Leckeres aus dem 3D-Drucker

Seite 2: Auf dem Pfad

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Vektorgrafiken trennen strikt zwischen Formen und ihrer Darstellung. Die Formen werden durch sogenannte Pfade definiert. Pfade können gerade oder gebogene Linien sein, aus mehreren verketteten Teilstücken bestehen und geschlossen sein, wie ein Kreis oder ein Rechteck. Die Darstellung wird durch Eigenschaften bestimmt: Wie breit und in welcher Farbe die Kontur von Formen gezeichnet wird und ob die umschlossene Fläche mit einer Farbe gefüllt ist. Auch Transparenzen, Farbverläufe, Strichpunktmuster und Pfeilspitzen sind bei Vektorgrafiken allesamt lediglich Eigenschaften, die man Pfaden zuweist. Umgekehrt gilt: Ein Pfad ganz ohne Eigenschaften ist zwar da, aber nicht zu sehen.

Die zwei Gesichter der Vektorgrafik: Links der nackte Pfad, der hier durch die gestrichelte Linie visualisiert ist – eigentlich ist er gar nicht zu sehen. Rechts seine Darstellung unter Zuhilfenahme typischer Eigenschaften – Füllfarbe und Konturbreite.

Genau diesen Unterschied zwischen einem Pfad und seinen Eigenschaften habe ich beim Bau meiner Plätzchenformen genutzt. Eine Plätzchenform besteht aus einem hohen, aber dünnen Ausstechrand, der zwischen einem halben und maximal einem Millimeter breit sein sollte. Die ideale Breite hängt vom eigenen 3D-Drucker ab, das muss man ausprobieren – der Ausstechrand sollte lediglich ein Plastikfädchen aus der Düse breit sein. Um diesen dünnen Rand zu stabilisieren, setzt man am oberen Ende der Form noch eine breitere Verstärkung an.

In Vektorgrafik gesprochen: Die geometrische Grundlage für den Ausstechrand und die Verstärkung bildet zwar beide Male derselbe Pfad – der der Form des späteren Plätzchens folgt –, man weist ihm aber zwei unterschiedlich dicke Konturen zu. Da bei Inkscape der Pfad in der Mitte der Konturen liegt, ragt der Verstärkungsrand allerdings genauso weit ins Innere der Form wie nach draußen. Dagegen hilft, das Innere der Form nochmals mit dem nackten Pfad freizustanzen.

Förmchenbau in drei Schritten: Zuerst kombiniert man den schwarzen Ausstechrand und die blaue Verstärkung (links), anschließend stanzt man die eigentliche Form des Plätzchens (Mitte, grün-transparent) noch mal aus und kommt so zum fertigen Ausstecher (rechts).
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Inkscape und Tinkercad

Beide in dieser Anleitung benutzten Werkzeuge kosten nichts. Während es sich aber bei Inkscape um ein waschechtes Open-Source-Projekt handelt, dessen Quellcode öffentlich ist, handelt es sich bei Tinkercad um das Produkt eines kommerziellen Anbieters, für das man gratis ein Benutzerkonto anlegen kann.

Tinkercad läuft in jedem WebGL-fähigen Browser. Das ehemalige Start-up wurde vom CAD-Konzern Autodesk übernommen, weshalb inzwischen eine Gratis-Autodesk-ID notwendig ist, um sich bei Tinkercad anzumelden. Seine fertigen 3D-Modelle kann man aus der Cloud auf den eigenen Rechner herunterladen und von dort an den 3D-Drucker schicken. Wie man mit Tinkercad ein Gehäuse für einen RaspberryPi samt Touchscreen baut, steht in der vorangegangenen Ausgabe von c’t Hacks – der Artikel zeigt noch ein paar weitere Kniffe für den Umgang mit dem 3D-Webdienst.

Inkscape ist eine klassische Software für den eigenen Rechner. Das Programm läuft unter Windows, Mac OS X und Linux. Wer noch nie mit Inkscape gearbeitet hat, findet im Menü unter Hilfe/Einführungen acht interaktive Tutorials – SVG-Dateien, an deren Beispielbildern man die beschriebenen Funktionen direkt ausprobieren kann.