MIT Technology Review 1/2016
S. 68
Fokus
Medizin

Radikale Ideen

Neue Technologien sorgen für Aufbruchstimmung in der Medizin. Forscher wagen sich an Experimente, die früher als undenkbar galten.

Der medizinische Sektor erlebt derzeit eine Blüte. Allein 84 neue Medikamente hat die European Medicines Agency in den ersten elf Monaten des Jahres 2015 genehmigt. Die USA verzeichneten 2014 mit 41 Zulassungen die höchste Quote innerhalb von 18 Jahren. Noch ist es zu früh, von einer neuen Ära der Medizinforschung zu sprechen. Aber unbestreitbar haben technologische Sprünge der vergangenen Jahre eine neue Aufbruchstimmung erzeugt.

Fotos: 123rf(2), Fotolia (2), Marek Mis/SPL/Agentur Focus, Dr. Volker Brinkmann/SPL/Agentur Focus

Die Forschung an Stammzellen etwa ist schon so weit, dass Forscher Organe in der Petrischale nachbauen und diese sogar zu einem rudimentären menschlichen Körper zusammenfügen können. Die Erforschung von Krankheiten wird besser, Wirkstofftests verlässlicher (siehe Seite 72). Die Entschlüsselung des Erbguts ist so günstig, eine Genveränderung so einfach geworden, dass Wissenschaftler daran forschen, derart manipulierte Bakterien als Medikament zu verabreichen. Sie sollen chronische Darmerkrankungen heilen oder gefährliche Infektionen bekämpfen (siehe Seite 76). Ähnlich überraschend ist der Ansatz der US-Firma RetroSense: Sie will die Erbkrankheit Retinitis pigmentosa, die zum Erblinden führt, per Gentherapie behandeln – mit dem Erbgutabschnitt einer Grünalge (siehe Seite 79).