NEW Energy behindert Routerwechsel am Glasfaseranschluss
Internetkunden dĂĽrfen an ihrem Internetanschluss ihren eigenen Router nutzen. Der Provider muss diesen freischalten. Bei NEW Energy ist das ein Problem.
- Tim Gerber
Dies ist ein Beitrag aus unserer Magazin-Rubrik Vorsicht, Kunde!, der erstmals am 11.7.2024 in c't 16/2024 erschienen ist.
Bereits seit dem Jahr 2015 existiert im Haus von Christoph L. ein Glasfaseranschluss. Seit etlichen Jahren hat er einen Vertrag mit der Niederrhein Energie und Wasser GmbH, kurz: NEW Energy, die ihn über die Glasfaserleitung mit Internet versorgt. Dazu hängt an dem technisch veralteten Anschluss ein Modem, das der Provider zur Verfügung stellt. Von dort geht es zu einem Router des Providers weiter.
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Ende des vergangenen Jahres entschloss sich Christoph L., die Netzinstallation in seinem Haus zu modernisieren und im Zuge dessen mit einer Fritzbox 5590 einen modernen Router zu verwenden, der direkt an die Glasfaserleitung angeschlossen wird. Am 27. Dezember 2023 rief Christoph L. bei der Kundenhotline von NEW an und versuchte, die Umstellung mit dem Provider zu klären. Die sauberste Lösung wäre nach seiner Auffassung gewesen, in seinem Haus einen den heutigen Standards entsprechenden Hausübergabepunkt zu installieren. Rein technisch war es mit einem entsprechenden Adapter aber auch möglich, seine Fritzbox direkt mit der Glasfaser zu verbinden. Sie erhielt auch Kontakt zur Gegenstelle, bekam von dort aber keine IP-Adresse zugewiesen, da sie nicht im System des Netzbetreibers freigeschaltet war. Dies konnte nur sein Provider veranlassen.
Der schickte Christoph L. zunächst am 4. Januar per E-Mail eine Anleitung, wie er den Router für die Internetverbindung einrichten solle. Das hatte der technisch versierte Kunde bereits erledigt. Ein Telefonat am 12. Januar brachte ihn nicht weiter. Man habe die Sache an die Teamleitung weitergegeben, hieß es in einer Mail von diesem Tage. Am 17. Januar folgte eine weitere nutzlose E-Mail zur Einrichtung der Fritzbox.
Umbau erwĂĽnscht
Am 19. Januar schrieb er via Kontaktformular erneut an den Provider und schilderte den Vorgang mit dem Hinweis, dass seine Fritzbox freigeschaltet werden müsse. Alle seine in der Zwischenzeit regelmäßigen Telefonate mit der Service-Hotline seien ergebnislos, man habe ihm falsche Anleitungen geschickt und die eröffneten Servicetickets stets wieder geschlossen, ohne jedoch das Problem behoben zu haben.
Am 20. Januar teilte der Service per E-Mail mit, dass für die gewünschte Umstellung ein Umbau seines Anschlusses notwendig sei, der für ihn kostenfrei erfolgen solle. Er solle Bescheid geben, ob er das wünsche. Ein Techniker würde sich dann direkt mit ihm in Verbindung setzen. Der Kunde antwortete in weniger als einer Stunde und bat um rasche Ausführung, da er nun schon einen Monat auf die Umstellung warte. Er gab zwei Mobilfunknummern an, unter denen sich der Techniker jederzeit melden könne.
Immer wieder bekommen wir E-Mails, in denen sich Leser über schlechten Service, ungerechte Garantiebedingungen und überzogene Reparaturpreise beklagen. Ein gewisser Teil dieser Beschwerden ist offenbar unberechtigt, weil die Kunden etwas überzogene Vorstellungen haben. Vieles entpuppt sich bei genauerer Analyse auch als alltägliches Verhalten von allzu scharf kalkulierenden Firmen in der IT-Branche.
Manchmal erreichen uns aber auch Schilderungen von geradezu haarsträubenden Fällen, die deutlich machen, wie einige Firmen mit ihren Kunden umspringen. In unserer Rubrik „Vorsicht, Kunde!“ berichten wir über solche Entgleisungen, Ungerechtigkeiten und dubiose Geschäftspraktiken. Damit erfahren Sie als Kunde schon vor dem Kauf, was Sie bei dem jeweiligen Unter nehmen erwarten oder manchmal sogar befürchten müssen. Und womöglich veranlassen unsere Berichte ja auch den einen oder anderen Anbieter, sich zukünftig etwas kundenfreundlicher und kulanter zu verhalten.
Falls Sie uns eine solche böse Erfahrung mitteilen wollen, senden Sie bitte eine chronologisch sortierte knappe Beschreibung Ihrer Erfahrungen an: vorsichtkunde@ct.de.
Es passierte allerdings nichts. Am 29. Februar kam dann eine überraschende Mail: Die Störung seines Anschlusses sei nun behoben. Er solle nun einen Neustart des Routers durchführen. Das brachte aber erwartungsgemäß auch nichts. Schließlich war der Glasfaseranschluss technisch nicht gestört. Es fehlte lediglich die Freischaltung des Kunden-Routers in der Datenbank des Netzbetreibers. Und an diesen Zustand hatte sich nach nunmehr zwei Monaten immer noch nichts geändert.
Immer wieder telefonierte Christoph L. mit der Hotline. Etwa 40 Telefonate will er in der Sache geführt haben, mit einer Dauer von insgesamt um die sechseinhalb Stunden. Gebracht hat das alles nichts. Am 29. März kam eine E-Mail, dass man an der Beseitigung der Störung arbeite. Man befinde sich noch "in der technischen Analyse", hieß es, weitere Maßnahmen werde man umgehend benennen.
Hoffnungslos
Nun lieĂź Christoph L. jede Hoffnung fallen, dass dieser Provider den simplen Datenbankeintrag jemals bewerkstelligen wĂĽrde. Da er sein Recht auf einen eigenen Router dadurch verletzt sah, wandte er sich am 2. April mit einer entsprechenden Beschwerde an die Bundesnetzagentur, die dort unter der Vorgangsnummer 2024-04-02-0241 bearbeitet wurde.
Nun kam immerhin etwas Bewegung in die Sache: Am 23. April meldete sich telefonisch eine Mitarbeiterin des Complaint Managements von NEW Energy bei ihm. Sie werde jetzt den Sachverhalt detailliert prüfen und den Vorgang bis zur endgültigen Klärung begleiten, bestätigte sie im Anschluss an das Telefonat per E-Mail. Sobald sie neue Erkenntnisse gewonnen habe, werde sie sich mit dem Kunden in Verbindung setzen, versprach sie.
Etwa zwei Stunden später teilte die Complaint-Managerin dem Kunden mit, sich soeben mit einem Techniker unterhalten zu haben. Er möge ihr doch ein paar Fotos des Glasfasermodems beziehungsweise Hausübergabepunkts senden. Man gehe davon aus, dass das Glasfasermodem nicht über das entsprechende Kabel verfüge, welches direkt an seiner AVM FritzBox 5590 betrieben werden könne. Noch am selben Abend sandte Christoph L. die gewünschten Fotos an die Managerin.
Doch er hörte nichts mehr von ihr. Am 2. Mai beschwerte er sich nochmals per Mail bei dem Provider. Die Managerin war abgetaucht und für ihn nicht mehr erreichbar. Am 17. Mai wandte sich Christoph L. an c’t und schilderte uns ausführlich den ganzen Vorgang.
Vom Blitz getroffen
Wir fragten am Morgen des 22. Mai in der Pressestelle des Unternehmens nach, warum man dem Kunden den Router nicht freischalten könne. Bereits am Nachmittag meldete sich Christoph L. in der Redaktion mit der freudigen Nachricht, dass sein Router nun endlich funktioniere und offenbar innerhalb von nur drei Stunden nach unserer Anfrage endlich freigeschaltet worden sei – was ihm selbst in sechs Monaten nicht gelungen war.
Zwei Tage später antwortete uns auch das Unternehmen, bestätigte den Sachverhalt und teilte mit, dass der Glasfaseranschluss entstört wurde. Nach einer "technischen und systemischen Bereinigung" sei der Glasfaseranschluss wieder nutzbar. Zu den Gründen, warum dies nicht vorher erfolgen konnte, äußerte sich das Unternehmen nicht, Stattdessen wies es uns darauf hin, dass nach seiner Leistungsbeschreibung die Nutzung anderer Geräte als das bereitgestellte Modem unzulässig sei. Der Umbau auf das Glasfasermodem Fiber Twist sei veranlasst. Danach stehe einer Nutzung direkt an der Glasfaser mit dem gewünschten Routermodell nichts mehr im Wege.
Der Vorgang zeigt eindeutig, wie recht der Kunde mit seiner Einschätzung hatte und wie einfach es für den Provider gewesen wäre, die vermeintliche Störung zu beseitigen. Ein extrem peinlicher Vorgang und für den betroffenen Kunden ausgesprochen ärgerlich, da er dem offenkundig unwilligen oder unfähigen Provider völlig überflüssigerweise so viel Zeit opfern musste. Den angekündigten Umbau des Anschlusses hat das Unternehmen bis heute nicht in Angriff genommen.
(tig)