Merkel für viel schärferes EU-Klimaziel bis 2030

Deutschland und die Niederlande haben ehrgeizige Klimaziele, müssen nun aber mächtig Tempo machen. Auf EU-Ebene ziehen sie nun an einem Strang.

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Merkel für viel schärferes EU-Klimaziel bis 2030

(Bild: dpa)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Verena Schmitt-Roschmann
  • dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt eine drastische Verschärfung des EU-Klimaziels für 2030: Den Ausstoß der Treibhausgase in der Europäischen Union um 55 Prozent zu senken könne sie gut mittragen, sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag an der Seite des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte in Den Haag.

Für die EU ist das eine spektakuläre Ansage – denn beschlossen ist bisher nur eine Senkung um 40 Prozent. Einige östliche EU-Länder sind sehr skeptisch gegen neue Ziele und noch vor wenigen Monaten trat Merkel selbst auf die Bremse. Doch der Wind hat sich gedreht, nicht nur in Deutschland und nicht nur wegen der Bewegung Fridays for Future. Merkel versucht ein Comeback als Klimakanzlerin und sie sucht Partner in Europa – wie eben die Niederlande. Am Donnerstag kam sie deshalb mit mehreren Ministern zu Beratungen mit der niederländischen Regierung nach Den Haag.

Am 20. September soll das deutsche "Klimakabinett" Pflöcke einschlagen, um bis 2030 das eigene Ziel zu schaffen. 55 Prozent weniger Treibhausgase, das hat sich Deutschland auch als nationales Ziel vorgenommen. Doch das sei noch nicht "ausbuchstabiert", sagte Merkel.

Die Niederlande sind da schon einen Schritt weiter. Im Juni hatten sie einen nationalen Klimapakt vereinbart, um das eigene Minderungsziel von 49 Prozent bis 2030 zu erreichen. Geplant sind unter anderem eine gezielte Klimaabgabe der Industrie sowie ein Mindestpreis für CO2 bei der Stromerzeugung. Bis 2030 sollen alle Kohlekraftwerke abgeschaltet und alle neuen Autos emissionsfrei sein. Bis dahin sollen auch 70 Prozent des niederländischen Stroms aus erneuerbaren Quellen kommen.

Deutschland streitet noch über den richtigen Weg, wie sich der Ausstoß von Kohlendioxid teurer machen lässt und er damit gedrosselt werden kann, ohne die Bürger und die Unternehmen zu stark zu belasten. Im Klimakabinett gehe es nur millimeterweise voran, klagte Umweltministerin Svenja Schulze noch am Donnerstag in der Stuttgarter Zeitung.

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Rutte – der übrigens schon vor einem Jahr für das 55-Prozent-Ziel auf EU-Ebene warb – hat zwar Beschlüsse in der Tasche. Doch treiben auch ihn Sorgen bei der Umsetzung des ehrgeizigen Programms, unter anderem um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, wie er an Merkels Seite sagte. Die beiden Länder müssten an einem Strang ziehen und sehen, was voneinander zu lernen sei, betonte der Ministerpräsident. Das war das Ziel dieser gemeinsamen Klimaberatungen.

Und noch etwas eint die Nachbarn. Beide Länder sind von ihren ehrgeizigen Klimazielen noch ein gutes Stück entfernt. So hatten die Niederlande 2017 ein Minus von 13 Prozent verglichen mit dem Ausstoß von Treibhausgasen 1990 erreicht. Deutschland lag 2018 bei einer Minderung von rund 30 Prozent – hatte aber für 2020 bereits 40 Prozent versprochen. Nun soll im nächsten Jahrzehnt umso mehr Tempo beim Klimaschutz gemacht werden.

Grundsätzliche Einigkeit besteht, dass der CO2-Ausstoß auch beim Heizen und im Verkehr teurer werden soll. Das böte einen Anreiz, in neue Technik zu investieren, um das schädliche Klimagas zu vermeiden. In Deutschland umstritten ist aber, ob das Ziel am besten mit einer Steuer oder über die Ausweitung des Handels mit Verschmutzungsrechten erreichbar ist.

Für diesen erweiterten Emissionshandel hatte Merkel jüngst Sympathie gezeigt. Das System gibt es auf EU-Ebene schon für den Energiesektor und Teile der Industrie. Umweltministerin Schulze wirbt stattdessen dafür, Energiesteuern auf Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas zu erhöhen – umgangssprachlich CO2-Steuer genannt. Die Niederlande setzen auf einen Mix: Die für 2021 geplante Klimaabgabe für die Industrie soll den Emissionshandel ergänzen und den CO2-Preis zusätzlich in die Höhe treiben. (anw)