Wortmann: "Wir rechnen bei b.com künftig mit einem Umsatz von etwa 100 Millionen"

Der Deal ist in trockenen Tüchern. Nun geht es an die Feinarbeit. Siegbert Wortmann, aus dem Urlaub zurück, kümmert sich jetzt um die Details der Übernahme des Kölner Distributors b.com. Heise resale sprach mit ihm über die nächsten Schritte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

Will b.com mit Logistik in Braunschweig und neuem Standort in Köln weiterführen: Siegbert Wortmann, Vorstandsvorsitzender der Wortmann AG

Die Übernahme von b.com ging keineswegs an Siegbert Wortmann vorüber, auch wenn der Wortmann-Chef in der Osterwoche einen kurzen Urlaub in Wien genoss, wie er im Gespräch mit heise resale verriet. Natürlich habe Erholung im Vordergrund gestanden, trotz mäßig frühlingshaftem Wetter. Aber ein wenig kümmert sich der Vorstandschef der Wortmann AG auch im Urlaub ums Geschäft. Zumal in Wien. Denn dort unterhält der Eigenmarkenfertiger und Distributor aus Hüllhorst seit 2009 eine Niederlassung. Und die bereitet ihm mehr Freude als die derzeitige Witterung. Das Unternehmen habe sich – im Rahmen der Möglichkeiten, die der österreichische Markt bietet – gut entwickelt. Nach acht Millionen Euro Umsatz im Vorjahr, sind es jetzt etwa zwölf Millionen. Tendenz steigend. Schwerpunkt dabei: Die Eigenmarke Terra.

Um ganz andere Zahlen geht es jetzt. Nachdem Wortmann noch vor seinem Urlaub den Deal zur b.com-Übernahme eingefädelt hatte, muss er sich nun um die Feinarbeit seiner Neuerwerbung b.com kümmern. Denn über die Wortmann Beteiligung GmbH rettet er den insolventen Komponenten- und Peripheriedistributor aus Köln. Und da, so der Vorstandschef, gebe es noch einiges zu regeln und zu ordnen in der neu geschaffenen B.com Computer GmbH. Beispielsweise die Anzahl der Hersteller und Produkte. "Ich brauche keine acht, neun oder mehr Grafikkartenhersteller. Da reichen ein paar wenige, um den Händlern die richtigen Angebote machen zu können." Ob nun Grafikkarten oder was auch immer: "Da muss aussortiert werden auf ein vernünftiges Maß, um Überschneidungen mit unserem Angebot zu verhindern."

Das große Rad der b.com Vergangenheit – "Stabile Nummer vier in der Distributionsszene" – werde nun auf einen dauerhaft profitableren Umfang verkleinert. Was sich letztendlich auch im Umsatz niederschlagen wird. Wortmann: "Ich rechne realistisch erst einmal mit etwa 100 Millionen Euro." Das ist deutlich weniger, als b.com zuletzt bilanzierte. Rund 260 Millionen erwirtschaftete der Grossist aus Köln im vergangenen Jahr. Allerdings, aber dazu will sich Wortmann nicht weiter äußern, mit negativem Ergebnis. Unter anderem deshalb auch geriet der Distributor in wirtschaftliche Schräglage. In der Branche wird von einem Minus von rund 20 Millionen gemunkelt. Ob das richtig ist? Die Frage bleibt offen. Ebenso die Höhe des Warenbestandes.

Sicher ist, Wortmann hat den Warenbestand übernommen. Und sicherlich hatte das Hüllhorster Unternehmen noch die eine oder andere Forderung. Wie dem auch sei. Auf jeden Fall seien "die offenen Posten" auch einer von mehreren Gründen für die Übernahme gewesen. Schlussendlich aber betrachtet Siegbert Wortmann die Übernahme als "ein gutes Werk". Schließlich konnte man mit der Übernahme des Warenbestandes verhindern, dass "Dealer die Waren mit hohem Abschlag aufkaufen konnten, um sie dann zu Dumpingpreisen zu verramschen. Damit hätten sie die Preise noch mehr gedrückt und allen Distributoren geschadet".

Ein weiterer Faktor bei der Entscheidung sei gewesen, "dass es nahezu keine Überschneidung auf Kundenseite" gebe. Denn während b.com überwiegend kleinere Händler bediene, seien bei der Wortmann AG vor allem Systemhäuser, große Händler und Retailer gelistet. So betrachtet und verbunden mit einem sinnvollen Produktportfolio gibt der Vorstandschef seiner Neuerwerbung reelle Chancen für einen erfolgreichen Neustart. Zumal "die Buchhaltung jetzt über uns beziehungsweise unseren Steuerberater läuft". Damit wüssten er und seine Mitstreiter jederzeit, was und wie das Geschäft unter den alten und neuen Geschäftsführern Torsten Belverato und Patrick Köhler laufe.

Bestehen bleiben werde, so Wortmann gegenüber heise resale, der noch vor dem Insolvenzantrag bezogene neue Lagerstandort in Braunschweig. Die Lagerwerk GmbH, eine Logistikgesellschaft des Distributors Kosatec, werde auch weiterhin für die b.com-Produkte zuständig sein. Da könne gegenüber dem früheren Standort bei DHL in Staufenberg ein Vielfaches gespart werden, sagt Wortmann, der bei Kosatec im Beirat sitzt. Außerdem profitiere der Braunschweiger Grossist von den zusätzlichen Mieteinnahmen durch b.com, zumal auch Kosatec wie alle anderen Komponentendistributoren den Margendruck spürt. Gerüchten, wonach das b.com-Lager in das Logistikzentrum von Wortmann integriert werde, erteilt er eine klare Absage.

Zur Zukunft der b.com-Vertriebsbüros in Braunschweig und Gießen gibt Wortmann Entwarnung: "Da ist keine Veränderung geplant." Offen hingegen sei noch die Entscheidung zu den Auslandsniederlassungen. "Das werde ich mir jetzt in Ruhe ansehen und dann entscheiden." Und bei der wichtigen Frage nach dem Bestand der b.com-Arbeitsplätze, rechnet der Wortmann-Chef damit, "dass sich die Mitarbeiterzahl bei etwa 65 bis 70 Beschäftigen, einschließlich der 15 Auszubildenden" einpendeln werde. Veränderung hingegen kündigt er beim Standort des Grossisten an. In Kürze werde in eine neue Immobilie umgezogen. "Aber Köln bleibt Standort". (map)