Unterlassungserklärung nicht anfechtbar

Wer aufgefordert wird, eine Unterlassungserklärung abzugeben, sollte dies genau prüfen. Denn auch wenn der Wettbewerbsverstoß sich in Luft auflöst, bleibt diese Verpflichtung gültig.

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Von
  • Marzena Sicking

Das Oberlandesgericht Hamm hat ein Unternehmen dazu verurteilt, einem Wettbewerber eine Vertragsstrafe in Höhe von 4.000 Euro plus Zinsen zu bezahlen (Urteil vom 22.3.2012, Az.: I-4 U 194/11).

Geklagt hatte ein Unternehmer, der einen Wettbewerber abgemahnt hatte. Der hatte in einer Zeitungswerbung "mit verschiedenen gewerblichen und handwerklichen Leistungen und außerdem mit der Erstellung von EDV-Gutachten" geworben. Das gefiel dem Konkurrenten nicht: er beanstandene die Werbung und behauptete, dass diese gegen das Irreführungsverbot nach § 5 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 1 UWG verstoße. Unter anderem stellte der Abmahner die Behauptung auf, dass die werbliche Verknüpfung einer Sachverständigentätigkeit mit der Ausübung eines Gewerbes irreführend sei. Denn bei der Kundschaft entstehe dadurch der Eindruck, dass der Gewerbetreibende auch im Geschäftsleben eher unabhängiger und unparteiischer Gutachter als am Verkauf interessierter Geschäftsmann sei. Zudem entstehe beim angepeilten Kundenkreis der Eindruck einer überdurchschnittlichen Sach- und Fachkunde bezüglich aller angebotenen Dienstleistungen, also auch derer, die nichts mit der Sachverständigentätigkeit zu tun hätten.

Der abgemahnte Konkurrent gab daraufhin eine "Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung" ab. Er verpflichtete sich darin, in Zusammenhang mit seinem Gewerbe nicht mehr mit der mit Sachverständigenleistungen zu werben und im Falle einer Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 4.000 Euro zu bezahlen.

Einige Monate später stellte der Abmahner fest, dass der Wettbewerber trotzdem eine entsprechende Werbung im Internet abgebildet hatte und forderte die Vertragsstrafe ein. Das zuständige Landgericht wies die dazugehörige Klage jedoch ab. Zu Begründung führten die Richter unter anderem aus, dass der Abmahner in seinem Schreiben die Rechtslage falsch dargestellt und den Wettbewerber nur dadurch zur Abgabe der Unterlassungserklärung genötigt habe. Tatsächlich sei die Werbung keinesfalls zu beanstanden, die Abmahnung sei unbegründet gewesen. Vielmehr habe der Abmahner eine Pflichtverletzung begangen, denn er hätte bei sorgfältigen Überprüfung der Rechtslage seine falsche Annahme erkennen müssen.

Dagegen ging der Abmahnende in einem Berufungsverfahren vor, das nun vor dem Oberlandesgericht Hamm entschieden wurde. Dort wiedersprach der Kläger nicht nur der Auslegung des Gerichts. Sondern stellte die Behauptung auf, dass die Unterlassungserklärung gültig sei – selbst wenn die Abmahnung unberechtigt gewesen wäre. Denn durch die Unterlassungserklärung sei ein Unterlassungsvertrag mit Vertragsstrafeversprechen zustande gekommen, der nur unter engen Voraussetzungen kündbar oder anfechtbar sei. Da der Wettbewerber den Vertrag gar nicht angefochten habe, sei er zur Zahlung verpflichtet.

Das sahen die Richter genauso. Mit der Unterschrift unter der Unterlassungserklärung sei zwischen den Parteien ein privatrechtlicher Vertrag zustande gekommen, an dessen Inhalt sich beide Parteien prinzipiell halten müssten. Dieser sei bislang nicht angefochten worden. Auch machten die Richter klar, dass ein solcher Versuch kaum Erfolg hätte. Denn die Tatsache, dass der Wettbewerber seine Unterschrift druntergesetzt habe, obwohl er sich in einem Irrtum befand, sei noch kein Grund für eine Anfechtung. Die irrige Annahme wettbewerbswidrig gehandelt zu haben und zur Abgabe der Unterlassungserklärung verpflichtet zu sein, stelle einen „Irrtum im Beweggrund“ dar. Ein solcher Motivirrtum sei aber nicht ausschlaggebend. Auch eine arglistige Täuschung durch den Abmahner wollten die Richter nicht erkennen. Dieser habe in dem Glauben gehandelt, sich im Recht zu befinden. Die Tatsache, dass das Handeln des Wettbewerbers gar nicht wettbewerbswidrig war, löst ihn nicht von der Zusicherung, diese Form der Werbung in Zukunft zu unterlassen. (gs)
(masi)