E-Mobilität: Ladesäulennetz soll verlässlicher und nutzerfreundlicher werden
Eigentlich wollte die große Koalition bis 2020 mindestens 100.000 neue Ladepunkte verfügbar machen, doch jetzt stapelt die Regierung deutlich tiefer.
Um der Reichweitenangst und dem derzeit schleppenden Verkauf von Elektroautos zu begegnen, trafen sich am Freitag Vertreter der Energiewirtschaft zu einem Spitzengespräch mit den Bundesministern für Wirtschaft sowie für Verkehr, Peter Altmaier (CDU) und Andreas Scheuer (CSU), in Berlin. Beide Seiten vereinbarten, die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge verlässlicher und nutzerfreundlicher zu machen.
50.000 öffentliche Ladepunkte in zwei Jahren geplant
Die Bundesregierung will laut einer Abschlusserklärung bei der Elektromobilität "auf eine intelligente Ladesteuerung" setzen, um Engpässe bei den Stromnetzen zu vermeiden. Netzbetreiber sollen demnach "möglichst frühzeitig alle Informationen erhalten können, die sie brauchen, um ihr Netz tatsächlich vorausschauend auszubauen". Zudem will die Exekutive die Möglichkeiten verbessern, "Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge intelligent zu steuern".
"In den nächsten zwei Jahren sollen insgesamt 50.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte errichtet werden", geben die zwei Minister als neue Losung aus. Die große Koalition hatte sich eigentlich das Ziel gesetzt, bis 2020 "mindestens 100.000" Anschlüsse zum Stromtanken zusätzlich verfügbar zu machen. Von dieser Marke ist sie aber weit entfernt und die zwei Ressorts distanzieren sich nun von der Marke. Mit einem "Masterplan" im Rahmen des Klimapakets will die Regierung generell dafür sorgen, dass "in Deutschland bis 2030 insgesamt eine Millionen Ladepunkte zur Verfügung stehen".
Authentifizierung und Bezahlsysteme europaweit regeln
Wichtig sei auch ein europaweites Laden von E-Autos, unterstreichen die beiden Ressortchefs. Dabei wolle man Wege finden, "um die Authentifizierung und die Bezahlsysteme" besser im Sinne der Verbraucher zu regeln. Zuvor hatte es Kritik gegeben, dass bei der Ladeinfrastruktur gerade in diesen Bereichen schon viel "kaputt" sei und es Sicherheitslücken gebe.
Die Energiewirtschaft werde 2020 einen Leitfaden für die Betreiber von Stromtankstellen herausgeben, heißt es weiter. Genehmigungsverfahren und Netzanschlussprozesse sollen beschleunigt werden. Die Netzbetreiber würden auch gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium und der Bundesnetzagentur bis zum März einen Vorschlag erarbeiten, wie die Netze "vorausschauend" ausgebaut werden können.
Scheuer: "Den Menschen die Angst vorm Liegenblieben nehmen"
Auch Anwendungshilfen für Verteilernetzbetreiber zur Netzintegration der Elektromobilität wolle die Energiewirtschaft erarbeiten, melden Altmaier und Scheuer. Außerdem sollen Ladeinfrastruktur-Investoren rund um Netzanschlusskosten besser beraten werden. "Gemeinsam mit der Energiewirtschaft wollen wir den Menschen die Angst vorm Liegenbleiben nehmen und Vertrauen in die Technologie aufbauen", erklärte Scheuer.
Niemand solle hierzulande noch sagen müssen: "Ich kaufe mir kein E-Auto, weil ich nicht weiß, wie und wo ich es laden soll", ergänzte Altmaier. "Ohne ausreichende Ladestationen und erneuerbaren Strom kann es keine nachhaltige Elektro-Mobilität geben."
Industrie: Ladeinfrastruktur darf kein Verlustgeschäft bleiben
Die Firmen beteiligten sich bereits "tatkräftig an der Umsetzung" des Masterplans, betonte Kerstin Andreae, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Schon heute könnten 13 Millionen E-Autos laden, obwohl nach wie vor hauptsächlich Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren auf den Straßen unterwegs seien. Allein seit letztem Dezember habe man die Anzahl der Ladepunkte um 50 Prozent auf rund 24.000 steigern können.
"Die Politik muss den richtigen Rahmen setzen", forderte Andreae. Dazu gehöre vor allem, "dass sie die Hürden für die Installation privater und öffentlicher Ladeinfrastruktur zügig beseitigt". Damit der Aufbau öffentlicher Ladesäulen angesichts der geringen Auslastung kein komplettes Verlustgeschäft bleibe, müsse der Ausbau bedarfsgerecht erfolgen und so ein wirtschaftlicher Betrieb zumindest perspektivisch möglich sein. (tiw)