Die wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen für den Direktvertrieb, Teil III

Rechtsanwalt Dr. Jan-Felix Isele über Haftungsfragen und die Konsequenzen eines gerichtlichen Verbots im Zusammenhang mit Maßnahmen des Direktvertriebs.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Der Direktvertrieb ist die wohl effizienteste Methode der Kundengewinnung und wird entsprechend häufig von Unternehmen eingesetzt. Hiergegen ist nichts einzuwenden. Aber nur, solange die wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Diese sind jedoch für den Unternehmer oft nicht leicht zu überblicken. Und zwar sowohl, was die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen selbst anbelangt, als auch die mit einem gerichtlichen Verbot einhergehenden Konsequenzen. Rechtsanwalt Dr. Jan-Felix Isele beschäftigt sich seit mehr als 10 Jahren mit der Thematik und den dazugehörigen rechtlichen Fallstricken. In einer dreiteiligen Serie hat er für uns seine reichhaltigen Erfahrungen zusammengefasst.

Im dritten Teil unserer Serie klärt Dr. Jan-Felix Isele über Haftungsfragen und die Konsequenzen eines gerichtlichen Verbots auf.

Die Haftung liegt beim Unternehmer

Liegt ein wettbewerbswidriges Verhalten eines Werbers im Direktvertrieb vor, dann kann das Unternehmen mit dem der Kunde den Vertrag eingegangen ist, dafür haftbar gemacht werden. Nach § 8 Abs. 2 UWG ist der Unterlassungsanspruch nämlich auch dann gegen den Inhaber des Unternehmens begründet, wenn die Zuwiderhandlung von einem Beauftragten begangen wurde. Beauftragter ist dabei jeder, der im oder für das Unternehmen aufgrund eines vertraglichen oder anderen Verhältnisses tätig ist. Er muss nur in die betriebliche Organisation eingegliedert sein, so dass der Erfolg seiner Handlung zumindest auch dem Unternehmensinhaber zugute kommt und der Unternehmensinhaber wiederum einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auf die beanstandete Tätigkeit ausüben kann. Was viele Unternehmer nicht wissen: Auch selbständige Handelsvertreter und Franchisenehmer werden von der Gerichtsbarkeit als derartige Beauftragte angesehen. Diese wiederum müssen sich ihrerseits das Verhalten ihrer "Beauftragten" nach § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen. Das alles führt dazu, dass Unternehmer auch in einem mehrstufigen Vertrieb selbst für jeden Werber haften. Dies gilt auch dann, wenn es sich um einen sog. "Laienwerber" handelt. Hierunter versteht man den Einsatz von Privatpersonen als Kundenwerber gegen Gewährung einer Werbeprämie..

Keine Entlastung bei angeblichem Nicht-Wissen

Der Unternehmer hat wenig Möglichkeiten, sich aus dieser Verantwortung zu nehmen. Er kann sich nicht darauf berufen und sich damit entlasten, dass er die Zuwiderhandlung nicht erkannt habe oder nicht hätte verhindern können. Insbesondere kann sich ein Unternehmer nicht darauf berufen, er habe dem entsprechenden Werber in dem fraglichen Bereich Entscheidungsfreiheit eingeräumt. Denn das befreit ihn nicht von der Verpflichtung, zu überprüfen, ob der Beauftragte seinen Job auch verantwortungsvoll und gesetzeskonform durchführt.

Dr. Jan-Felix Isele, Jahrgang 1970, ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Er studierte von 1990 bis 1995 Rechtswissenschaften an der Universität Heidelberg. Nach Referendariat und zweitem Staatsexamen im Jahre 1997 war er von 1998 bis 1999 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Deutsches und Europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht an der Universität Heidelberg tätig, wo er im Jahre 2001 auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts und des Europarechts promovierte. Seit 1999 ist er als Rechtsanwalt in der Kanzlei Danckelmann und Kerst in Frankfurt am Main tätig, seit 2009 als Seniorpartner. Er befasst sich schwerpunktmäßig mit der Prozessvertretung, aber auch der Beratung im Wettbewerbs- und Markenrecht.

Nachweis der Haftungszuständigkeit

In dem Moment, in dem ein Vertrag unterschrieben wurde, steht auch die Haftung des Unternehmers eindeutig fest. Aber was passiert, wenn der Kunde das Gespräch schon vorher abbricht? Vielleicht tut er das ja gerade wegen eines Verstoßes, hat allerdings keine entsprechenden Vertragsunterlagen. Der Versuch des Unternehmers sich in so einem Fall damit herauszureden, man habe mit dieser Person nichts zu tun, wird vermutlich kläglich scheitern. Zumindest, wenn der Vertriebler Flyer oder Prospekte des Unternehmens bei sich hatte oder übergab. In diesen Fällen besteht der Anscheins- oder Indizienbeweis, dass der Werber, der so ausgestattet war, auch tatsächlich für das erkennbare Unternehmen tätig gewesen ist. Dass ein Dritter ohne irgendwelche geschäftliche Beziehung zu jenem Unternehmen für dieses zum Zwecke der Anwerbung tätig wird, ist ja auch eher unwahrscheinlich. Behauptet das beklagte Unternehmen also, es habe sich gar nicht um einen Mitarbeiter oder Beauftragten der Firma gehandelt, dann muss es darlegen und beweisen, worauf sich diese Annahme gründet. Der bloße Hinweis auf angeblich durchgeführte umfangreiche Recherchen, die ergebnislos verlaufen sein sollen, genügt nicht (Landgericht Nürnberg-Fürth vom 06.09.2001, Az.: 1 HK O 5972/00 VH I). Ebenso wenig genügt der Hinweis, dass die vom Kunden geschilderte Vorgehensweise untypisch für die Akquise der eigenen Werber sei (Landgericht Magdeburg, Urteil vom 25.04.2005, Az.: 7 O 194/05 010).

Die Pflicht zur Unterlassung und die Folgen

Ist das Unternehmen gerichtlich zur Unterlassung verpflichtet worden (Einstweilige Verfügung oder Urteil), so drohen bei Zuwiderhandlung Ordnungsgelder in Höhe von bis zu 250.000 Euro. In einem entsprechenden Ordnungsmittelverfahren wird das Verschulden dabei vermutet. Das bedeutet, dass bei einem erneuten Verstoß das betroffene Unternehmen darlegen muss, dass es alles Erforderliche und Zumutbare geleistet hat, damit das untersagte Verhalten im Vertrieb nicht (weiterhin) an den Tag gelegt wird. Dabei können Strafen insbesondere dann verhängt werden, wenn das Unternehmen die Mitarbeiter nicht nachweislich ausreichend zur Einhaltung des verhängten Verbotes aufgefordert oder ihnen für den Fall der Verletzung keine Sanktionen angedroht hat. Auch genügt eine pauschale Aufforderung nicht, die Unternehmen müssen Berichte über die Einhaltung des Verbotes einfordern und – falls mehrere Filialen vorhanden sind – von jeder Niederlassung erfragen, was konkret zur Einhaltung des verhängten Verbotes unternommen wurde.

Fazit

Erst wenn all diese Vorgaben eingehalten sind, stellt sich der Direktvertrieb insbesondere von Telefon- und Stromverträgen als Vorteil dar. Im Falle eines wettbewerbsrechtlichen Verbots und eines Bestrafungsverfahrens können dagegen sehr schnell Ordnungsgelder verhängt werden, die die Direktakquise als nicht mehr lohnenswert erscheinen lassen können. (Marzena Sicking) / (map)

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(masi)