c't Fotografie für Einsteiger - Teil II: die Belichtungszeit

In Teil II unserer Grundlagenserie kümmern wir uns um die Belichtungszeit, was es bedeutet, ein Bild zu "verwackeln" und was Sie beachten sollten, wenn Sie frei aus der Hand, mit einem Bildstabilisator oder vom Stativ aus fotografieren.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Peter Uhl
  • Martina Walther-Uhl
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Im ersten Teil unserer Reihe c't Fotografie für Einsteiger haben wir den Begriff der Blende erklärt und was es mit der Schärfentiefe auf sich hat. In diesem etwas kürzeren zweiten Teil geht es um eine weitere wichtige Größe beim Fotografieren – die Belichtungszeit – im Englischen Shutter. Dies ist die Zeitspanne, in der nach dem Auslösen der Kameraverschluss geöffnet bleibt, in der also Licht auf den Sensor fällt. Die Belichtungszeit kann man selbst einstellen (TV bei Canon, S bei Nikon und bei M = manuell) oder durch die Kameraautomatik einstellen lassen.

Bei kurzen Belichtungszeiten (z. B. 1/500 s) können Sie meist gut aus der Hand fotografieren, bei längeren Belichtungszeiten (z. B. 1/10 s) brauchen Sie in der Regel schon ein Stativ, da Sie sonst das Bild "verwackeln" (siehe weiter unten bei "Frei aus der Hand fotografieren, Bildstabilisator und Stativ").

Kurze und lange Belichtungszeiten bildgestalterisch einsetzen: Schnelle Bewegungen "verwischen" bei längeren Belichtungszeiten, bei sehr kurzen Belichtungszeiten (unten) "frieren sie ein".

(Bild: Humbold)

Sicher hat jeder schon einmal gehört, dass man beispielsweise beim Fotografieren von Tieren in Bewegung eine kurze Belichtungszeit einstellen muss. Doch gerade wenn man noch nicht allzu viel Fotoerfahrung hat, raten wir dazu, die Belichtungszeit nicht mittels TV (time value) oder S (shutter) selbst einzustellen, sondern auch in diesem Fall die Blende über AV (aperture value) oder A (aperture) vorzugeben. Egal welche Blende Sie einstellen, die Kamera gibt Ihnen beim Programm der Blendenvorwahl immer die am kürzesten mögliche Zeit und nicht die Zeit, die Sie sich vielleicht wünschen.

Das heißt, wenn Sie die kleinste Blendenzahl einstellen (z. B. f/5.6), gibt Ihnen die Kamera automatisch die kürzest mögliche Zeit für die aktuell gewählte Kameraeinstellung und für diese Lichtsituation. So wird Ihr Bild auf jeden Fall richtig belichtet. Sie müssen nur abschätzen, ob Sie die Kamera noch frei halten können, ob Sie ein Stativ nehmen müssen oder ob die Zeit, die Ihnen die Kamera zur Verfügung stellt, noch zu lang ist (z.B. für ein Tier, das sich bewegt).

Für die Bildwirkung (siehe Bild oben) ist es wichtig zu wissen, dass kurze Belichtungszeiten Bewegungen erstarren lassen, also "einfrieren" und längere Belichtungszeiten die Bewegung verwischen lassen.

Vielleicht haben Sie schon einmal von der Grundregel gehört, wonach sich die noch frei aus der Hand haltbare Belichtungszeit aus der Formel 1/Brennweite ergibt. Wenn Sie also ein Objektiv mit einer Brennweite von 200 Millimetern besitzen, könnten Sie gemäß dieser Grundregel mit einer Zeit von 1/200 s noch frei aus der Hand fotografieren, ohne zu verwackeln. Bitte betrachten Sie die Werte, die sich aus der Regel ergeben, als Minimumwerte. Das heißt, die Zeiten sollten besser noch um einiges kürzer sein. Insbesondere wenn Sie schon den ganzen Tag aktiv waren und merken, dass Sie die Kamera nicht mehr so ruhig halten können.

Bei modernen sehr hoch auflösenden Kameras wie etwa der Canon EOS 5Ds (50 Megapixel) oder Sonys A7 R II (42 Megapixel) gilt die obige einfache Regel ebenfalls nur eingeschränkt. Bei solchen Kameras reichen noch kleinere Verwacklungen um feinste Bilddetails verwischen zu lassen. Will man die Leistung solcher Sensoren voll ausreizen muss man auch hier mit noch kürzeren Belichtungszeiten arbeiten. In obigem Beispiel mit dem 200-mm-Objektiv wählt man dann lieber Zeiten von 1/500 s und kürzer.

Zusätzlich zu einer kurzen Belichtungszeit kann man natürlich, sofern vorhanden, den Bildstabilisator am Objektiv (z. B. bei Nikon oder Canon) oder an der Kamera selbst (z. B. bei Sony) einschalten. Bei eingeschaltetem Bildstabilisator könnten Sie dann mit dem oben genannten 200-mm-Objektiv auch noch mindestens bei einer Zeit von 1/50 s verwacklungsfrei fotografieren. Der Bildstabi­lisator gleicht, vereinfacht ausgedrückt, Ihre Bewegungen aus und lässt das Bild im Sucher still erscheinen, obwohl man eigentlich leicht wackelt. Aber beachten Sie bitte, dass der Stabilisator nur Ihre Bewegungen mit der Kamera ab-
fangen kann, aber nicht die des sich bewegenden Motivs.

Wann ist der Einsatz eines Stativs sinnvoll? Hier Beispiele

(Bild: Humbold)

Genauso ist es auch beim Arbeiten mit dem Stativ. Das Stativ gleicht nur die Bewegung der Kamera aus, nicht die des Motivs. Wichtig ist auf jeden Fall, dass Sie immer Ihren Bildstabilisator ausschalten, wenn Sie vom Stativ aus fotografieren. Ansonsten kann es ebenfalls wieder zu Unschärfen kommen.

Der morgige Teil 3 unserer Serie beschäftigt sich mit dem ISO-Wert und dem Zusammenspiel von Blende, Belichtungszeit und ISO-Wert.

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus "Grundlagen Tierfotografie", erschienen im humboldt-Verlag

(keh)