Sprachloses Funknetz
Seite 5: RĂĽckgriff auf UMTS
Spurwechsel
Die einfachste Möglichkeit, Sprachdienste für LTE-Geräte anzubieten, hat Ähnlichkeiten mit dem SMS-Rückgriff der LTE-Mobiltelefone. Dabei setzt man ebenfalls die SGs-Schnittstelle ein, um das Mobilgerät an einem MSC anzumelden, während es Datendienste im LTE-Netz nutzt. Wenn in diesem Szenario ein Anruf eingeht, wird das Telefon zunächst via LTE informiert (Paging). Um den Anruf anzunehmen, muss sich das Telefon aus dem LTE-Netz ausbuchen und in ein GSM- oder UMTS-Netz einbuchen – weil es entsprechend dem Single-Radio-Konzept immer nur eine von mehreren Sendeempfangseinheiten zur Kommunikation benutzt. Die Sprachverbindung wird anschließend genau wie bei GSM/UMTS-Geräten über das MSC aufgebaut. Falls kein GSM/UMTS-Netz erreichbar ist, landet der eingehende Anruf auf der Voicebox, wenn diese aktiviert ist.
Ähnlich funktionieren ausgehende Anrufe: Das Telefon informiert zunächst die MME über den Gesprächswunsch, bevor es in das GSM- oder UMTS-Netz wechselt. Diese Vorgehensweise wird CS Fallback für Sprache genannt. Das Verfahren nutzt die komplette GSM/UMTS-Infrastruktur für Sprachdienste weiter – also zum Beispiel Elemente für die Gebührenerfassung und für Prepaid-Angebote.
Nachteile sind, dass man für den Wechsel der Funknetze einen verzögerten Gesprächsaufbau in Kauf nehmen muss und dass laufende Datendienste zumindest unterbrochen werden. Für letztere führt der Wechsel der Funknetze zu zwei unterschiedlichen Szenarien, je nachdem, ob das Handy in ein UMTS- oder ein GSM-Netz wechselt. Wenn es im UMTS landet, werden die Datendienste fortgesetzt, aber es gibt keine Gewähr für dieselbe Geschwindigkeit wie im LTE; man muss eher von einer geringeren Geschwindigkeit ausgehen. Wenn das Handy im GSM landet, muss man derzeit vom Abbruch der Datenverbindung ausgehen – meist ist es nämlich nicht möglich, im GSM die Datenverbindung parallel zur Sprachverbindung aufrechtzuerhalten. Zwar gibt es unter dem Namen Dual Transfer Mode (DTM) eine Erweiterung dafür, aber sie wurde bisher nur in sehr wenigen Netzwerken und Mobiltelefonen implementiert.
Unterm Strich bedeutet das für Nutzer, dass sie bei Telefonaten Unterbrechungen des Datendienstes riskieren. Je nach Anwendung kann dies sehr störend sein. Wenn wichtige Übertragungen vorhersehbar sind, kann man durch eingehende Anrufe verursachte Unterbrechungen immerhin über ein Provisorium verhindern: man leitet vorübergehend alle eingehenden Gespräche fest um, etwa auf die Mailbox – und führt keine ausgehenden Telefonate.
Die Next Generation Mobile Network Alliance (NGMN) empfiehlt diesen Rückgriff nur in Roaming-Situationen: Wenn man in einem fremden Netz gerade via LTE surft, und keine andere Möglichkeit zur Verfügung steht, soll das Mobiltelefon gegebenenfalls dem Sprachdienst den Vorzug geben. Dabei handelt es sich jedoch nur um ein Notfallszenario. Geräte, die den Rückgriff auf die GSM/UMTS-Technik beherrschen, dürften im Laufe des Jahres 2011 auf den Markt kommen.