Devil/COS: Jeder kämpft für sich allein

Vor vier Jahren war es der Braunschweiger Distributor Devil, der seinen Konkurrenten COS aus der Insolvenz rettete und übernahm. Jetzt sind beide Unternehmen in vergleichbaren Schwierigkeiten wie damals COS. Von einer guten Beziehung zwischen den beiden Unternehmen ist derzeit nichts zu spüren, eine gemeinsame Zukunft erscheint unwahrscheinlich.

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Von
  • Damian Sicking

Lieber Werner Dao, Geschäftsführer des angeschlagenen Distributors COS in Pohlheim,

COS-Geschäftsführer Werner Dao

(Bild: COS)

es gibt da eine Frage, die mich jetzt schon ein paar Tage (und Nächte) beschäftigt. Nämlich die Frage, wie gut Sie wohl auf Axel Grotjahn zu sprechen sind, den Chef der COS-Mutter Devil. Grotjahn nämlich hatte Sie, wie Sie meinem Kollegen Wolfgang Kühn erzählten, Anfang März dieses Jahres als Geschäftsführer zur Devil-Tochter COS nach Pohlheim geholt. Oder sollte man besser sagen "gelockt“? Wie dem auch sei, Sie sollten jedenfalls dem Unternehmen mehr Profil geben und überhaupt für eine glorreiche Zukunft des Distributors sorgen. Voller Tatendrang, guter Laune und Vorfreude auf die künftigen Erfolge machten Sie sich denn auch ans Werk, wie man vermuten darf. "Ich freue mich auf die Herausforderung, das Distributionsprofil der COS mit einem motivierten Team anhand zukunftsfähiger Konzepte weiter zu entwickeln“, kommentierten Sie Anfang März Ihren Start als COS-Geschäftsführer. Und Sie waren sicher, in etwa einem Jahr einem Grossisten vorzustehen, der als serviceorientierter Distributor für erklärungsbedürftige Produkte eine wichtige Rolle für Systemintegratoren und Systemhäuser spielen werde.

Das alles klang so wunderbar, so optimistisch, so nach Aufbruch in eine gute und erfolgreiche Zukunft. Doch kaum waren Sie im Amt, lieber Herr Dao, folgte der Schock: Existenzbedrohende finanzielle Schieflage und in der Folge Insolvenz der Mutter Devil und in ihrem Sog auch Insolvenz der COS. Aua!

Da fragt man sich ja schon, ob es sein kann, dass Devil-Chef Grotjahn bei seinem Werben um Sie völlig vergessen hatte, Ihnen gegenüber die prekäre Situation der Devil zu erwähnen? Und Sie also aus allen Wolken fielen, als Sie dann später davon erfuhren? Kann es sein, dass dies bei Ihnen überhaupt nicht gut ankam, dass Sie sich hintergangen, betrogen gefühlt haben? Dass sie stinksauer und wütend auf Axel Grotjahn waren und noch immer sind? Also wenn ich an Ihrer Stelle wäre, lieber Herr Dao, ich wäre wütend, sehr wütend. Denn dass Devil innerhalb weniger Woche von einem blühenden Unternehmen in kerngesunder Topform zu einem Pflegefall wurde, das glaubt wohl nur jemand, der sich den Reißverschluss mit der Kneifzange zumacht, salopp formuliert. Und dass Sie den Job angetreten hätten, wenn Sie von den Schwierigkeiten gewusst hätten, kann ich mir nur unter der Voraussetzung vorstellen, dass Sie sehr verzweifelt gewesen sein mussten.

Geben Sie es zu, lieber Herr Dao, das Tischtuch zwischen Ihnen und den Devil-Managern um Axel Grotjahn ist zerschnitten. Das erklärt ja auch Ihre für Außenstehenden zunächst seltsam anmutenden öffentlichen Äußerungen in den vergangenen Tagen. "Die COS wurde hauptsächlich durch Devil in diese Situation reingezogen“, machten Sie zum Beispiel hier auf heise resale Ihrem Ärger Luft und wiesen der Muttergesellschaft aus Braunschweig damit den Schwarzen Peter für die COS-Insolvenz zu. So etwas sagt man nicht, wenn man sich gut versteht. Auch dass Sie im selben Interview die COS als "Sahnehäubchen“ der Gruppe und damit sozusagen als die bessere Devil bezeichnen, läßt ahnen, wie es um die Beziehung zwischen Pohlheim und Braunschweig bestellt ist.

Und so wie es aussieht, haben die Herren aus Niedersachsen mit der COS auch bereits innerlich abgeschlossen. Interessant fand ich, was Firmengründer und "Rettungssanitäter“ Karsten Hartmann in einer Pressemitteilung vom 29. April sagte: Hartmann war im März ins Devil-Management zurückgeholt worden, um wieder "frischen Wind“ ins Unternehmen zu bringen, also sozusagen als Windmacher. Jedenfalls wird Hartmann in der besagten Devil-Pressemitteilung wie folgt zitiert: "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir kurzfristig eine erfolgversprechende und nachhaltige Lösung für den Standort Braunschweig präsentieren können." Wie der aufmerksame Leser bemerkt, spricht Hartmann nur und ausschließlich vom "Standort Braunschweig“. Und was ist mit Pohlheim, also COS? Kommt in Hartmanns Rede nicht vor.

Nein, das alles liest sich gar nicht wie eine gemeinsame und konstruktive Suche nach einer Lösung. Im Gegenteil scheint hier die Devise zu gelten: Jeder kämpft für sich allein. Sie selber, lieber Herr Dao, hängen sich ja inzwischen auch richtig rein, um einen Investor oder Käufer für COS (Firmenmotto: "No Limits! Just Business!”) zu finden. "Jeder unserer Mitarbeiter ist Vertriebler. Wer uns übernimmt, wenn es sein muss auch ohne Devil, bekommt nur Umsatzträger, die ein Unternehmen benötigt – ohne Backoffice oder sonstige Kostenfaktoren“, preisen Sie das Unternehmen mit seinen 28 Mitarbeitern öffentlich an. Hört sich in der Tat nicht schlecht an. Aber wie groß sind die Chancen auf eine Übernahme? Wenn die COS im Wesentlichen aus den (Vertriebs-) Mitarbeitern und deren guten Beziehung zu ihren Kunden besteht, dann frage ich mich schon, warum ein interessiertes Unternehmen dann nicht einfach gezielt den Mitarbeitern einen Anstellungsvertrag anbieten sollte? Ganz ohne unnötige Bürokratie. Die Chancen für die Mitarbeiter auf eine Zukunftsperspektive sind auf diese Weise vermutlich höher als im Fall einer möglichen Übernahme der kompletten Organisation (zu der auch Marketing, Buchhaltung Creditcontrolling sowie Geschäftsführung zählen). Vielleicht brauchen sie nicht einmal den Standort zu wechseln und können in Pohlheim bleiben.

Aber gut, man wird sehen. Bis dahin jedenfalls

beste Grüße und viel Erfolg!

Damian Sicking

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