Precrime: BKA meldet erste Erfolge der Gefährderanalyse mit Radar-iTE
Von fast der Hälfte der etwa 720 in Deutschland als "Gefährder" eingestuften radikalen Islamisten geht womöglich kein hohes Terror-Risiko aus. Dies soll das BKA mit einer neuen Analysesoftware herausgefunden haben.
Das Bundeskriminalamt (BKA) hält das im Februar vorgestellte Precrime-Programm "Radar-iTE" für ein geeignetes Instrument, um besonders gefährliche Islamisten auszumachen. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR hat die Polizeibehörde gemeinsam mit Ermittlern der Länder damit seit rund einem Jahr 205 von geschätzt 720 "Gefährdern" bewertet. 96 militante Salafisten landeten demnach in der Kategorie "moderates Risiko", 27 in der Rubrik "auffälliges Risiko" und 82 wird ein "hohes Risiko" zugeschrieben.
Hochgerechnet könnte so von etwa der Hälfte der hierzulande registrierten potenziellen islamistischen Terroristen keine sonderlich große Gefahr ausgehen, heißt es in dem Bericht. Nach Informationen des Spiegel rechnen die Sicherheitsbehörden sogar damit, dass nach Abschluss der gesamten Analyse etwa drei Viertel der Gefährder in diese Kategorie "Gelb" fallen dürften. Andererseits sei der Anteil der ausgemachten hochgefährlichen Personen momentan aber ebenfalls groß.
73 Merkmale
Die Software für die "regelbasierte Analyse potentiell destruktiver Täter zur Einschätzung des akuten Risikos – islamistischer Terrorismus" hat das BKA zusammen mit der Arbeitsgruppe Forensische Psychologie der Universität Konstanz entwickelt. Das "Predictive-Policing-System" basiert auf Fragen zu 73 Merkmalen, die sich etwa auf die Sozialisation oder die Haltung zu Gewalt beziehen. Auch sogenannte Schutzfaktoren wie familiäre Bindungen, gute Integration oder ein sicherer Arbeitsplatz werden abgefragt. Radar-iTE soll den Sicherheitsbehörden helfen, ihre Überwachung auf besonders relevante Personen zu richten.
Aufbauend auf einer Analyse mit der Scoring-Software will das BKA individuelle Merkmale eines Falls noch stärker berücksichtigen und fachlich einordnen, um ein genaues Bild vor allem über die Problembereiche der einzelnen Personen zu erhalten. Dabei soll das zusätzliche, zweistufige Risiko-Analysesystem "Riskant" helfen und eine "individuelle Maßnahmenberatung für die festgestellten Hoch-Risiko-Personen" ausspucken. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte am Wochenende durchblicken lassen, dass Polizei und Geheimdienste hierzulande in diesem Jahr bisher drei Terroranschläge vereitelt hätten. (anw)