Baukasten-Prinzip: Ricoh GXR im Test

Ein ungewöhnliches Konzept wagte Ricoh mit dem GXR-System: Statt der Objektive wechselt man hier komplette Module aus Optik und Sensor. Je nach Wahl erhält man die Leistung eines Kompaktkamera- oder eines Spiegelreflex-Sensors.

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Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Dr. Klaus Peeck
Inhaltsverzeichnis

Wer schon einmal auf den bei den EVIL-Modellen („Electronic Viewfinder, Interchangeable Lenses“, – also Kameras mit elektronischem Sucher und Wechselobjektiven) direkt hinter der Bajonett-Ebene liegenden CMOS-Sensor geblickt hat, wie er beim Objektivwechsel ohne den SLR-Spiegelkasten ganz schutzlos den Staub- und Schmutzattacken der feindlichen Umwelt ausgesetzt ist, der mag den Gedanken der Ricoh-Ingenieure nachvollziehen, anstelle von Wechselobjektiven auf Module zu setzen, die nicht nur das Objektiv, sondern den Bildsensor gleich mit enthalten. Das alles in einem hermetisch geschlossenen Gehäuse, das bequem in eine Führung am GXR-Body eingeschoben wird. So entfällt beim Modulwechsel jegliches Sensor-Verschmutzungsrisiko, und die jeweilige Objektiv-Sensor-Kombination kann präziser aufeinander abgestimmt werden, als dies in einem klassischen Kamerabody-Portfolio mit universellen Wechselobjektiven der Fall ist. Zwei Module hat Ricoh derzeit im Programm, eine 50-mm-Makro-Festbrennweite mit einem 12-MP-CMOS-Sensor im APS-C-Format sowie ein 24–72-mm-Zoom-Modul mit einem kompakten 1/1,7-Zoll-CCD – weitere Module werden vermutlich zur Photokina kommen.

Der GXR-Body kostet solo knapp 460 Euro und kommt etwa im Format der gängigen kompaktesten Micro-FourThirds-Kameras. Er ist ausgesprochen robust und hochwertig in einer Magnesium-Legierung gefertigt und im Akkufach-Griffbereich rutschfest gummiert. Als Bedienelemente stehen eine 8-Wege-Wippe mit zentraler Menü-Taste, einige dedizierte Funktionsbuttons, ein Einstellrad für den Zeigefinger vor dem Auslöser und ein Jog-shuttle-Hebel auf der Kamerarückseite zur Verfügung. Neben den gängigen Programm- und Vollautomatiken und einigen Motivprogrammen stehen auf dem mechanisch verriegelten zentralen Funktionswahlrad noch eine (teil-)manuelle Belichtungssteuerung und auch drei Speicherpositionen für individuelle Presets zur Wahl.

Eindrucksvoll ist sowohl die individuelle Anpassbarkeit der Funktion der meisten Bedienelemente als auch die umfangreiche Parametrierung der allgemeinen Kamerafunktionen, was jedoch zu ellenlangen Kameramenüs führt. An der unüblichen Bestätigung von Menüeinstellungen via 4-Wege-Wippe, während der intuitive Druck auf die OK-Taste gleich zum vollständigen Ausstieg aus dem Menü führt, sollte Ricoh noch arbeiten. Ansonsten geht die Kamerabedienung nach einer gewissen Eingewöhnungszeit ergonomisch von der Hand, auch mit einem Extra-Einstellschirm für Parametrierungen über die Direct-Taste oder fünf Pulldown-Menüs für Schnelleinstellungen, die über den Jog-shuttle erreichbar sind.

Unterstützt werden die Einstellungen und Bildanzeigen vom exzellenten Kameradisplay mit 3" Diagonale und rund 920.000 Bildpunkten, mit hervorragender Bildschärfe und großem Einblickwinkel. Praktisch sind die einblendbare horizontale und vertikale „Wasserwaage“ und die im MF- als auch im AF-Modus per Tastendruck aktivierbare Bildschirmlupe. Einen Sucher muss man bei Bedarf für 250 Euro dazu kaufen, in Form eines elektronischen Aufstecksuchers für den Zubehörschuh. Dieser ist schwenkbar und liefert die hohe Auflösung des Kameradisplays, allerdings im sequentiellen Farbwechselverfahren, mit etwas übersättigten Farben und einer abweichenden Helligkeit.

Der optionale elektronischer Aufsteck-Sucher VF-2 kann anstelle eines Blitzgerätes aufgesteckt werden.

Verzichtet man auf den Sucher, so lässt sich am Zubehörschuh ein externes Blitzgerät mit TTL-Steuerung anbringen. Das kamerainterne Blitzmodul kann in seiner Leistung mehrfach angepasst werden und ist bei Intervall- und Multi-Selbstauslöser-Aufnahmen aktiv, nicht jedoch in der Serienbildfunktion.

Als Speicher kommen SD(HC)-Karten zum Einsatz, in einem engen Slot im gemeinsamen Akku-/Card-Fach. Ihre Energie bezieht die hier recht hungrige GXR aus einem LiIon-Akku mit 6,2 Wattstunden. Die ständige Akkuanzeige fällt zum Kapazitätsende hin unerwartet rapide ab – samt plötzlicher Zwangsabschaltung. Das für die Ricoh konstruierte Netzgerät soll in Deutschland nicht in den Verkauf kommen.

Als Interfaces stehen eine USB-2.0-Verbindung sowie eine HDMI- und eine AV-Buchse zur Verfügung; alle sind seitlich gut erreichbar. Notgedrungen, da am Kamerabody und nicht an den Objektivmodulen zu platzieren, liegt hingegen das Stativgewinde weit abseits der optischen Achse und direkt am Card-Fach-Deckel.

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