Terrorbekämpfung: EU-Parlament fordert bessere Entschlüsselungsmöglichkeiten
Die Abgeordneten wollen, dass Plattformbetreiber bei verschlüsselten Nachrichten mit Strafverfolgern kooperieren müssen und Kryptowährungen überwacht werden.
Unter dem Eindruck eines Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg hat das EU-Parlament am Mittwoch in seiner Plenarsitzung in der Stadt eine Resolution zum schärferen Kampf gegen den Terrorismus angenommen. Die EU-Kommission soll demnach ein Gesetz erwägen, mit dem auf dem Binnenmarkt tätige Kommunikationsplattformen "bei verschlüsselten Nachrichten zur Zusammenarbeit verpflichtet werden". Voraussetzung dafür soll eine richterliche Anordnung sein. Dabei betont das Parlament, dass die Sicherheit der Netze und Dienste der Kommunikationsanbieter nicht beeinträchtigt werden dürfe, indem beispielsweise "Hintertüren" geschaffen oder geöffnet werden.
Die Volksvertreter wollen damit auf die Klage von Sicherheitsbehörden reagieren, aufgrund zunehmender Verschlüsselung im Internet "blind und taub" zu werden. Geheimdienste fordern daher neue gesetzliche Möglichkeiten, um auf verschlüsselte Kommunikation im Klartext zugreifen zu können, oder verstärken angesichts des angeblichen "Going-Dark"-Problems ihre Hacking-Aktivitäten.
"Zwangsentschlüsselung für kleine Staaten schwierig"
Die Datenverschlüsselung leiste zwar einen erheblichen Beitrag zur Sicherheit der Informationstechnik. Sie werde aber auch von Terroristen genutzt, die ihre Kommunikationsdaten und gespeicherte Dateien schützen. Das sei "eine erhebliche Herausforderung für Strafverfolgungsbehörden sowie Sicherheits- und Nachrichtendienste". Dazu komme, "dass die Verschlüsselung von Daten besonders kritisch sei, wenn sogar die verantwortlichen Diensteanbieter "nicht gewillt" oder bei Ende-zu-Ende-Verschlüsselung "nicht in der Lage sind, die Kommunikation zu entschlüsseln".
Die belgische Ko-Berichterstatterin Helga Stevens von der rechtskonservativen EKR-Fraktion ergänzte, dass eine "Zwangsentschlüsselung" gerade für kleinere Mitgliedstaaten sehr schwierig sei. Dafür seien nämlich "viele technische und personelle Ressourcen" erforderlich. Sie sprach sich daher dafür aus, dass sich Europol so wie vom Ministerrat gefordert auf Entschlüsselung spezialisieren dürfen sollte. So könne das europäische Polizeiamt die EU-Länder unterstützen, damit Staatsanwälte und Polizei etwa auf Nachrichten auf WhatsApp und bei anderen Krypto-Messengern zugreifen könnten.
Kriminelle und Kryptowährungen
Die "Anonymität bestimmter Kryptowährungen" führt laut EU-Parlament dazu, dass diese "zunehmend für illegale Aktivitäten genutzt werden". So hätten "organisierte kriminelle Vereinigungen in den vergangenen Jahren zunehmend" Bitcoin & Co. verwendet, um Straftaten, Terrorismus und Geldwäsche durchzuführen. Daher solle die Kommission Finanzströme sowie Möglichkeiten zur Identifizierung der Nutzer von elektronischen Geldbörsen, virtuellen Währungen und Prepaid-Karten, von Crowdfunding-Plattformen und von Online- und mobilen Zahlungssystemen stärker überwachen lassen. Die EU-Länder sollen zudem informelle Finanztransferdienste strikter regulieren,
Weiter machen sich die Abgeordneten dafür stark, einen allgemeinen "Schwerpunkt auf virtuelle Währungen und Fintech" zu legen und dabei Optionen zu prüfen, Sanktionen auf den Missbrauch von Crowdfunding in sozialen Medien für terroristische Zwecke auszudehnen. Anbieter von Kryptotokens sollen Analyseinstrumente nutzen, "um mögliche kriminelle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Bestimmungsort und der Empfängeradresse zu bewerten". Sie müssten ferner sicherstellen, "dass sie die Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche uneingeschränkt anwenden", wenn Nutzer Kryptocoins in bare Münze umwandeln.
Schwere Bedenken
Informationen über terroristische Bedrohungen sollen in der EU rasch ausgetauscht und Europol dafür zu einer "echten Drehscheibe" ausgebaut werden. Im Rahmen der Migrationskontrolle spricht sich das EU-Parlament dafür aus, biometrische Daten zu verwenden und die Interoperabilität der dahinterstehenden IT zu gewährleisten. Betreiber sozialer Netzwerke wollen verpflichtet werden, terroristische Inhalte online schnell zu entfernen. Ein entsprechendes Gesetz zu Upload-Filtern ist auf EU-Ebene schon in der Mache.
In die Entschließung sind Erkenntnisse aus einem im Juli 2017 eingesetzten "Sonderausschuss Terrorismus" des Parlaments eingeflossen. Bürgerrechtsorganisationen wie European Digitals Rights (EDRi) hatten vorab schwere Bedenken gegen die Resolution vorgebracht, da damit die verfehlte Sicherheitspolitik der Kommission fortgeführt, Strafverfolgungsmaßnahmen auf Provider verlagert und Grundrechte ausgehebelt würden. (anw)