Zerstörerisch: HP schrottet Notebooks per UEFI-Update
Wenn die vom Hersteller angebotene Firmware fehlerhaft ist und das Gerät anschließend unbrauchbar, darf man erwarten, dass der verursachte Schaden behoben wird.
- Tim Gerber
Dies ist ein Beitrag aus unserer Magazin-Rubrik Vorsicht, Kunde!, der erstmals am 19.9.2024 in c't 21/2024 erschienen ist.
Christian S. dachte sich nichts dabei, als ihm eines schönen Tages Mitte Juli beim Herunterfahren des Notebooks seiner Frau ein Windows-Update angeboten wurde. Er wählte also wie üblich "Update und herunterfahren". Doch als er nach einer Weile wieder nach dem Rechner schaute, stellte sich heraus, dass über die Update-Funktion des Betriebssystems ein Update der HP-Firmware (UEFI) angestoßen worden war. Beim letzten Schritt blieb der Rechner hängen und bootete fortan in regelmäßigen Abständen selbstständig neu, ohne den Prozess vollständig abzuschließen.
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Teure Reparatur
Eine Recherche im Netz brachte rasch zutage, dass Hersteller Hewlett-Packard offenbar schon seit Wochen ein Update verteilte, welches Rechner vom Typ HP Probook 455 G7 wie jenen seiner Frau komplett unbrauchbar machte. Selbst auf der Support-Webseite von HP zu diesem Gerätetyp fand sich ein Hinweis auf das möglicherweise infolge eines Windows-Sicherheitsupdates auftretende Problem. Betroffene Kunden sollten sich an den HP-Support wenden. Auch wir empfahlen Christian S., sich zunächst an den Hersteller zu wenden, nachdem er die Redaktion am 22. Juli auf den Vorgang hingewiesen hatte.
In der Folge berichtete er uns von zahlreichen Telefonaten mit dem Support, in denen er deutlich auf die Ursache des Rechnerausfalls durch ein fehlerhaftes HP-Update hingewiesen habe. Auch im Verlauf eines Chats mit dem HP-Support, den uns Christian S. vorlegte, hatte er das klar geschildert. Doch der Support beharrte auch in diesem Dialog darauf, dass man außerhalb der Garantiezeit nur eine kostenpflichtige Reparatur anbieten könne.
Die einzige Abhilfe, die man ihm anbot, war ein Tausch des Mainboards, für den HP ihm über 500 Euro in Rechnung stellen wollte. Bei einem Notebook, das im Jahr 2021 für etwas über 1000 Euro angeschafft wurde, lohnte sich das kaum.
Bei Weitem kein Einzelfall
Mit seinem HP-Problem stand Christian S. keineswegs allein. Am 25. Juli wandte sich auch Sybille L. an die c’t-Redaktion und schilderte, dass ihr Notebook vom Typ HP Probook 445 R7 nach einem Windows-Update tot sei. Der Support des Herstellers habe ihr als Abhilfe lediglich einen Mainboard-Tausch für 427 Euro angeboten. Ob sie als Verbraucherin denn gar keine Ansprüche gegenüber dem Verursacher des Defekts habe, wollte die Leserin von uns wissen.
Wir fragten am 12. August bei dem PC-Hersteller an und wollten wissen, ob die im Netz kursierenden Berichte über das fehlerhafte Update zutreffen, wie viele Kunden davon betroffen seien und wie HP gedenke, den verursachten Schaden im Einzelfall zu beheben. Wir konfrontierten das Unternehmen auch mit den beiden konkreten Fällen von Christian S. und Sybille L. und reichten die beiden Kostenvoranschläge ein, die der HP-Support den Kunden für die Behebung ihres Problems geschrieben hatte.
Bereits am 13. August antwortete uns ein Unternehmenssprecher: "HP ist sich eines möglichen Problems mit einem veröffentlichten BIOS-Update bewusst. Die folgende Hardware könnte betroffen sein: ProBook x360 435 G7, HP ProBook 445 G7, HP ProBook 455 G7, HP ProBook 635 Aero G7, HP EliteBook 835 G7, HP EliteBook 845 G7, HP EliteBook 855 G7, HP ZHAN 66 Pro A 14 G3, HP mt32 Mobile Thin Client und HP mt46 Mobile Thin Client."
Problem bekannt
Das Problem sei bereits behoben und ein aktualisiertes BIOS mittlerweile seit knapp zwei Monaten verfügbar. Kunden, bei denen dieses Problem aufgetreten ist und die weitere Unterstützung benötigen, sollten sich an den Support wenden. Betroffene Geräte würden in Abstimmung mit den Kunden von HP kostenfrei wieder instand gesetzt.
In den beiden von uns geschilderten Kundenfällen sei es für HP bisher nicht eindeutig nachvollziehbar gewesen, dass es sich um Probleme aufgrund des oben beschriebenen BIOS Updates handelt. "Wir nehmen mit den beiden Kunden direkt Kontakt auf", schrieb der Sprecher. Wenn der Fehler tatsächlich auf das oben genannte BIOS Update zurückzuführen sei, wolle das Unternehmen auch diesen beiden Kunden eine individuelle, kostenfreie Lösung anbieten.
Immer wieder bekommen wir E-Mails, in denen sich Leser über schlechten Service, ungerechte Garantiebedingungen und überzogene Reparaturpreise beklagen. Ein gewisser Teil dieser Beschwerden ist offenbar unberechtigt, weil die Kunden etwas überzogene Vorstellungen haben. Vieles entpuppt sich bei genauerer Analyse auch als alltägliches Verhalten von allzu scharf kalkulierenden Firmen in der IT-Branche.
Manchmal erreichen uns aber auch Schilderungen von geradezu haarsträubenden Fällen, die deutlich machen, wie einige Firmen mit ihren Kunden umspringen. In unserer Rubrik „Vorsicht, Kunde!“ berichten wir über solche Entgleisungen, Ungerechtigkeiten und dubiose Geschäftspraktiken. Damit erfahren Sie als Kunde schon vor dem Kauf, was Sie bei dem jeweiligen Unter nehmen erwarten oder manchmal sogar befürchten müssen. Und womöglich veranlassen unsere Berichte ja auch den einen oder anderen Anbieter, sich zukünftig etwas kundenfreundlicher und kulanter zu verhalten.
Falls Sie uns eine solche böse Erfahrung mitteilen wollen, senden Sie bitte eine chronologisch sortierte knappe Beschreibung Ihrer Erfahrungen an: vorsichtkunde@ct.de.
Das ist HP auch sehr zu raten, schließlich kann man einen Hersteller, der per Update Schaden anrichtet, auch rechtlich haftbar machen, worauf nicht zuletzt Christian S. das Unternehmen mehrfach hingewiesen hatte. Also erkundigten wir uns zwei Wochen später, am 29. August, bei Sybille L. und Christian S., ob HP sie wie zugesagt kontaktiert hatte und wie der Streit um ihre Notebooks letztlich ausgegangen ist. Doch die hatten von HP nichts gehört. Christian S. hatte das Notebook seiner Frau, die es beruflich benötigt, inzwischen für etwa 100 Euro bei einem unabhängigen IT-Dienstleiser in Reparatur gegeben.
Ungelöst
Wir fragten am 2. September noch mal beim Pressesprecher nach, warum man die Kunden bisher nicht wie zugesagt kontaktiert hatte. Man habe auf eine Zustimmung von uns gewartet, da sich die Leser ja an c’t mit der Bitte um Hilfe gewandt hätten. Doch die E-Mail vom 13. August enthielt keinerlei Hinweis auf eine solche Erwartung. Wir wiesen HP noch am selben Tag darauf hin, dass sich die beiden Betroffenen nicht etwa mit der Bitte um Hilfe an uns gewandt haben – die wir auch nicht an Stelle des verantwortlichen Herstellers leisten können und wollen –, sondern um uns auf den Vorgang aufmerksam zu machen, damit wir eventuell darüber berichten.
Als Antwort erhielten wir erneut die Zusicherung, dass HP sich nun umgehend mit seinen Kunden in Verbindung setzen werde, um die Sache zu klären. Ob der Hersteller diese Zusage tatsächlich eingehalten hat, ließ sich bis Redaktionsschluss nicht klären. Unabhängig davon steht schon jetzt fest, dass HP mit der Ausspielung dieses Updates und der verunglückten Regulierung seinen Ruf als namhafter PC-Hersteller selbst beschädigt hat.
(tig)