Marken-Malaise

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Sag mir, woher ...

Grundsätzlich will die deutsche Rechtsordnung, dass eifrige Geschäftsleute Originalware ungestört und effizient unters Volk bringen. Auch wenn ein Produkt marken- oder urheberrechtlichen Schutz genießt, sollen die Rechteinhaber den Verkäufern möglichst wenig in ihre Arbeit hineinreden können. Wenn die Ware bereits mit Zustimmung der Rechteinhaber auf den Markt beziehungsweise in Verkehr gebracht wurde, haben diese nur noch wenig Einfluss auf den Vertrieb. Ihre diesbezüglichen Rechte haben sich "erschöpft". Dieser Erschöpfungsgrundsatz hat jedoch Schranken, und auf die stößt man beispielsweise dann, wenn Produkte die europäischen Grenzen überschreiten.

Falls der Hersteller EagleView Sigmunds 1000 Monitore ursprünglich an einen Kunden in der Türkei geliefert haben sollte, können hier bereits die Probleme des braven Onlinehändlers beginnen. Die Erschöpfung der Bestimmungsrechte des Markeninhabers greift nur, wenn er sein Produkt ursprünglich in Europa auf den Markt gebracht beziehungsweise die Erlaubnis dazu gegeben hat. Der Begriff "Europa" ist in diesem Zusammenhang nicht genau geografisch zu verstehen, umfasst aber nicht bloß die EU, sondern zusätzlich Norwegen, Island und Liechtenstein. Die Türkei gehört (noch) nicht dazu. Somit wäre der Vertrieb der für den türkischen Markt bestimmten Geräte ohne Erlaubnis der Markenrechtsinhaber beziehungsweise derjenigen, denen diese die Lizenz für den Vertrieb in Europa erteilt haben, illegal.

Nun sieht man den "EagleView"-Geräten nicht an, wo sie erstmals regulär verkauft wurden. Sigmunds Lieferant zuckt auf die Frage hin auch nur mit den Schultern. In diesem Fall besteht ein verzwicktes Beweislastproblem. Inhaber von Schutzrechten sind nicht verpflichtet, auf der Ware kenntlich zu machen, wo diese in Verkehr gebracht wurde [1]. Einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zufolge liegt die Beweislast dann beim Rechteinhaber, wenn ihm die "Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte" angelastet werden kann [2]. Das klingt selbst für erfahrene Juristen nach höherer Mathematik und ziemlichen Unwägbarkeiten. Händler sind generell gut beraten, die Herkunft ihrer Ware tunlichst aufzuklären.