Wettlauf um neue Lithografie-Techniken verschärft sich

Auf einer Konferenz in Santa Clara buhlen die EUV- und EPL-Technologien zur Chipherstellung um die Gunst des Publikums.

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Von
  • Klaus Peeck

Der Wettlauf um die Entwicklung der nächsten Generation von Chip-Lithografie-Systemen geht in eine neue Runde: Auf der in Santa Clara stattfindenden SPIE Microlithography conference buhlten die Verfechter der EUV (extreme-ultraviolet lithography) und der EPL (e-beam projection lithography) um die Gunst des Publikums und berichteten von ersten Produktionserfolgen. Ein von Intel geleitetes Konsortium gab bekannt, in seiner EUV-Testanlage erfolgreich erste Linienstrukturen mit 100 nm Abstand generiert und damit die Tauglichkeit des EUV-Verfahrens für derart feine Strukturen belegt zu haben. Die um IBM/Nikon gescharten Verfechter der EPL-Technik stellten erste Testmuster erst für das 4. Quartal 2001 in Aussicht.

Die neuen Lithografie-Verfahren werden für die Produktion höher integrierter Mikrochips benötigt, deren Strukturdichte inzwischen an die Grenzen des mit fotolithografischen Verfahren Machbaren stößt. Derzeit werden die Strukturen auf Mikrochip-Wafern mit Hilfe von Licht erzeugt, das über Maskensysteme auf die lichtempfindlich beschichten Wafer geleitet wird. Wurden hier anfangs noch bestimmte Emissionslinien von Hochdruck-Quecksilberlampen verwendet, ging man im Zuge der geforderten Verfeinerung der Strukturen auf Kryptonfluorid-Laser über, um Strukturbreiten von 0,25 µ auf den Wafern zu ermöglichen. Mit der Umstellung auf 193-nm-Argonfluorid-Laser wurden schließlich 0,13 µ- und 0,1 µ-Chiptechnologien möglich, die heute teilweise bei hochintegrierten Grafikkarten zum Einsatz kommen.

Die Roadmap der Semiconductor Industries Association (SIA) sieht aber bis zum Jahre 2012 eine nochmalige Halbierung der Strukturgröße auf 0,05 µ, entsprechend 50 nm, vor, die Speicherchips mit einer Kapazität von 64 GBit und Prozessoren mit 3 Giga-Hz ermöglichen sollen. Derart kleine Strukturen sind mit der herkömmlichen fotolithografischen Technik nicht mehr herstellbar, weil bei den hierfür nötigen extrem kurzen Wellenlängen die Belichtungswerkzeuge mit Linsen-Projektionssystemen nicht mehr einsetzbar sind: Die Quarzlinsen absorbieren derart kurzwelliges Licht, anstatt es zu brechen.

Um in den Strukturbereich bis 50 nm vorzudringen, wurde in der Vergangenheit mit verschiedenen Alternativ-Verfahren experimentiert, die auf harten oder weichen Röntgenstrahlen oder auf Teilchenstrahlungen mit Elektronen oder Protonen basieren.

Obwohl die Verfahren mit harter Röntgenstrahlung mit ihrer Wellenlänge um 1 nm für den gewünschten Einsatzzweck faszinierten, ergaben sich in der Praxis erhebliche technische Umsetzungs-Schwierigkeiten: Da keine geeigneten Optiken zur Fokussierung von Röntgenstrahlung existieren, ist man auf hochpräzise Maskensysteme angewiesen, die auf Grund des Beschusses mit Röntgenstrahlen zudem erheblichen thermischen Einflüssen und damit möglichen Verzerrungen ausgesetzt sind, was die notwendige nanometer-genaue Ausrichtung der Masken bisher unmöglich werden ließ.

Ähnliche thermische Probleme bestehen bei den Techniken, die mit Protonen-Beschuss arbeiten. Obwohl diese Technik ebenfalls zu sehr kleinen generierbaren Strukturen führt und sich günstig im Hinblick auf die erzielbare Schärfentiefe zeigt, ist sie bis heute noch nicht über das Laborstadium hinausgekommen.

Die beiden derzeit aussichtsreichsten Verfahren sind die in Santa Clara offen konkurrierenden EUV- und EPL-Verfahren. EUV arbeitet mit so genannter "extremer Ultraviolettstrahlung", die im Bereich weicher Röntgenstrahlung angesiedelt ist. Weiche Röntgenstrahlung lässt sich noch mit hochpräzisen Spiegeloptiken fokussieren, wobei deren Effizienz derzeit noch problematisch ist: heutige Spiegelsysteme der hier benötigten Art erzielen einen Gesamt-Wirkungsgrad von nur 1-2 %, was zu einer extrem schwachen Lichtleistung und damit in der Serie zu langen Belichtungszeiten mit einem entsprechend niedrigen Produktions-Output an Wafern führen würde. Die mit dem EUV-Verfahren auf einmal belichtbare Fläche ist übrigens nicht sonderlich groß: Nach Angaben von Infineon sind zum Belichten der 925 DRAM-Schaltkreise eines 300 mm-Wafers immerhin 105 Einzelbelichtungen nötig.

Das konkurrierende EPL-Verfahren arbeitet mit Elektronenstrahlung, die prinzipbedingt Auflösungen zwischen 0,01 und 0,02 µ erzeugen kann, die auf Grund der beim Eintritt in das Material auftretenden Streuung aber um eine Größenordnung höher liegt. Das Problem der einfachen EPL-Verfahren liegt in ihrer Langsamkeit: Da die Chip-Strukturen gleichsam mit dem Elektronenstrahl "gemalt" werden müssen, ergeben sich Schreibzeiten im Stundenbereich, was für die Massenproduktion natürlich unbrauchbar ist.

Vor diesem Hintergrund entwickelte eine Forschungsgruppe um IBM ein System, das mit multiplen Linsen arbeitet und auf diese Weise eine Vielzahl von Strukturen gleichzeitig schreiben kann. Zudem ist das PREVAIL (Projection Reduction Exposure with Variable Axis Immersion Lenses) genannte Verfahren in der Lage, gewisse Grundmuster mit einem "Schuss" zu belichten, was sich insbesondere bei hochrepetitiven Strukturen (z. B. Speicherstrukturen) anbietet und den Durchsatz erheblich erhöht - ohne allerdings die Geschwindigkeit der lithografischen Verfahren annähernd zu erreichen.

Dies könnte schon eher bei dem von den Bell Labs der Firma Lucent entwickelten Elektronen-"Skalpell" der Fall sein: Das SCALPEL-Verfahren (Scattering with Angular Limitation in Projection Electron Beam Lithography) arbeitet mit größeren Elektronenstrahl-Durchmessern und beherrscht das Problem der Maskenerhitzung durch ein Streuungsverfahren. Die auf die Maske auftreffenden Elektronen werden also nicht nennenswert absorbiert, sondern aus der Bahn gestreut und von einer nachgeschalteten Blende aus dem Strahlengang entfernt. Auf diese Weise bleiben die thermischen Belastungen der Masken tolerabel, während die Erhitzung der Absorptions-Blende unschädlich ist.

Für die Maskenhersteller stellen die EPL-Verfahren allerdings noch Zukunftsmusik dar. Die japanische Toppan Printing Co. etwa, einer der weltweit führenden Maskenhersteller, stellte zwar Anfang dieser Woche einen Prototypen einer 0,05 µ-Maske auf Silikonbasis vor, die sich in der Theorie auch für EPL-Verfahren eigne, es sei aber frühestens 2005 mit der Marktreife zu rechnen. (klp)