Lampenfieber im Job – was tun?

Sie fangen schon an zu schwitzen, wenn Sie in einem Meeting um einen Wortbeitrag gebeten werden und leiden unter Panikattacken, wenn Sie eine Präsentation halten sollen? Gegen lähmendes Lampenfieber sollte und kann man etwas tun.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Von Mark Twain, dem Schriftsteller, stammt dieses schöne Bonmot: "Das menschliche Gehirn ist eine großartige Sache. Es funktioniert vom Moment der Geburt an – bis zu dem Zeitpunkt, wo du aufstehst, um eine Rede zu halten." Dieses Phänomen kennen viele, und schuld daran ist oft die extreme Form von Lampenfieber, das bis zum totalen intellektuellen Blackout, ja sogar bis zur Ohnmacht führen kann. Lampenfieber kommt häufig vor, nicht nur bei Musikern oder Schauspielern, sondern zunehmend auch bei ganz normalen Büroangestellten. Das Fachmagazin manager-seminare widmet sich in seiner Januar-Ausgabe ausführlich diesem Thema. Der Grund für die zunehmende Diagnose Lampenfieber im Büro: Immer häufiger gehört es zum Arbeitsalltag, vor einer Gruppe eine Präsentation zu halten, Projekt- oder Arbeitsergebnisse vorzustellen oder einfach eine Wortmeldung abzugeben. Vor allem wer Karriere machen will, kommt daran nicht vorbei. Doch was tun gegen dieses vermaledeite Lampenfieber?

Zunächst einmal: Lampenfieber ist an sich gut. Die nervöse Anspannung fördert die Konzentration, macht wach und stellt die erforderliche mentale Energie bereit. Außerdem zwingt sie dazu, sich zum Beispiel auf eine Präsentation besonders gut vorzubereiten. Bei manchen Menschen allerdings führt das Lampenfieber zu einer richtigen Blockade und statt der souveränen und rhetorisch glänzenden Präsentation kommt nur ein unsicheres und hilfloses Gestammel aus ihrem Mund. Häufig führt Lampenfieber bzw. die Furcht vor Lampenfieber auslösenden Situationen auch dazu, dass man diese Situationen zu vermeiden versucht, wann immer dies möglich ist. So würde man in einem Meeting zwar gerne einen guten Vorschlag machen, traut sich aber nicht sich zu melden. Statt dessen duckt man sich und ärgert sich noch darüber, dass ein Kollege, der nicht unter diesen Ängsten leidet, denselben Vorschlag macht und dafür Lob und Anerkennung vom Chef und den Kollegen erntet.

Was also tun gegen diese extreme Form von Lampenfieber? In der Literatur gibt es dazu eine Unmenge von gut gemeinten Tipps und Ratschlägen. Vieles davon ist von zweifelhafter Qualität oder so allgemein gehalten, dass man damit nichts anfangen kann. Der erste Schritt, mit dem Lampenfieber fertig zu werden, ist immer die Frage nach der Ursache. Oft sind es zwei Faktoren, die eng miteinander verbunden sind: Zum einen die Angst zu versagen oder sich zu blamieren, und zum anderen der Hang zum Perfektionismus. An beiden Phänomenen kann man arbeiten, wenn nötig mit professioneller Hilfe durch einen Therapeuten.

Oft helfen aber auch schon kleinere Maßnahmen. Vor allem sollten Sie sich immer bewusst machen, dass die Menschen, die vor oder neben Ihnen sitzen, nicht Ihre Gegner sind. Konzentrieren Sie sich auf den Inhalt dessen, was Sie sagen wollen und nicht darauf, wie Sie möglicherweise auf andere wirken und was diese von Ihnen eventuell denken. Vor einer Präsentation machen Sie sich klar, dass sich die Zuhörer für den Inhalt Ihres Vortrags interessieren und nicht für Sie. Bereiten Sie sich so gut es geht vor, aber stellen Sie nicht den Anspruch an sich selbst, die ultimative Präsentation zu halten, von der die Zuhörer und Ihr Chef noch Jahre später mit glänzenden Augen sprechen. Bauen Sie Ihre Präsentation so auf, dass Sie sie jederzeit sicher beherrschen, das heißt so einfach wie möglich. Gehen Sie kein unnötiges Risiko ein. Es ist in jedem Fall besser, das Sichere zu präsentieren als im Unsicheren brillieren zu wollen. Auch sollten Sie wann immer es geht sich nur zu solchen Themen äußern, in denen Sie sich wirklich sicher fühlen, vor allem wenn es um Vorträge geht.

Das wirksamste Gegenmittel gegen übersteigertes Lampenfieber ist aber noch immer: Üben, üben, üben! Kaum etwas anderes hilft mehr als Routine. "Man sollte jede Gelegenheit nutzen, um Auftritte zu üben, vor Gruppen zu sprechen und seine Meinung zu sagen – dann kann man es eines Tages“, sagt die Psychologin Dr. Irmtraud Tarr, die sich intensiv mit diesem Thema befasst hat. Wer dagegen versucht, Lampenfieber-Situationen zu vermeiden, wird seine Angst weiter verstärken.

Ein praktisches und von vielen leicht umzusetzendes Gegenmittel gegen Lampenfieber haben britische Psychologen entdeckt: Sex! Die Wissenschaftler hatten die Auswirkungen verschiedener sexueller Aktivitäten bei 24 Frauen und 22 Männern untersucht, die eine öffentliche Rede halten oder vor Publikum Rechenaufgaben lösen mussten. 14 Tage lang sollten die Kandidaten genau aufschreiben, wann und wie oft sie Sex hatten. Dabei unterschied der Psychologe drei Arten von sexuellen Kontakten: Selbstbefriedigung, Petting und Geschlechtsverkehr mit vaginaler Penetration.

Das Ergebnis: Testpersonen, die Geschlechtsverkehr hatten, zeigten bei ihrem öffentlichen Auftritt die geringsten Stresssymptome. Auch ihr Blutdruck sei weniger stark gestiegen und schneller wieder zum Normalzustand zurückgekehrt. Allerdings funktioniert diese Art der Beruhigung den britischen Psychologen zufolge nur mit klassischem Sex inklusive Penetration. Selbstbefriedigung und Petting hätten auch eine gewisse Wirkung gehabt, seien aber weniger effektiv gewesen. Am schlimmsten war das Lampenfieber bei den Teilnehmern, die in den zwei Wochen vor dem Auftritt gar keinen Sex gehabt hatten, so der Psychologe. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)