Verkehrssteuerung im WLAN

Seite 4: Hybrid Coordination Function

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Um die Vorteile der Kanalzugriffsverfahren DCF und PCF zu vereinen, führt 802.11e die Hybrid Coordination Function ein. Abhängig davon, ob alle Stationen autonom um den Medienzugriff konkurrieren oder eine Zentralstation (HC, Hybrid Coordinator, meist der Access Point) vorhanden ist, die den Zugriff regelt, schaltet HCF in den Enhanced Distributed Channel Access (EDCA) oder HCF Controlled Channel Access (HCCA).

Priorisierung beim Medienzugriff geschieht bei WLAN mit unterschiedlich langen Wartezeiten. Dazu kommt ein zufälliger Backoff, den die Stationen selbst ausknobeln.

Als Weiterentwicklung der DCF ersetzt EDCA die DIFS-Frist durch AIFS (Arbitration Interframe Space). Ihre Dauer hängt von der Wichtigkeit des zu übertragenden Pakets ab: AIFS ist um eine bestimmte Anzahl von Slotzeiten länger als SIFS; bei wichtigeren Daten werden weniger Slots aufgeschlagen. Für 802.11a ergeben sich in der Video-Kategorie beispielsweise 34 µs, während ein Background-Frame mindestens 79 µs wartet. Im Diagramm schickt Station F ein Voice-Frame und hat dank ihres kürzeren AIFS Vorrang vor Station G (Background).

Während der IFS dazu dient, weniger wichtige Frames länger warten zu lassen, verringert der Backoff die Gefahr, dass sich Stationen mit gleicher Priorität ins Gehege kommen. Zu welcher Kategorie die Daten gehören, legen WLAN-Treiber und Anwendung auf der Station fest. Damit 11e und ältere Geräte im gleichen Funkkanal koexistieren, 11e-fähige Geräte Daten aber trotzdem priorisieren können, bedarf es eines Kniffs: Bisher hatten die Parameter CWmin und CWmax, aus denen sich die Backoff-Zeit errechnet, statische Grenzen. 802.11e setzt die oberen Grenzen nun dynamisch, abhängig von der Prioritätseinstufung. Wichtigere Daten kommen so mit höherer Wahrscheinlichkeit schnell durch. Dabei kennt 11e acht Stufen (User Priority, UP), wobei die niedrigste Stufe 0 die Kompatibilität zu älteren Clients sicherstellt.

Prioritäten im LAN und WLAN
802.1D-Priorität Abkürzung 802.11e Access Category 802.1D-Verkehrsklasse
1 BK AC_BK Background
2 AC_BK Spare
BE AC_BE Best Effort
3 EE AC_BE Excellent Effort
4 CL AC_VI Controlled Load
5 VI AC_VI Video, < 100 ms latency and jitter
6 VO AC_VO Voice, < 10 ms latency and jitter
7 NC AC_VO Network Control

Die Prioritäten 1 und 2 haben eine Sonderrolle, sie sind niedriger priorisiert als Stufe 0. Darin kann ein Client Informationen verpacken, die für den Netzbetrieb nicht essenziell sind, beispielsweise optionale Organisation. EDCA bricht die acht Benutzerprioritäten auf vier Zugriffsprioritäten (Background, Best Effort, Video, Voice) herunter.

Mit EDCA kann es immer wieder zu Kollisionen kommen. Die sind vertane Zeit, weil keine Daten fließen. Mit HCCA unterbleiben Kollisionen und der Medienzugriff wird effizienter, aber der zentrale HC kann nicht zaubern: Auch HCCA funktioniert nur so lange, wie keine Überlast eintritt, etwa weil zu viele Stationen hohe Priorität nutzen. Um das zu vermeiden, müssen die Stationen Verkehrsströme mit dem HC vereinbaren. Dazu teilen sie dem HC die nötige Datenrate, die maximal tolerierbare Nachrichtenverzögerung und Framegrößen mit. Lehnt der Access Point ab, kann die Station nur mittels EDCA senden.

Anders als bei EDCA konkurrieren die Stationen bei HCCA also nicht um das Senderecht, sondern der HC teilt es einer Station zu. Sowohl bei EDCA als auch HCCA darf eine Station nun nicht nur ein einziges Frame senden, sondern erhält eine Sendeberechtigung für eine bestimmte Zeit (TXOP, Transmission Opportunity). Das vermindert den Verwaltungsaufwand, weil Polling-Wiederholungen wegfallen. Ein wesentlicher Vorteil von HCCA gegenüber PCF ist, dass 802.11e die Implementierung vorschreibt. Will ein Hersteller standardkonforme Produkte anbieten, kommt er um HCCA nicht herum.

Bei HCCA erteilt der Access Point via Poll die Sendeberechtigung TXOP. Während dieser darf eine Station Übertragungen starten, die innerhalb der Frist inklusive Bestätigungen erledigt sein müssen.

Dank der aufwärtskompatiblen Methoden EDCA und HCCA gewinnen 11e-Clients häufiger bei priorisierten Daten auch in WLAN-Zellen, wo herkömmliche Stationen mitfunken. Die alten Geräte erscheinen für 11e-fähige Clients in der Best-Effort-Kategorie. Deshalb muss man beim Aufrüsten lediglich die Stationen mit 11e ertüchtigen, über die tatsächlich Daten mit Vorrang laufen werden. In einem Heim-WLAN könnte das beispielsweise nur den Access Point am Videoserver sowie den Client im Wohnzimmer betreffen. Bei modernen Basisstationen ist das mit einem simplen Firmware-Update erledigt – wenn der Hersteller sein Produkt pflegt. Die Adapter müssen für die Verwaltung der verschiedenen Warteschlangen mehr RAM verwenden; bei manchen Chipsätzen mag der vorhandene Speicher genügen, bei anderen nicht.