Distributor B.com: Mitglied der "Phantastischen Vier"?

Das Management des Distributors B.com aus Köln behauptet seit Wochen, die Nummer Vier unter den Distributoren in Deutschland zu sein. Aber stimmt das überhaupt? Heise-resale-Kolumnist Damian Sicking hat nachgezählt.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

B.Com-Chef Torsten Belverato

(Bild: B.com)

Lieber B.com-Vorstand Torsten Belverato,

in den vergangenen Jahren machte der Distributor B.com mehr oder weniger still und unauffällig das, was Distributoren zu tun pflegen. An die Öffentlichkeit drängte man nicht, sondern war froh, wenn man von der Presse nicht behelligt wurde. Ich erinnere mich gut daran, dass ich vor einigen Jahren einen meiner Redakteure gebeten hatte, doch mal eine Geschichte über B.com zu machen. Der junge Mann stand wenig später wieder in meinem Büro und berichtete ganz verdattert, dass er mit jemandem von B.com telefoniert habe und dass die B.com-Leute überhaupt kein Interesse an einem Artikel über sie hätten.

Nun, von dieser Schüchternheit ist heute nichts mehr zu spüren. Seitdem Sie den Chefposten und dann auch noch zusammen mit Ihrem Kollegen Thomas Hoffmann die ganze Firma übernommen haben, weht in der Kölner Gottfried-Hagen-Straße ein anderer Wind. Man scheut nicht mehr, sondern man sucht jetzt sogar den Kontakt mit der Öffentlichkeit und den Medien. Wie wichtig Ihnen das Thema ist, erkennt man auch daran, dass Sie mit Katharina Scheurer einen PR-Profi ins Boot geholt haben. Scheurer war vorher unter anderem bei Ingram Micro als Pressereferentin tätig. Das Ergebnis: B.com ist bereits viel sichtbarer und präsenter geworden.

In der vergangenen Wochen sorgten Sie erneut für Schlagzeilen. Sie haben Patrick Köhler als drittes Vorstandsmitglied und auch als Mitgesellschafter gewinnen können. Koehler kommt ebenfalls von Ingram Micro. Trotz seines jungen Alters von 36 Jahren blickt Köhler auf fast 20 Jahre Distributionserfahrung zurück. Man kann sagen, er war fast von Anfang an dabei. Stationen unter anderem waren Frank & Walter und Macrotron (die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht).

Lieber Herr Belverato, ich finde das sehr beeindruckend und spannend, was dort bei Ihnen am Rhein passiert. Sie haben ja wirklich was vor! Eines aber versteh ich nicht so ganz, und das ist die Sache mit der Nummer vier. Seit Wochen und Monaten werden Sie ja nicht müde zu behaupten, das B.com die Nummer Vier unter den Distributoren in Deutschland sei, hinter Also Actebis, Ingram Micro und Tech Data. Auch Ihr neuer Kollege Patrick Köhler sagte jetzt wieder, dass Ihr gemeinsames Ziel darin bestehe, "den bestehenden Platz Vier in der deutschen Distributionslandschaft weiter zu festigen".

Aber Momemt mal! Stimmt das denn überhaupt? Ist B.com wirklich heute schon der viertgrößte Distributor in Deutschland? Im vergangenen Jahr haben Sie rund 300 Millionen Euro Umsatz erzielt. Das ist nicht schlecht, reicht aber nach meinen Recherchen nicht für Platz vier. Andere liegen noch vor Ihnen. Da gibt es zunächst mal die Komsa in Hartmannsdorf; rund 500 Millionen Euro des Gesamtumsatzes von etwa 700 Millionen Euro entfallen auf den Bereich Distribution. Dann haben wir – ganz in Ihrer Nähe – Siewert & Kau in Bergheim mit 380 Millionen Euro Umsatz. Und vermutlich dürfte auch noch Devil vor Ihnen liegen; die Braunschweiger hatten nach eigenen Angaben bereits im Geschäftsjahr 2009/10 die Umsatzmarke von 300 Mio Euro überschritten. Nicht zu vergessen Magirus in Stuttgart mit geschätzten 360 Millionen Euro Umsatz.

Lieber Herr Belverato, das wären schon mal vier Distributoren, die, gemessen am Umsatzvolumen, vor B.com rangieren. Damit würde B.com auf Platz neun zurückfallen. Was mich ein bisschen erstaunt, ist, dass die anderen Distributoren, die vor Ihnen liegen, Sie noch nicht zurückgepfiffen haben.

Warum liegt Ihnen eigentlich so viel daran, zu den "Big Four" zu zählen? Diese Frage ging mir nicht aus dem Sinn. Denn der Vierte steht ja, zumindest im Sport, schon nicht mehr auf dem Treppchen, bekommt keine Medaille und steht auch nicht im Sportteil der Tageszeitung. Dann aber wurde mir klar: Die Vier ist dennoch eine magische Zahl, denn die "Vier" symbolisiert den notwendigen Teil eines Ganzen. Klingt ein bisschen kompliziert, wird aber durch ein paar Beispiele sofort deutlich:

  • die vier Jahreszeiten
  • die vier Himmelsrichtungen
  • die vier Adventssonntage
  • die vier Elemente
  • die vier Grundrechenarten
  • die vier Grundkräfte der Physik
  • die vier Evangelien des Neuen Testaments
  • "die Fantastischen Vier" ;-)

Man sieht, die Vier ist etwas Besonderes. Daher vermutlich Ihr hartnäckiges Bestehen darauf. Schon die Fünf verblasst und ist nicht mehr attraktiv. Da denkt man ja nur noch an das fünfte Rad am Wagen. (By the way: Gibt es dann bald auch ein viertes Vorstandsmitglied bei B.com?)

Lieber Herr Belverato, vielleicht ist die Sache mit der Vier von Ihnen ja auch so gemeint: Als positive "Self Fulfilling Prophecy".

Beste Grüße!

Damian Sicking

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