Die leeren Versprechen der Chefs

Vertrauen ist gut, aber Mißtrauen leider angebracht: Wenn Vorgesetzte sich zum Thema Gehalt, Firmenkultur und Teamwork äußern, meinen sie leider nur selten das, was sie sagen.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Leere Versprechen, raffinierte Ablenktaktiken, sinnfreie Beschönigungen oder handfeste Lügen: Wenn es darum geht, die Mitarbeiter bei Laune und vor allem bei der Arbeit zu halten, sind Führungskräfte ziemlich einfallsreich. Schließlich sollen Sie Ihren Job weiterhin zur Zufriedenheit der Firma erledigen. Und zwar ohne, dass es Ihren Chef einen Cent mehr kostet. Wir verraten, bei welchen Aussagen Sie skeptisch reagieren sollten.

"Bei uns ist es üblich, dass man zunächst ein Praktikum macht. Wir wollen uns schließlich gegenseitig beschnuppern, bevor wir uns langfristig binden."

Na klar, dafür gibt es aber eigentlich ja die Probezeit. Wenn Sie die nächsten sechs Monate nicht umsonst ackern wollen, sollten Sie dieses Angebot lieber ablehnen. Denn ein Chef, der eine feste Stelle ausschreibt, Sie aber dann doch nur für ein Praktikum gewinnen will, sucht nur eine besonders billige Arbeitskraft auf Zeit. Gegen ein Praktikum ist ja nichts einzuwenden, aber die Stellenbeschreibung sollte schon sehr klar und nicht verhandelbar sein.

"Sie können über alles mit mir reden, ich habe immer ein offenes Ohr für Sie."

Klar, das stimmt sogar. Die Frage ist nur, wer anschließend sonst noch von Ihren Aussagen erfährt und wie lange Sie den Job wohl noch ertragen werden, wenn der Rest der Belegschaft Sie für eine Plaudertasche hält. Reden Sie mit dem Chef, wenn Sie einen tollen Vorschlag haben. Reden Sie mit ihm, wenn Sie auf Probleme hinweisen wollen, die Ihre Arbeitsabläufe behindern. Aber verkneifen Sie sich private Kommentare, intime Bekenntnisse oder gar Spekulationen über Kollegen, Kunden oder Führungskräfte im Unternehmen. Auch wenn Ihr Boss sich zutraulich gibt, bleiben Sie lieber auf Abstand, wenn Sie in diesem Laden noch was werden wollen.

"Konstruktive Kritik ist bei uns gern gesehen."

Wenn Ihr Vorgesetzter diese Aussage so deutlich betont, dann ist vermutlich das Gegenteil der Fall. Unsere Prognose: Wer hier den Mund aufmacht, lernt ihn von seiner weniger freundlichen Seite kennen. Denn Kritik schätzt er durchaus, allerdings nur an anderen Personen. Er hat nichts dagegen, wenn Sie einen anderen Mitarbeiter reinreiten und vor ihm bloßstellen. Aber wagen Sie es ja nicht, ihn oder seine Arbeit zu kritisieren. Sollten Sie mit ihrer Kritik auch noch Recht haben, würde das ein jähes Ende Ihrer Karriere bedeuten.

"Ich würde Sie ja gerne befördern, aber da ist gerade keine Stelle frei"

Genau. Und daran wird sich die nächsten 30 Jahre auch garantiert nichts ändern. Denn wenn ein Chef Sie wirklich befördern will, dann wird er eine Möglichkeit finden. Notfalls greift er in die Trickkiste und nimmt einen dieser beliebten Fantasietitel, die keiner kennt, die aber total wichtig klingen und sich auf einer Visitenkarte total gut machen. Er will Sie einfach nicht befördern. Vielleicht hält er Sie für nicht gut genug. Vielleicht will er Sie aber auch genau auf dem Posten behalten, auf dem Sie sind, weil Sie hier so tolle Arbeit leisten. In jedem Fall fehlt ihm der Mut, Ihnen die Wahrheit ins Gesicht zu sagen. Machen Sie den Test: Fragen Sie konkret nach, welchen Posten er Ihnen genau geben möchte (falls der mal frei wird) bzw. welche Entwicklung ihm denn in Bezug auf Ihre Karriere langfristig vorschwebt. Wenn hier nur schwammige Kommentare kommen, dann gibt es gar keinen Karriereplan für Sie.

"Eine Gehaltserhöhung können wir uns gerade leider nicht leisten. Aber warten Sie ein halbes Jahr, dann sehen wir weiter".

In einem halben Jahr hat sich die Wirtschaftslage natürlich verschlechtert oder ihre Leistung war doch nicht so gut, wie erhofft. Vielleicht sind auch Investitionen im Unternehmen nötig und "alle" müssen den Gürtel enger schnallen. Was sicher ist: Ihr Chef will, dass Sie sich die nächsten Monate weiterhin so reinhängen wie bisher, aber ohne, dass Sie dafür eine zusätzlichen Lohn einfahren. Kommen Sie ihm entgegen. Sagen Sie ihm, dass Sie auch Alternativen wie z.B. einen Dienstwagen total in Ordnung fänden.

"Wir werden umstrukturieren und Synergieeffekte nutzen, aber ein Stellenabbau ist nicht geplant."

Fangen Sie schon mal an, Bewerbungen zu schreiben. Denn solche Sätze kündigen in der Regel Massenentlassungen im Unternehmen an. Oder Umbaumaßnahmen, die eine so schlechte Stimmung erzeugen, dass Sie diesen Job gar nicht mehr behalten möchten. Also verlassen Sie das sinkende Schiff so schnell sie können. (map)
(masi)