Data Storytelling: Datenerkenntnisse sichtbar machen

Seite 3: Visuelle Elemente: Der narrative Fluss

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Visualisierung im Data Storytelling verbindet textuelle Elemente und Daten zu einem narrativen Fluss. Dabei helfen Fokus und visuelle Hierarchien, ein einprägsames Bild zu schaffen. Durch gezieltes Setzen des Fokus in der Story lässt sich die Aufmerksamkeit des Empfängers lenken – beispielsweise durch Hervorhebung der zentralen Botschaft.

Abbildung 8 stellt zwei unterschiedliche Darstellungsarten der Daten zur Internetnutzung in den letzten 17 Jahren gegenüber. Während links ein klassisches Liniendiagramm lediglich die Standardeinstellungen verwendet, ist auf der rechten Seite die Kernaussage herausgearbeitet. Die Aufmerksamkeit des Betrachters richtet sich auf den zuletzt stark geschrumpften Abstand zwischen Frauen und Männern.

Vergleich zwischen Datenvisualisierung mit und ohne Fokus (Abb. 8)

Fokus lässt sich darüber hinaus durch Unterschiede und Kontraste in der Darstellung der Objekte erzeugen. Das Gehirn nimmt diese Eigenschaften unbewusst wahr, bevor die eigentliche Analyse der Informationen stattfindet – im Fachjargon ist dabei von präattentiver Wahrnehmung die Rede [4]. Diese Eigenschaft lässt sich nutzen, um die wichtigsten Informationen auf den ersten Blick erkennbar und einprägsam darzustellen. In der Visualisierung vertraut man dazu auf bestimmte Attribute wie Farbe, Helligkeit, Bewegung sowie räumliche Positionierung oder Gruppierung.

Beispiele von präattentiven visuellen Attributen der Wahrnehmung, adaptiert nach Stephen Few (Abb. 9)

(Bild: Stephen Few [3])

Die hierarchische Gliederung der visuellen Informationen unterstützt die präattentive Wahrnehmung. Das Wichtigste rückt in den Mittelpunkt und wird schneller erfasst. Eine visuelle Hierarchie definiert, welche visuellen Objekte die Aufmerksamkeit des Empfängers zuerst auf sich ziehen [4]. Ein Paradebeispiel ist die Darstellung unterschiedlicher Teile eines Textes mittels verschiedener Schriftgrößen: Überschriften sind groß, wichtige Stellen fett formatiert.

Weist das Informationsdesign keine visuelle Hervorhebung auf, so folgt das Auge des Benutzers einem vorhersehbaren Lesepfad, beispielsweise von links nach rechts. Die folgenden grundlegenden visuellen Merkmale lassen sich gezielt nutzen, um die Wahrnehmung der Informationen zu steuern [5]:

  • Position: Je weiter oben, desto wichtiger und je weiter links, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass das Wort gelesen und wahrgenommen wird. Schlüsselinformationen sollten aus der Leserichtung ausbrechen und am besten auf der linken Seite stehen.
  • Größe: Größere Elemente ziehen mehr Aufmerksamkeit auf sich.
  • Farbe: Helle Farben ziehen mehr Aufmerksamkeit auf sich als dunklere oder gedämpfte.
  • Kontrast: Dramatisch kontrastierende Farben fallen leichter ins Auge.
  • Ausrichtung: Ein Element, das sich von der Ausrichtung der anderen abhebt, erregt mehr Aufmerksamkeit.
  • Wiederholung: Wiederholte Stile erwecken den Eindruck des Zusammenhanges der Inhalte.
  • Nähe: Eng beieinander platzierte Elemente erwecken den Eindruck des Zusammenhangs.
  • Weißraum: Freier Platz hebt das Element in dessen Mitte hervor.

Die Visualisierung setzt die Waldbrandsituation in Portugal in Bezug zur Bevölkerungsdichte. (Abb. 10)

(Bild: Sandra Nieves)

Abbildung 10 zeigt ein Beispiel für den Einsatz von visuellen Hierarchien. Die Visualisierung verknüpft unterschiedliche Datensätze, um daraus Aufschluss über einen möglichen Zusammenhang zwischen Waldbränden und Bevölkerungsdichte zu gewinnen. Eine Verbindung ist auf den ersten Blick ersichtlich. Die rot eingefärbten Gebiete der Waldbrände ziehen durch die Farbe, ihre Intensität und die Größe der Flächen sofort die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Als nächstes springt der Blick auf die blauen Punkte der dicht besiedelten Regionen.

Anschließend bewegen sich die Augen des Betrachters zwischen den beiden Visualisierungen hin und her, um die Zusammenhänge zu analysieren. Schließlich folgt ein Blick auf die Überschrift, die Legende und die anderen Details. Die Karte dient damit als Ausgangspunkt für weitere Nachforschungen und regt neue Fragen bei den Betrachtern an.

Jede Data Story basiert auf Daten. Noch bevor es an die Analyse und die Präsentation der Ergebnisse geht, sind die zugrundeliegenden Daten genauer zu betrachten. Denn oft beginnen hier bereits die Probleme: Die Rohdaten sind inhomogen. Sie liegen in unterschiedlichen Strukturen vor oder haben keinen einheitlichen Informationsgehalt.

In vielen Fällen sind auch die Herkunft und Validität unsicher oder ein Datensatz ist unvollständig. Einige Informationen lassen sich ohne Einschränkung direkt für Analysen und Data Storys verwenden. Doch enthalten die Ergebnisse Interpretationen, die für die Zielgruppe der Geschichte nicht selbstverständlich sind.

Basiert die präsentierte Entscheidungsgrundlage auf einem geringeren Datenbestand als erforderlich? Hat man bei der Interpretation der Daten auf eine bestimmte Hypothese hingearbeitet? In solchen Fällen ist es ratsam, dies gleich am Anfang der Geschichte klarzustellen, um eine Fehlinterpretation auf Seiten der Zuhörer zu vermeiden.

Schlechte Datenqualität kann die Glaubwürdigkeit der Data Story enorm beeinträchtigen, beispielsweise bei zu vielen Lücken in einer Zeitreihe – egal ob visualisiert oder interpoliert. Ein weiteres Beispiel aus dem Umfeld des Internet der Dinge (IoT) ist die Interpretation von Nullwerten: Handelt es sich um einen tatsächlich gemessenen Wert, liegt ein Übermittlungsfehler vor oder ist der Sensor inaktiv? Ohne eine genaue Spezifikation und Validierung sind solche Daten für eine aussagekräftige Story ungeeignet.