Nvidia etc.: Mit verschärfter Kreativität aus der Krise herausdenken

Immer mehr Unternehmen suchen nach kreativen Lösungen, um mit der Wirtschaftskrise fertig zu werden. Heise-resale-Kolumnist Damian Sicking gibt wertvolle Tipps.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Nvidia-Chef Jen-Hsun Huang

(Bild: Nvidia)

Lieber Nvidia-Chef Jen-Hsun Huang,

Nvidia hat ein grottenschlechtes Jahr 2008 und ein rabenschwarzes viertes Quartal hinter sich. Ich will die schlechten Zahlen an dieser Stelle nicht noch einmal aufführen, sagen wir, weil ich ein rücksichtsvoller Mensch bin und nicht noch mehr Salz in die Wunden streuen möchte. Aber Mann, sind die Zahlen schlecht, vor allem, wenn man sie mit dem Vorjahr vergleicht! Wahnsinn! Der totale Absturz. Vor allem im vierten Quartal ging es im freien Fall nach unten. Das muss wehtun, wenn man unten ankommt. Dass der weltweite Absatz von Grafikchips Ende vergangenen Jahres eingebrochen ist, ist eine Erklärung, aber sicher kein Trost.

Jetzt sind Sie – wie viele andere Unternehmen in ähnlichen Situationen (Intel etc.) – auf der Suche nach kreativen Lösungen. Ja, immer wenn es Probleme gibt und die Wirtschaft oder so am Boden liegt, dann haben kreative Lösungen Hochkonjunktur. Aber woher nehmen und nicht stehlen? Vielleicht haben Sie, lieber Herr Huang, bereits ein paar gescheite Leute in einen Raum gesperrt und ihnen angedroht, sie dürften erst dann wieder herauskommen, wenn weißer Rauch aus dem Kamin aufsteigt. Wenn bisher zwar die Köpfe qualmten, aber die Ergebnisse zu wünschen übrig ließen, dann sollten Sie sich nicht wundern. Denn das Gruppen-Brainstorming ist seit seiner Erfindung vor 50 Jahren zwar noch immer sehr populär, aber nicht besonders effektiv. "Die Menschen glauben zwar, dass sie in der Gruppe mehr Ideen produzieren, also kreativer und einfallsreicher sind, doch das stimmt nicht", sagt der Sozialpsychologe Wolfgang Stroebe in der Süddeutschen Zeitung (SZ). Er hat festgestellt, dass Gruppen zwischen 20 und 50 Prozent weniger Ideen erzeugen als einzeln nachdenkende Personen. Auch die Qualität der Einfälle ist nicht besser. Und wenn der Chef mit am Tisch sitzt, sieht es ganz duster aus. Also: Besser immer jeder für sich nachdenken und anschließend gemeinsam zerreden.

Was manche Menschen, die damit nichts am Hut haben, gar nicht glauben können: Nachdenken ist anstrengend. Manche bekommen vor Anstrengung einen ganz heißen Kopf, was daran liegt, dass ihr Gehirn glüht. Das ist nicht nur aus ökologischen Gründen bedenklich (Klimakatastophe), sondern birgt auch die Gefahr eines zerebralen Kolbenfressers in sich. Gott sei Dank läßt sich mit einem recht einfachen Mittel die größte Gefahr bannen: mit Gähnen! Ja, Sie lesen richtig. Seriöse Wissenschaftler haben festgestellt, dass Gähnen das Gehirn kühlt. Fragen Sie mich nicht, wie genau das funktioniert, ist an dieser Stelle ja auch nicht so wichtig. Wichtig ist nur, dass es funktioniert. Interessanterweise haben unsere gar nicht verschnarchten Pädagogen diese Erkenntnis sofort in ihr didaktisches Konzept eingearbeitet: Wenn die Schulklasse schlappmacht und die Köpfe glühen, alle mal kurz gähnen! Aber Hand vor´n Mund!

Lieber Herr Huang, auch wenn bei Nvidia Kostensenken derzeit schwer angesagt ist, an einer Sache sollten Sie nicht sparen: an Kaugummis. Warum ausgerechnet nicht an Kaugummis? Weil Kaugummikauen schlau macht. Ja, wirklich. Dies ist kein Marketinggag von Wrigley, sondern eine faustdicke Überraschung. Zumindest für diejenigen unter uns, die noch nichts davon wussten. Aber die Wissenschaft hat tatsächlich festgestellt, dass Kaugummi kauen diese Wirkung hat, man weiß nur noch nicht so genau, wieso. Die Forscher vermuten, dass auf diese Weise mehr Sauerstoff ins Gehirn gelangt, aber ist ja letztlich auch egal. Es ist aber absolut okay, lieber Herr Huang, wenn Sie Ihren Leuten verbieten, benutzte Kaugummis unter die Konferenztische zu kleben.

Noch etwas ist wichtig: Laden Sie auch Ihre älteren Mitarbeiter ein, nach kreativen Lösungen für die Bewältigung der Krise zu suchen. Denn wer hätte das gedacht: Die Wissenschaft hat festgestellt, dass ältere Gehirne tatsächlich besser arbeiten als jüngere. Ist das nicht wunderbar? Ich meine, Sie und ich, wir werden ja auch nicht jünger, aber wenn wir wenigstens noch in einer Sache den jungen Hüpfern überlegen sind ... Jedenfalls sagt die Psychologin Shelley Carson von der amerikanischen Harvard-Universität (Dann muss es ja stimmen!): "Die älteren Gehirne nehmen mehr Informationen auf und sieben aus dem Wirrwar die relevanten Informationen aus." Und Lynn Hasher von der Universität Toronto sagt: "Die Älteren sind die besseren Problemlöser." Na also! Ich entnehme diese wahnsinnig interessanten und wegweisenden Informationen übrigens einem Artikel, der am 24. Mai 2008 auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung stand, also ebenfalls einer anerkannt seriösen Publikation. Was mir nur zu denken gibt, ist, dass dieser Beitrag im Online-Archiv der Zeitung nicht mehr zu finden ist – hat die Wissenschaft etwa in der Zwischenzeit schon wieder etwas anderes herausgefunden, so nach dem Motto "Die Erkenntnisse von heute sind die Irrtümer von morgen"???? Ich bete, dass das nicht so ist. Gott sei Dank hat der Gemeindebrief der evangelischen Kirchengemeinden Sommersdorf und Thann mit Burgoberbach (Ausgabe August bis Oktober 2008) den SZ-Artikel raubkopiert, sodass man hier noch mal alles nachlesen kann (Seite 16).

Wenn Sie und alle von der Krise gebeutelten Unternehmen diese doch eigentlich leicht zu befolgenden Maßnahmen in die Tat umsetzen, dann sollte uns um die Zukunft doch eigentlich nicht bange sein.

Beste Grüße

Damian Sicking

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