Vorbild deutscher Mittelstand

Der Mittelstand ist der stärkste Jobmotor in Deutschland und hat bisher jeder Krise gemeistert. Was die Unternehmen so erfolgreich macht, hat das Institut für Mittelstandsforschung Bonn untersucht.

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Von
  • Marzena Sicking

Die Erfolge des deutschen Mittelstands stoßen im Ausland auf großes Interesse. Vor allem asiatische Ökonomen und Journalisten möchten das Erfolgsgeheimnis ergründen, berichtet IfM-Präsidentin Professor Dr. Friederike Welter. Man erhalte zahlreiche Anfragen, bei denen es darum geht, sich ausführlich über die besonderen Charakteristika und Erfolgsfaktoren des deutschen Mittelstands zu informieren. Laut Welter, die auch den Lehrstuhl für BWL, insbesondere Management von kleinen und mittleren Unternehmen und Entrepreneurship an der Universität Siegen inne hat, werden es die Nachahmer aber schwer haben: „Die Besonderheiten des deutschen Mittelstands lassen sich weder einfach kopieren noch in kurzer Zeit auf kulturell und wirtschaftlich anders geprägte Länder übertragen.“

1. Feste Verankerung in der Heimatregion und gute Beziehungen

So sei eine wesentliche Stärke der erfolgreichen mittelständischen Unternehmen ihre feste Verankerung in der jeweiligen Heimatregion. Auch würden die Firmen darauf achten, zu ihren wichtigsten Stakeholdern langfristige und konsensorientierte Beziehungen zu pflegen. Ein solch starkes Netz trägt auch in Krisenzeiten.

2. Motivation ist Trumpf

Desweiteren zeichnen sich erfolgreiche Mittelständler typischerweise durch eine motivations- und leistungsfördernde Unternehmenskultur aus. Mitarbeiter werden nicht nur als Arbeitskraft, sondern als zentrale Quelle für Innovation, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit gesehen und entsprechend gepflegt.

3. Langfristiges Denken

Kurzfristige Erfolge sind nicht das wichtigste für den erfolgreichen Mittelstand. Entscheidungen werden vielmehr immer mit weitreichendem Blick getroffen. Besonders gut gelingt das in Familien-geführten Unternehmen. Hier sind strategische Entscheidungen in der Regel nicht auf kurzfristig erreichbare Erfolge ausgerichtet, sondern auf die langfristige Entwicklung der Firma angelegt.

4. Personal wird gehalten

Erfolgreiche mittelständische Unternehmen sehen ihr Personal nicht als Manövriermasse, die je nach Wirtschaftslage vergrößert oder verkleinert werden kann. Vielmehr versuchen die meisten mittelständischen Unternehmen auch in Krisenzeiten ihr Fachkräftepotential im Unternehmen zu halten. Dafür nehmen sie durchaus auch vorrübergehende Produktivitäts- und Gewinnrückgänge in Kauf.

5. Einfacher Zugang zu Krediten

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist der einfache und vergleichsweise günstige Zugang zu Krediten, den die mittelständischen Unternehmen hierzulande erhalten. Dieser wird zum einen durch das deutsche Hausbankensystem begünstigt, aber auch durch das Verhalten der Unternehmen selbst gefördert. Die erweisen sich nämlich als ausgesprochen treue Kunden und arbeiten in der Regel über lange Jahre hinweg eng mit ihrer Hausbank zusammen. Das hat zur Folge, dass diese detaillierte Informationen über das Unternehmen besitzt und eher bereit ist, es zu unterstützen.

6. Deutscher Mittelstand ist besonders innovativ

Ein weiterer Grund für die positive Entwicklung ist laut den Experten die europaweit höchsten Innovationsorientierung des deutschen Mittelstands. So investieren die größten Familienunternehmen durchschnittlich 3,3 Prozent ihres Jahresumsatzes in Forschung und Entwicklung, kleinere Unternehmen kooperieren oftmals eng mit Hochschulen und öffentlichen Forschungseinrichtungen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Das zeigt Wirkung: 2008 wies Deutschland von allen OECD-Ländern mit 12,4 Prozent die höchste Quote an privatfinanzierter öffentlicher Forschung und Entwicklung auf. Der europäische Durchschnitt lag bei 7,5 Prozent. (masi)