Bundesverwaltungsgericht prüft ePetitionen des Bundestag

Seit 2008 bietet der Bundestag an, Petitionen zur Veröffentlichung einzureichen. Die Frage, ob und nach welchen Kriterien dann eine Ablehnung der Veröffentlichung zulässig sein kann, soll nun das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.

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Richterhammer

(Bild: dpa, Friso Gentsch/Symbolbild)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Tim Gerber

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt am Mittwoch über zwei Klagen, die sich gegen die Bundestagsverwaltung richten. Die Kläger der beiden Ausgangsverfahren hatten sich in den Jahren 2011 und 2012 jeweils mit öffentlichen Petitionen an den Deutschen Bundestag gewandt. Der zur Bundestagsverwaltung gehörende Ausschussdienst hatte die Veröffentlichung der Petitionen abgelehnt. Dabei hat er sich auf eine zugehörige Richtlinie des Petitionsausschusses berufen, wonach die Veröffentlichung eingereichter Petitionen aufgrund vielfältiger Gründe unterbleiben kann; beispielsweise wenn das Anliegen nach Einschätzung des Ausschussdienstes keine Aussicht auf Erfolg haben kann.

Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht Berlin wollten den mit den Klagen aufgeworfenen Rechtsfragen über die Behandlung von Petitionen zunächst keinerlei Bedeutung beimessen. Sie wurden allesamt von Einzelrichtern abgewiesen, Rechtsmittel nicht zugelassen, Prozesskostenhilfe "mangels Erfolgsaussicht" verwehrt. Keine der Berliner Ausgangsentscheidung wurde von den jeweiligen Richtern zur Veröffentlichung in den juristischen Datenbanken vorgesehen.

Dieses Versagen der Berliner Justiz in Sachen ePetitionen hat das Bundesverfassungsgericht auf Beschwerde einer Klägerin mit harschen Worten gerügt. Die Berliner Entscheidung verfehlten die Anforderungen an die Rechtsschutzgarantie und das Gleichbehandlungsprinzip des Grundgesetzes "deutlich", schreiben die Karlsruher ihren Kollegen ins Stammbuch. Es habe sich ihnen "aufdrängen müssen", dass es sich "um ein ebenso schwieriges wie grundsätzliches Rechtsproblem handelt".

Nur widerwillig gewährten die Berliner Oberverwaltungsrichter den Klägern nunmehr Prozesskostenhilfe und ließen die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu. An eine Veröffentlichung der als zu oberflächlich kritisierten Entscheidungen denkt die Berliner Justiz bis heute nicht – Entscheidungsabschriften und zugehörige Dokumente gibt es aber als Downloads am Ende dieses Beitrags.

Die Leipziger Richter werden nunmehr zu entscheiden haben, ob die Praxis der Bundestagsverwaltung bei der (Nicht-Veröffentlichung von Petitionen mit dem Petitionsrecht in Artikel 17 des Grundgesetzes sowie mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar ist. Die mündliche Verhandlung ist für 11 Uhr angesetzt, mit der Verkündung des Urteils wird am frühen Nachmittag gerechnet. heise online wird vor Ort aus dem Gericht berichten.

VG Berlin Urteil vom 19.09.2011 - VG 2 K 45.11

VG Berlin Protokoll der Verhandlung vom 19.09.2011 - VG 2 K 45.11

Bundestagsverwaltung Klageerwiderung VG 2 K 45.11

Bundestagsverwaltung weitere Stellungnahme - VG 2 K 45.11

VG Berlin Urteil vom 17.10.2012 - VG 2 K 6.12

VG Berlin Urteil vom 9.12.2013 - VG 2 K 161.13

OVG Berlin-Brandenburg, Ablehnung der Prozesskostenhilfe, Beschluss vom 3.12.2012 -- OVG 3 N 210.12

OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.12.2015 - OVG 3 B 11.15

Bundesverfassungericht, Beschluss vom 17. Februar 2014 - 2 BvR 57/13

OVG Berlin-Brandeburg, Bewilligung von Prozesskostenhilfe, Beschluss vom 9.07.2014 - OVG 3 N 24.14

OVG Berlin, Urteil vom 16.12.2015 - OVG 3 B 9.14

Hinweis: Der Verfasser war Ende 2011 ebenfalls mit einer Klage wegen Nichtveröffentlichung einer Petition vor dem VG Berlin gescheitert (Az. VG 2 45.11).

(tig)