re:publica: "Die einzige Antwort ist: Macht Facebook kleiner!"

Seite 2: Upload-Filter als Existenzgarantie für Google

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Eine der kritisierten Schritte ist die Verabschiedung der EU-Urheberrechtsreform, die Upload-Filter zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen einführen soll. Ein solcher Schritt sei ganz im Sinne der großen IT-Konzerne, da sie als einzige die Mittel hätten, die geforderten Filter umzusetzen. Ergebnis: "Alles, was wir von nun an posten wird von einem Algorithmus mit einer Datenbank abgeglichen", kritisierte Doctorow. Diese Maßnahme sei eine Bestandgarantie für die großen US-Konzerne.

Auch das US-Gesetz gegen den Menschenhandel habe das Gegenteil dessen bewirkt, was es eigentlich erreichen sollte. Nicht nur habe das Gesetz unter anderem dazu geführt, dass Tumblr einen Filter installieren musste, der alle sexuellen Inhalte ausfiltern sollte. Gleichzeitig seien auch die Menschen direkt geschädigt worden, die eigentlich geschützt werden sollten. Sexarbeiter hätten keine Möglichkeit mehr, im Internet Kunden zu suchen. Außerdem könnten sie sich nun nicht mehr gegenseitig unterstützen und warnen. "Die einzigen Profiteure von dem Gesetz sind die Zuhälter – denn die Sexarbeiter sind nun wieder auf der Straße", schloss Doctorow.

Die internationalen Gesetzesinitiativen zur Bekämpfung terroristischer Inhalte live auf Facebook nach dem Massaker von Christchurch habe einen ähnlichen Effekt. Mehr noch: Durch die Konzentration auf Facebook sei die Plattform sogar zu einem noch effektiveren Mittel für Terroristen und Diktatoren geworden.

Zum Beispiel habe die Regierung von Kambodscha Social-Media-Berater beauftragt, die die Plattform zur Kontrolle der Opposition einsetzen. Posteten Kritiker anonym Inhalte auf Facebook, lasse die Regierung Inhalte und Accounts löschen, da diese gegen Facebook Community-Regeln verstoßen. Posteten die Kritiker hingegen unter eigenem Namen, würden sie verhaftet. Zudem setzten Autokraten Trolle ein, die die Diskussionsräume der Opposition gezielt angriffen, sodass diese zu Antworten genötigt werden, die wiederum gegen Facebooks Community-Regeln verstoßen.

Angesichts solcher Zustände gebe es eine Lösung: "Die einzige Antwort ist: Macht Facebook kleiner". Wenn es nicht mehr nur eine Plattform gebe, auf der sich die Mehrheit der Bürger austausche, könne man den Teufelskreis der Zensur durchbrechen. Dass Facebook nicht in der Lage sei, seine mehr als zwei Milliarden Mitglieder zu verwalten liege schließlich nicht an Facebooks Dummheit – niemand könne eine solche Machtkonzentration überblicken. Die Lösung sei also eine Zerschlagung von Facebook und anderen Konzernen.

Gleichzeitig appellierte Doctorow, nicht aufzugeben. "Wenn wir das Internet verlieren, geht auch alles andere verloren", betonte der Aktivist. Nur in einem pluralistischen Netz stecke die Kraft Veränderungen herbeizuführen, um eine Zukunft zu schaffen, in der die Technik ganz im Sinne ihrer Nutzer agiere. (olb)