c't Fotografie für Einsteiger - Teil I: Blende und Schärfentiefe

Im ersten Teil unserer Reihe "c't Fotografie für Einsteiger", in der wir die Grundlagen der Fotografie in einer Artikelserie vorstellen wollen, erklären wir den Begriff der Blende, was es mit der Schärfentiefe auf sich hat und wie das Bild eines Gartenschlauchs beim Verständnis hilft.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Peter Uhl
  • Martina Walther-Uhl
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Dies ist der erste Teil einer insgesamt sechsteiligen Serie für Fotografie-Einsteiger, die wir in den nächsten Tagen in Zusammenarbeit mit dem humboldt-Verlag hier auf c't Fotografie Online veröffentlichen und die einige Grundbegriffe der Fotografie klären soll. Einer der grundlegendsten Begriffe ist die "Blende". Darunter versteht man erstmal nichts weiter, als das "Loch", durch das das Licht auf den Sensor fällt. Die Größe dieses "Blendenlochs" können Sie selbst wählen, wenn Sie das Belichtungsprogramm Av (Canon) beziehungsweise A (Nikon) eingestellt haben. Die Blende wird üblicherweise mit "f" und einer Zahl bezeichnet. Wenn Sie die Blende selbst einstellen, haben Sie mehr Einfluss auf die Gestaltung Ihres Bildes.

Aber Vorsicht: Wenn das Blendenloch weit geschlossen ist (große Blendenzahl, z. B. f/22), dauert es länger als bei einer weit geöffneten Blende (kleine Blendenzahl f/5,6), bis genügend Licht auf den Sensor trifft und das Bild richtig belichtet ist. Hier besteht die Gefahr, das Bild zu verwackeln, wenn frei aus der Hand fotografiert wird. Oder das Motiv bewegt sich während der langen Belichtungszeit und wird deshalb unscharf abgebildet.

Ein Beispiel zur Erklärung: Sie stehen im Garten und haben zwei große Fässer mit dem gleichen Fassungsvermögen, es passt also in beide Fässer gleich viel hinein. Nun möchten Sie beide Fässer mit Wasser füllen. Zum Befüllen nehmen Sie für das eine Fass einen Gartenschlauch (kleiner Durchmesser) um es zu befüllen und für das andere einen Feuerwehrschlauch (großer Durchmesser). Es ist klar, dass mit einem Feuerwehrschlauch das Fass schneller voll ist, als mit einem Gartenschlauch.

Wie lange braucht man (Belichtungszeit), um ein Fass (der Sensor bzw. der Film) mit einer bestimmten Menge Wasser (Licht) zu füllen?

(Bild: Humbold)

Auf unsere Kamera bezogen ist der enge Gartenschlauch die weit geschlossene Blende (große Blendenzahl) und der Feuerwehrschlauch die weit geöffnete Blende (kleine Blendenzahl). Bei der weit geschlossenen Blende mit beispielsweise Blendenzahl f/22 (Gartenschlauch) dauert es länger, bis dieselbe Lichtmenge auf dem Sensor eingetroffen ist, als bei einer weit geöffneten Blende (Feuerwehrschlauch) etwa mit Blendenzahl f/5,6. Sie kommen also mit kleinen Blendenzahlen (weit geöffnete Blende) auf viel kürzere Belichtungszeiten als bei hohen Blendenzahlen (weit geschlossene Blende), unveränderte ISO-Zahl und gleich­ bleibende Lichtverhältnisse vorausgesetzt. Kürzere Belichtungszeiten wiederum erhöhen die Wahrscheinlichkeit,dass Ihr Bild verwacklungsfrei und scharf wird.

Vielleicht wundern Sie sich jetzt, dass wir immer, wenn wir von einer weit geöffneten Blende reden, damit eine kleine Blendenzahl verbinden und umgekehrt, wenn wir von einer großen Blendenzahl reden, die Blendenöffnung klein ist. Das klingt erst einmal unlogisch! Es erklärt sich aber dadurch, dass die korrekte Blendenzahl ein Bruchwert ist, also nicht einfach nur f·4, sondern f/4 und nicht einfach f·22, sondern f/22. Und da der Zahlenwert 1/4 nun einmal größer ist, als der Zahlenwert 1/22, löst sich das Rätsel und erklärt, warum die Blendenöffnung bei f/4 viel größer ist als bei f/22. Es hat sich umgangssprachlich so entwickelt, dass man lieber nur die Zahl unter dem Bruchstrich als Blende nennt und nicht den ganzen Bruch. Das ist zwar für Neueinsteiger zunächst undurchsichtig und scheinbar unlogisch, aber im Alltag einfacher zu handhaben. Wie Sie gleich noch sehen werden, ist die Blende auch noch zuständig für die im Bild mögliche Schärfentiefe, also dafür, wie viel im Bild scharf oder unscharf wird.

Die Schärfentiefe ist das Ausmaß des Bereichs, der im Foto scharf abgebildet wird. Bei geringer Schärfentiefe hat man einen kleinen Schärfenbereich im Bild, bei viel Schärfentiefe ist der Bereich größer. Das Ausmaß der Schärfentiefe wird durch die eingestellte Blende und durch den Abbildungsmaßstab festgelegt. Auf den beiden folgenden Fotos können Sie vergleichen, wie verschieden der Schärfentiefenbereich bei geöffneter und bei geschlossener Blende ist und wie sich dadurch die Bildwirkung verändert.

Schärfentiefe bei offener Blende, hier ƒ/2.8

(Bild: Humbold)

Schärfentiefe bei geschlossener Blende, hier f/22

(Bild: Humbold)

Die Schärfentiefe dehnt sich nach vorne und nach hinten aus, und zwar in den Ebenen, die parallel zur Kamerarückwand vor dem Fotografen liegen, ausgehend von der Ebene, auf die fokussiert wurde. Bei der Landschaftsfotografie verläuft die Ausdehnung im Verhältnis ein Drittel zu zwei Drittel. Bei Aufnahmen im Nahbereich dehnt sich die Schärfe ausgehend vom fokussierten Bereich gleichermaßen nach vorne und nach hinten aus.

Was passiert mit der Schärfentiefe, wenn ...

(Bild: Humbold)

Dies hat Konsequenzen dafür, wohin Sie die Schärfe legen, wenn bestimmte Elemente in Ihrem Bild scharf abgelichtet werden sollen. Als Faustregel gilt in der Landschaftsfotografie, dass man den Schärfepunkt mit dem Autofokus ins vordere Drittel des Bildes legen muss, wenn man eine von vorne bis hinten durchgehende Schärfe im Bild haben möchte.

So dehnt sich die Schärfentiefe aus

(Bild: Humbold)

Noch etwas zum Thema "Schärfe". Die beste Schärfe hat ein Objektiv, wenn man zwei bis drei ganze Blendenstufen von der Anfangsblende des Objektivs abblendet, also weiter schließt. Damit ist nicht die Schärfentiefe gemeint – bitte verwechseln Sie das nicht –, sondern die Schärfequalität des Objektivs. Wenn also Ihr Objektiv seine größte Blendenöffnung (kleinste Zahl) bei f/2.8 hat, liegt die beste Schärfequalität des Objektivs bei Blende f/5.6 oder f/8.0. Startet Ihr Objektiv bei f/5.6, dann hat es seine beste Schärfe bei Blende f/11 oder f/16. Um es nun noch etwas komplizierter machen, spielt bei der Qualität der Schärfe zusätzlich auch noch die Größe des Sensors eine Rolle. Im Zusammenspiel von Objektiv und Sensor entsteht die optimale Schärfe beim Voll- bezieungsweise Kleinbildformat meist zwieschen Blende f/8.0 und f/11; bei dem etwas kleineren APS-C-Format bereits zwischen f/5.6 und f/8.0.

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus "Grundlagen Tierfotografie", erschienen im humboldt-Verlag

(keh)