Freie Unix-Derivate: Streit über FreeBSD-Verhaltenskodex

Der neue feministische Code of Conduct hat bei FreeBSD eine hitzige Diskussion vom Zaun gebrochen. Nutzer werfen dem Projekt politische Zensur vor.

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Streit um neuen Verhaltenskodex des FreeBSD-Projekts

(Bild: Francisco José de Goya y Lucientes: Escena de Inquisición)

Lesezeit: 3 Min.

Ein neuer Verhaltenskodex des freien Unix-Betriebssystems FreeBSD hat einen Streit um seine politischen Inhalte ausgelöst. Konkret geht es um den Mitte Februar erstmals in Kraft getretenen Code of Conduct (CoC), der festlegt, welche Äußerungen, welches Benehmen und welche Diskussionen für das Projekt nicht akzeptabel sind – egal wo und online wie offline. Ferner gibt der CoC Anweisungen, wie betroffene Nutzer das Fehlverhalten anderer Anwender melden können und wann es zu einem Ausschluss führt.

Inhaltlich konzentriert sich der CoC auf persönliche, nicht technische Auseinandersetzungen. So sind Diskussionen darum, ob FreeBSD künftig als proprietäres Freemium-Betriebssystem erscheinen soll, weiterhin erlaubt. Verboten sind hingegen Debatten, deren Wortgefechte die "systematische Unterdrückung aufgrund der Gender-Identität und des Ausdrucks eben jener, der sexuellen Orientierung, Behinderung, geistigen Einschränkungen und von Persönlichkeitsstörungen, einer Neurodiversität, des Körpergewichts und -größe, des Alters, der Rasse oder Religion" verstärken.

Ferner sind Kommentare über die Lebensführung untersagt, darunter solche, die die "Ernährung, Gesundheit, Erziehung, Drogen und Medikamente oder Beschäftigung" betreffen. Dasselbe gilt für absichtliches "Misgendering" und Verwenden "toter Namen", also dürfen Nutzer bei Transgender-Personen nicht den ursprünglichen Namen und das zugehörige Geschlecht verwenden. Auch – digitale – Zuneigungen wie eine *Umarmung* im Chat sind ohne vorige Zustimmung untersagt. Viele weitere Vorschriften kommen hinzu, die Interessierte bei FreeBSD nachvollziehen können.

Inhaltlich orientiert sich der CoC an einer Vorlage des "Geek Feminism Wiki", wie das Projekt selbst betont. Schnell entspann sich eine Diskussion um den Verhaltenskodex bei Reddit, jedoch schlossen die Moderatoren den Thread mit über 600 Kommentaren nach einigen Tagen. Kurz darauf beschwerten sich Nutzer über einsetzende Zensur und begannen, über ihre Spenden für FreeBSD genauer nachzudenken. Einen satirischen Fork namens FreeHugsBSD nahm das Projekt nicht mit Humor. Im Forum auf freebsd.org finden sich keine Diskussionen, ebenfalls lässt sich nicht überprüfen, welche Reddit-Diskutanten wirklich FreeBSD-Nutzer sind.

Dennoch finden sich bei Reddit abseits der politischen Diskussion wichtige Hinweise: So sei der CoC über 480 Wörter lang, die BSD License 2.0 hingegen 218 Wörter. Eine kurze Überprüfung ergab 504 Wörter für den Verhaltenskodex selbst, 1300 Wörter inklusive Meldevorschriften und Glossar. Die aktuelle FreeBSD-Lizenz kommt im Gegensatz mit 223 Wörtern aus.

[Update 19.02.2018 13:45 Uhr:] Nach Hinweis eines Lesers gab es im FreeBSD-Forum tatsächlich einen Thread bezüglich des neuen Verhaltenskodex, allerdings im Off-Topic-Bereich. Nach einer Diskussion der teils altgedienten Nutzer um das Für und Wider des CoC beendeten die Moderatoren sie mit dem Hinweis, dass "sie genug von ihnen [den Nutzern, Anm. der Redaktion] gehört haben." Weiterhin solle das Forum wieder der technischen Diskussion dienen, Moderatoren und Administratoren würden intern diskutieren, wie sie weiter vorgehen wollen. (fo)