Retro-Games auf den Mac bringen

Seite 2: Heimcomputer: Apple II, Sinclair Spectrum und Atari 400/800

Inhaltsverzeichnis

Apple II, C64, Sinclair Spectrum: Zu Anfang der achtziger Jahre begann der Heimcomputer-Markt zu boomen. Geradezu unglaublich schienen die Möglichkeiten der immer günstiger werdenden Rechenmaschinen.

Apple II

Diese Spiele sollten Sie ausprobieren:

  • Mystery House: Das erste farbige Grafikadventure! Dafür war der Apple II mit seiner Hi-Res-Grafik prädestiniert.
  • Choplifter: Menschen retten und Panzern Zunder geben. Die Jets sind wirklich schnell.
  • Karateka: Die butterweichen Animationen waren sensationell.
  • The Bard's Tale: Der faszinierende Dungeon Crawler, der zunächst nur auf dem Apple II lief.
  • The Oregon Trail: Leiten Sie Ihren Treck sicher durch den Wilden Westen.

Das waren noch Zeiten! Mehr als 15 Jahre lang hat Apple die II-Serie gebaut (1977 bis 1993) und nahezu jedes technische Detail der Computer akribisch dokumentiert.

So war es jedermann möglich, Erweiterungen für diesen 8-Bit-Computer herzustellen – denn erweitern ließen sich diese Rechner im Gegensatz zu ihren modernen Nachfahren dank ihrer acht Steckplätze ganz ausgezeichnet. Bis zum Apple IIe (1982) war übrigens nur ein einziger Mann für die Entwicklung zuständig: Steve Wozniak. Er ersann auch eine spezielle Ansteuerung für die Diskettenlaufwerke und erhöhte so deren Kapazität von damals 80 auf sagenhafte 140 Kilobyte. Die beiden Festplattenmodelle erreichten sogar Fabelwerte von 20 Megabyte. Für einen IIe waren 1983 allerdings sportliche 6000 Mark zu berappen.

Aufgrund der für die damalige Zeit sehr guten Grafik und dem Business-tauglichen Konzept mit Erweiterungskarten – es gab zum Beispiel eine Videokarte für die Darstellung von 80 Zeichen pro Zeile – fühlte sich der Apple II als Büroarbeiter ebenso wohl wie als Unterhaltungskünstler. Während in Europa eher der Commodore C64 und Sinclair Spectrum die Nase vorn hatten, entstanden vor allem in den USA zahlreiche Spiele zunächst für den Apple II.

Die Animationen im Karate-Spiel Karateka waren für die damalige Zeit überragend.

Es gibt sogar Experten, die den Apple II als wichtigste Spieleplattform der achtziger Jahre bezeichnen. Choplifter und The Bard's Tale zum Beispiel sind prominente Vertreter, die erst später für andere Plattformen konvertiert wurden. Als echte Killer-App im Business-Sektor erwies sich VisiCalc, die erste Tabellenkalkulation am Markt – natürlich entwickelt für den Apple II. Der 8-bittige Apple IIe hat kurioserweise seinen Nachfolger mit 16-Bit-Architektur deutlich überlebt: Während die Produktion des IIGS (1986 erschienen) bereits 1992 eingestellt wurde, lief der letzte IIe erst 1993 vom Band.

Man mag es für einen schlechten Witz halten, aber ausgerechnet auf dem Mac sind gute Apple-II-Emulatoren rar. Kostenlos gibt es beispielsweise Catakig, das allerdings seit 2006 nicht mehr gepflegt wird. Dennoch lief die App in unseren Tests unter macOS anstandslos, falls man einen kleinen Trick kennt.

Catakig erwartet nämlich die Apple-II-ROMs in einem gleichnamigen Unterverzeichnis. Dennoch findet der Emulator dort nichts. Die Lösung des Problems: Öffnen Sie per Rechtsklick das Paket der App ("Paketinhalt zeigen"), navigieren Sie in den Ordner MacOS und starten Sie hier die Datei Catakig. Sie können auch ein Alias anlegen und in den Hauptordner verschieben, das erleichtert kommende Neustarts. Nun findet das Programm die ROMs im designierten Ordner. Catakig hat allerdings einen entscheidenden Nachteil: Die 32-Bit-Applikation wird in künftigen Versionen von macOS nicht mehr funktionieren.

Oregon Trail: Überleben Sie mit Ihrer Reisegruppe die Strapazen einer Reise in den Wilden Westen.

Diese Sorgen müssen Anwender des hervorragenden Virtual ][ nicht teilen, denn der Emulator wurde bereits für 64-Bit-Systeme kompiliert.

Allerdings möchte der Entwickler einen kleinen Obolus von Ihnen: 40 Euro kostet die Volllizenz. Dafür dürfen Sie aber auch einen Drucker anschließen, einen Film von der emulierten Bildschirmausgabe aufzeichnen und Unix-Pipes zur I/O-Steuerung benutzen.

Wenn Sie auf solche Details verzichten können, befreien Sie Virtual ][ für 18 Euro von seinem lästigen Wasserzeichen in der Bildschirmausgabe. Außerdem legt der Emulator dann nicht mehr alle fünf Minuten eine Gedenkpause ein, so wie in der kostenlosen Version. Allerdings findet der Emulator, anders als in der Anleitung angegeben, keine ROMs in seinem Hauptverzeichnis. Sie müssen diese Dateien unter User/Library/Application Support/Virtual ][/ROMs ablegen.

Der Dungeon-Explorer The Bard's Tale erregte bei seinem Erscheinen viel Aufsehen und lief zunächst nur auf dem Apple II.


Beim Entpacken von Apple-II-Disketten kann es Ihnen passieren, dass das Archivierungsprogramm von macOS seine Arbeit mit einer kryptischen Fehlermeldung abbricht. Nutzen Sie in solchen Fällen einfach eine kostenlose Alternative wie beispielsweise Keka.

Download-Links:

Catakig

Virtual ][

Sinclair ZX Spectrum

Diese Spiele sollten Sie ausprobieren:

  • JetPac: Basteln Sie die Rakete zusammen und fliegen Sie nicht in die Aliens!
  • Knight Lore: Bei diesem isometrischen 3D-Spektakel wurde selbst die C64-Fraktion neidisch.
  • Skool Daze: Schlüpfen Sie in die Rolle des jungen Eric und stibitzen Sie Ihr Zeugnis aus dem Schultresor.
  • The Hobbit: Dieses Grafikadventure setzte Maßstäbe und wurde zunächst für den ZX Spectrum entwickelt.
  • Rainbow Islands: Ein sehr süßer und für den Spectrum knallbunter Plattformer.

Sir Clive Sinclair, der alte englische Sparfuchs, hatte Anfang der achtziger Jahre schon mit ZX80 und ZX81 bewiesen, dass erfolgreiche Heimcomputer kein Vermögen kosten müssen. Kein Wunder also, dass Sinclair im Jahr 1982 beim Spectrum seinem Kurs treu blieb. Statt Folientastatur gab es nun Gumminoppen, die viele Anwender an Radiergummis erinnerten. Richtig toll ließ es sich auch damit nicht tippen, dafür konnte man aber Basic-Befehle sehr schnell über Kurzbefehle eingeben, die auf der Tastatur aufgedruckt waren. Viele Spectrum-Besitzer nutzten ihren Speccy außerdem als Spiel- und Spaßmaschine. Wer ein paar Mark mehr ausgeben konnte, gönnte sich gleich den Spectrum mit 48 Kilobyte RAM für etwas über 500 DM. Mit 16 Kilobyte kostete der Winzling knapp unter 400 Mark.

Das Laden von Spielen war eine mühselige Angelegenheit, denn Software wurde fast ausschließlich auf langsamen Kompaktkassetten ausgeliefert. Mehrere Minuten Wartezeit pro Spiel mussten Spectrum-User kalkulieren. ZX Microdrives, das sind kleine, deutlich fixere Bandlaufwerke mit 85 Kilobyte Speicherkapazität, und das hierfür notwendige ZX Interface 1 gab es hingegen erst ein Jahr nach Erscheinen des Speccy für vergleichsweise viel Geld.

Das Action-Adventure Knight Lore begeistert durch isometrische Grafik.


Wenngleich der ZX Spectrum in Großbritannien ein Riesenerfolg war, schaffte er es in Deutschland nie, den C64 vom ersten Platz der Verkaufs-Charts zu verdrängen: Zu überlegen war der Commodore in den Disziplinen Grafik und Sound. Schließlich hatte Geizhals Sinclair seinem Gerät lediglich einen einzigen Spezialchip (ULA) gegönnt, der nur armselig vor sich hin piepen und dabei acht Farben in den Variationen Hell und Dunkel bei einer Auflösung von 256 × 192 Pixeln darstellen konnte.

Auf dem Mac erwecken Sie den Spectrum mit Fuse zum Leben. Dieser Emulator kann alle gängigen Spectrum-Versionen nachbilden, auch die etwas exotischeren Klone von Timex und Pentagon. Spätere Modelle wie den Spectrum 128K oder Spectrum +2 emuliert Fuse ebenfalls. Sie können sogar einige Module wie den Currah µSource (Forth, Assembler und Debugger) oder das Disk-Interface DISCiPLE per Software modellieren.

Bei der Plattform-Hüpferei Rainbow Islands zeigte der Spectrum seine Farben.


Nicht ganz so einfach gelingt das Einbinden von Joysticks und Gamepads. Das liegt weniger an Fuse, das derartige Eingabegeräte unterstützt. Vielmehr ist die Gemengelage auf dem Spectrum unübersichtlich. Die meisten Spiele erlauben die Steuerung per Tastatur, weit verbreitet war außerdem das Joystick-Interface von Kempston. Auch von Sinclair, Fuller und Protec gab es ähnliche, zueinander aber inkompatible Interfaces.

Welches Spiel welchen Joystick unterstützt, müssen Sie selbst herausfinden, falls die Software kein entsprechendes Menü bereit stellt. Fuse bietet aber für jeden Fall die passende Option.
Spectrum-Software wird Ihnen heute zumeist im TAP- oder TZX-Format begegnen. Beide Endungen kennzeichnen Tape-, also Kassettenformate. TZX-Dateien können die ursprüngliche Strukturbesonders originalgetreu bewahren, darunter auch spezielle Schnellladeroutinen. In Fuse spielt es allerdings keine große Rolle, ob Sie TZX- oder TAP-Dateien einsetzen.

In School Daze müssen Sie Ihr Zeugnis aus dem Tresor entwenden und dürfen auch ansonsten viel Unfug treiben.


Falls Sie eine Alternative zu Fuse ausprobieren möchten: ZXSP ist ebenfalls ein guter virtueller Spectrum, der auch den Sprachsynthesizer Currah µSpeech emuliert. Allerdings laden hier die Kassetten-Files in "Echtzeit", Sie müssen also Geduld mitbringen.

Download-Links:

Fuse

ZXSP

Atari 400/800

Diese Spiele sollten Sie ausprobieren:
  • Star Raiders: Mit diesem flotten Weltraum-Shooter fing alles an.
  • River Raid: Das Geballer am Flusslauf sah auf dem Atari einfach am besten aus.
  • Alley Cat: Die Atari-exklusive Mäuse-, Katzen- und Hundehatz.
  • Ballblazer: Futuristisches Ballspiel, das auf dem Atari besonders flüssig lief.
  • Bruce Lee: Mit dem Meister Lampen sammeln und sich nicht von Ninja oder Sumo vermöbeln lassen.

Kindgerecht sollte er werden, der Atari 400 und auch den rauen Schulalltag klaglos überstehen. Deshalb spendierten Ataris Ingenieure dem Atari 400 ein robustes, fast unkaputtbares Gehäuse und eine Folientastatur, die auch dann nicht den Geist aufgab, wenn Apfelsaft darüber floss. Und weil RAM-Bausteine plötzlich günstiger wurden, lieferte Atari den Atari 400 1979 sogar mit acht anstelle von vier Kilobyte Hauptspeicher aus. In Deutschland kostete das Gerät bei seiner Markteinführung im Jahr 1981 1495 DM. Wer 16 Kilobyte RAM und eine richtige Tastatur haben wollte, musste für den ähnlich konstruierten Atari 800 knapp 3000 Mark hinlegen.

Ballblazer sieht nach wenig aus, spielt sich aber gerade auf dem Atari recht rasant.

1982 erschien der Nachfolger 1200XL. Das glücklose Gerät musste indes nach drei Monaten wegen mangelnder Kompatibilität zu seinen Vorgängern vom Markt genommen werden.

Es folgten die Modelle 600XL und 800XL, wobei vor allem der Letztgenannte als direkte Konkurrenz zum Sinclair Spectrum und Commodore C64 gesehen wurde. Aus technischer Sicht zeigte sich der 800XL dem C64 sogar teils überlegen, die 6502-CPU war schneller getaktet, und der Atari konnte immerhin aus 256 Farben wählen. Viele Spiele sehen auf dem 800XL deutlich frischer aus. Klanglich war gegen den Brotkasten C64 allerdings kein Kraut gewachsen.

Leider sieht es bei den Emulatoren unter macOS nicht besonders rosig aus. Zwar gibt es den recht beliebten Atari800MacX, doch der wird bereits seit einigen Jahren nicht mehr gepflegt und stürzt zum Beispiel beim Aktivieren des Sounds ab. Eine Alternative ist die unter Java auch auf dem Mac lauffähige Version dieses Emulators. Die lässt sich aber nur per Tastatur bedienen und unterstützt weder Joysticks noch Gamepads. Außerdem arbeitet das Applet lediglich mit einer festen Auflösung und nicht im Fullscreen-Modus. So richtig viel Spaß macht das nicht.

Trotz schlichter Grafik taugt River Raid auch heute immer noch für ein Spielchen zwischendurch. Stand mal auf dem Index.


Wenn Sie ein wenig Abenteuergeist und Geduld mitbringen, können Sie den für Windows entwickelten Emulator Altirra auf dem Mac starten. Und das geht so: Zunächst installieren Sie die aktuelle Version von XQuartz, das ist die Weiterentwicklung von Apples Fenstersystem X11. Anschließend laden und installieren Sie WINE. WINE stellt eine Art "Übersetzungs-Layer" zwischen der Windows- und der POSIX-Welt bereit. Als vorerst letzten Schritt besorgen Sie sich Altirra und entpacken das Zip-File.

Auf dem Weg zum bösen Zauberer muss sich Bruce Lee im gleichnamigen Spiel immer wieder gegen diese beiden Halunken zur Wehr setzen.

Jetzt wird es spannend: Starten Sie WINE und wechseln Sie dann ins Terminal, das sich beim Start von WINE automatisch öffnet. Geben Sie dort folgende Zeile ein: wine ihrpfad/Altirra-3/altirra.exe. Beim Versuch, Altirra zu starten, beklagt WINE einige fehlende Bibliotheken. Gestatten Sie WINE, diese automatisch nachzuladen, und schon haben Sie es geschafft: Altirra läuft auf Ihrem Mac!

Wenn Sie Windows-Applikation per Parallels oder VMware Fusion einbinden, können Sie natürlich auch diese Lösungen anstelle von WINE ausprobieren.

Die Bedienung von Altirra sollte auch macOS-verwöhnten Anwendern leicht von der Hand gehen. Wie bei vielen Emulatoren benötigen Sie allerdings Images der Original-ROMs. Sie sollten folgende fünf Dateien zur Hand haben: ATARIOSA, ATARIOSB, ATARIBAS, ATARIXL sowie ATARI5200, alle mit der Dateiendung .ROM. Altirra bringt zwar alternative ROM-Versionen mit, diese bieten aber nicht die beste Kompatibilität. Ergänzen Sie die Original-ROMs über das Menü "System/Firmware" unter dem Punkt "Firmware Images".

Download-Links:

Altirra

XQuartz

WINE