Anbieter von IP-Telefonie-Lösungen um so lauter. Telefon und Internet gehören zusammen, schallt es aus allen Ecken – und Taiwans IT-Industrie bietet natürlich das notwendige Equipment, angefangen beim IP-Telefon über kleine Router bis hin zu großen Installationen. Alles kann man in Halle 3 bewundern. Auch hier bleibt allerdings abzuwarten, wie viele der angepriesenen Geräte letztlich wirklich in Europa auftauchen werden.

Für die Messeorganisatoren Taitra und TCA verspricht die diesjährige Computex, angesichts der vielen spannenden Bereiche auf jeden Fall eine gelungene Veranstaltung zu werden. Bereits jetzt rundrum zufrieden sind auf jeden Fall die Hoteliers in Taipehs Innenstadt: Nahezu alle halbwegs bezahlbaren Zimmer sind ausgebucht, was wiederum für ein reges Besucherinteresse spricht. (gs)