Kopplungsangebote: was ist erlaubt?

Die meisten Verbraucher sind Schnäppchenjäger und greifen bei Kopplungsangeboten gerne zu. Damit kein Ärger mit dem Wettbewerber droht, müssen Händler aber gewisse Regeln beachten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Können Sie sich noch an die Zeit erinnern, als Zugabeverordnung und Rabattgesetz Preisnachlässe und Werbegeschenke im Handel grundsätzlich verboten? Zugegeben, das ist schon eine Weile her und beide Gesetze wurden inzwischen abgeschafft. Doch deshalb ist noch lange nicht alles erlaubt, wie Rechtsanwalt Dr. Jan Felix Isele erklärt.

Was genau versteht der Gesetzgeber unter einem Kopplungsangebot?


Isele: Wenn der Händler beim Kauf eines Produktes eine weitere Ware oder Dienstleistung "drauflegt" und der Kunde diese völlig oder wenigstens teilweise unentgeltlich bekommt, spricht man von einem Kopplungsangebot. Bekommt der Kunde einfach nur ein Werbegeschenk ist das kein Kopplungsangebot. Entscheidend ist also, ob die Zugabe vom Kauf einer Ware oder Dienstleistung abhängig gemacht wurde oder nicht.

Muss diese Ware oder Dienstleistung in Zusammenhang mit dem Produkt stehen?

Isele: Nein. Ein Kopplungsangebot liegt auch vor, wenn unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen zusammengefasst werden. Sie müssen weder funktionell zusammengehören, noch in der gleichen Branche vertrieben werden.

Dr. Jan-Felix Isele, Jahrgang 1970, ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Heidelberg. Nach Referendariat und zweitem Staatsexamen im Jahre 1997 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Deutsches und Europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht an der Universität Heidelberg tätig, wo er im Jahre 2001 auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts und des Europarechts promovierte. Seit 1999 ist er als Rechtsanwalt in der Kanzlei Danckelmann und Kerst in Frankfurt a.M. tätig, seit 2009 als Seniorpartner. Er befasst sich schwerpunktmäßig mit der Prozessvertretung, aber auch der Beratung im Wettbewerbs- und Markenrecht.

Darf denn die Zugabe einen höheren Wert haben, als das eigentlich verkaufte Produkt?

Isele: Ja. Wer eine höherwertige Zugabe geben möchte, kann das tun. Ob der Unternehmer seine Waren und Leistungen ganz oder teilweise umsonst, einzeln oder nur zusammen abgeben will, gehört zu seiner wettbewerblichen Entscheidungsfreiheit, da hält sich der Gesetzgeber zurück. Ob eine höherwertige Zugabe aus kaufmännischer Sicht sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.

Wir reden hier von einer Zugabe von Waren und Dienstleistungen. Um die Attraktivität für den Kunden zu steigern, werden z.B. bei Abonnements auch gerne Geldzuwendungen oder Geldgutscheine an die Bestellung gekoppelt. Wie verhält es sich damit?

Isele: Geldzuwendungen oder Geldgutscheine werden nicht als Zugabe gewertet, sondern als eine besondere Form des Preisnachlasses.

Ist bei den sogenannten Kopplungsangeboten also alles erlaubt?

Isele: Nein, ganz und gar nicht. Der Gesetzgeber hat einen klaren Rahmen gesteckt, um den Verbraucher zu schützen. So darf der Händler auf keinen Fall falsche Angaben zum Angebot machen. Das heißt beispielsweise: Auch wenn die Zugabe umsonst ist und der Kunde dafür nichts bezahlt, darf der Händler ihren Wert nicht höher angeben, als er in Wirklichkeit ist. Auch über die Eigenschaften der Zugabe muss wahrheitsgemäß informiert werden. Und natürlich darf der Verbraucher nicht darüber im Unklaren gelassen werden, unter welchen Voraussetzungen er das Angebot wahrnehmen kann.

Auf welche juristischen Fallen müssen Händler sonst noch achten?

Isele: Sie müssen auch bei Kopplungsangeboten zwingend die Vorschriften der Preisangabenverordnung einhalten. Ein häufiger Fehler ist, dass der günstige Preis der Teilleistung herausgestellt wird, aber die Folgekosten und damit die Gesamtbelastung verschwiegen oder nicht deutlich genug herausgestellt wird. Der Werbende ist verpflichtet, in klarer Zuordnung leicht erkennbar und deutlich lesbar auch auf die Kosten für den anderen Teil des Kopplungsangebotes hinzuweisen. Dies kann durch so genannte Sternchenhinweise geschehen. Hier darf allerdings nicht plötzlich das Gegenteil behauptet werden: Lockt die Werbung mit der Schlagzeile "kostenlos" darf es in der Erklärung nicht plötzlich heißen, dass doch noch Kosten anfallen.

Ein Kopplungsangebot kann auch unzulässig sein, wenn eine "unangemessene unsachliche Beeinflussung des Verbrauchers" vorliegt. Was genau muss man sich darunter vorstellen?

Isele: Grundsätzlich sind damit die Fälle gemeint, in denen die Lockwirkung des Angebots so stark ist, dass auch ein verständiger Verbraucher nicht mehr rational abwägt. Das ist allerdings nur schwer nachzuweisen. Ein besonders krasses Missverhältnis zwischen bezahlter Leistung und kostenloser Zugabe reicht dafür jedenfalls nicht aus. Schließlich kann für den Verbraucher gerade der hohe Wert der Zugabe ein wichtiges und rationales Kriterium für die Kaufentscheidung sein. Deshalb erkennen Gerichte eine unangemessene und unsachliche Beeinflussung des Verbrauchers eigentlich nur an, wenn der Händler seine Position zur Ausübung von Druck ausnutzt. Das kann allerdings auch der Fall sein, wenn sich das Angebot gezielt an Personen richtet, die mangels geschäftlicher Erfahrung oder wegen ihres besonderen Zustandes keine kritische Distanz zu der Werbung waren können. Angebote, die sich z.B. gezielt an Kinder und Jugendliche richten, werden besonders kritisch geprüft.

Was passiert, wenn ein Händler – wissentlich oder unwissentlich – mit einem unzulässigen Kopplungsangebot lockt?

Isele: Dann muss er sich auf einigen Ärger gefasst machen. Er kann nämlich sowohl in Bezug auf die Werbung als auch das Angebot selbst auf Unterlassung, Beseitigung und auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Das unzulässige Angebot darf er dann natürlich auch nicht mehr unterbreiten und bewerben, unter Umständen müssen also teure Werbekampagnen eingestampft werden. Daher kann ich jedem Händler nur empfehlen, seine Angebote bzw. die dazugehörige Werbung von einem erfahrenen Juristen prüfen zu lassen. Das ist im Zweifelsfall billiger, als die Folgekosten eines unzulässigen Angebots. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)