"Return to Monkey Island" im Test: Altes Genre, neuer Charme

Seite 2: Modernes und komfortables Gameplay

Inhaltsverzeichnis

Das Gameplay macht wirklich Spaß, selbst wenn man nicht alle Anspielungen auf die Vorgänger mitbekommt. Die Maussteuerung ist logisch, die ergänzenden Tastenkürzel das Sahnehäubchen. Spätestens wenn Guybrush die Hauptinsel "Mêlée Island" verlässt, sollte man die Tastenkürzel verinnerlicht haben. Eine Taste führt zum Inventar, eine zur To-do-Liste mit anstehenden Aufgaben und eine zur Seekarte, um schnell eine neue Location anzusteuern. Es gibt auch einen Hotspot-Finder, der alle interaktiven Objekte kurz mit einem Kreis hervorhebt.

Einziger Wermutstropfen: Die Kürzel sind quer über die Tastatur verstreut und die Belegung ist nicht anpassbar. Wohl dem, der einen konfigurierbaren Game-Controller hat, um die 12 bis 18 Kürzel zusammenzufassen.

Trotz allgemein fairer Puzzles kommt auch bei "Monkey Island 6" irgendwann ein Moment, wo man hoffnungslos feststeckt. Meist liegt das daran, dass man sich im falschen Lösungsansatz verbissen hat: In einer Szene habe ich verzweifelt das halbe Inventar durchprobiert, um später festzustellen, dass die Lösung darin besteht, den Ort kurz zu verlassen und wieder zu betreten. Immerhin signalisiert ein Warnsymbol neben dem Mauszeiger, wenn die Kombination zweier Gegenstände keinen Sinn ergibt.

Nach der Auswahl beim Spielbeginn lässt sich der Schwierigkeitsgrad nicht mehr ändern; der "Writer's Mode" lässt sich hingegen jederzeit deaktivieren – insbesondere bei längeren Spiele-Sessions ziehen sich die Dialoge doch etwas arg in die Länge.

Im Lauf des Spiels findet Guybrush zwei besondere Gegenstände: ein Buch mit Hinweisen und eines mit Quizfragen. Die Spieletipps im Hinweisbuch sind geschickt gestaffelt: Die erste Antwort ist ein vager Hint, die zweite wird etwas genauer und erst die letzte beschreibt die direkte Lösung.

Im Quizbuch kann man bis zu 100 Trivia-Karten sammeln und beantworten. Einige Fragen betreffen das aktuelle Spiel, andere die Vorgänger. Etwas gemein ist, dass falsche Antworten dazu führen, dass die Karte unwiderruflich aus dem Buch verschwindet. Wer mehr als neun unbeantwortete Karten hamstert, muss feststellen, dass keine neuen Karten mehr auftauchen.

Die Handlung von "Return to Monkey Island" teilt sich in fünf Kapitel plus Prolog. Die Story zieht fröhlich diverse Piratenklischees durch den Kakao, verteilt aber auch gezielte Seitenhiebe zu aktuellen Themen. Wieder verschlägt es den jungen Möchtegern-Piraten Guybrush Threepwood auf Mêlée Island. Wieder kollidiert sein Ziel mit dem des finsteren Geisterpiraten LeChuck: Beide sind hinter dem Geheimnis von Monkey Island her.

Die Jahrzehnte sind nicht spurlos vorbeigegangen: Guybrush kann unter Wasser nur noch acht Minuten lang die Luft anhalten; LeChuck hat Probleme bei der Motivation seiner dämonischen Mitstreiter; der von der Voodoo-Lady betriebene Laden befindet sich im Ausverkauf. Dennoch wird keine Trübsal geblasen: Die Welt mag sich geändert haben, aber der Held bleibt anpassungsfähig.

30 Jahre Monkey Island (29 Bilder)

"The Secret of Monkey Island" in der Special Edition ab 2009; hier für das iPad. Mit einem Wisch schaltet man jederzeit zur Retro-Ansicht – und wieder zurück.

Nachdem Guybrush einen überraschenden Weg von Mêlée Island gefunden hat, verschlägt es ihn auf neue Inseln und zu neuen Figuren. Wer noch nie ein Schimpfduell geführt hat, kommt hier voll auf die Kosten. Darüber hinaus erlernt Guybrush unter anderem, spannende Seemannsgarne zu spinnen und Bücher nicht nur auszuleihen, sondern auch zurückzugeben. Dass es Guybrush irgendwann gelingt, zur berüchtigten Affeninsel zurückzukehren, sagt ja schon der Titel.

Ich habe schon diverse Adventures gespielt, bei denen er im letzten Drittel einfach nur noch zum Abschluss kommen wollte, egal wie. Beim Ende von "Monkey Island 6" stellte sich hingegen eine gewisse Melancholie ein: Wie, das war's? Könnte es nicht noch ein bisschen weitergehen?

Nicht, dass das Spiel kurz wäre: Wer die Geschichte genießen will, wird kaum mehr als ein Kapitel pro Tag schaffen. Jeder neue Ort lädt zum Erkunden und Ausprobieren ein, jede Figur hat unerwartete Pointen auf Lager. Die Befürchtung, "Return to Monkey Island" sei ein billiger Cash Grab, um Gamer-Veteranen ein letztes Mal vor den Monitor zu zerren, bevor ihnen Midlife-Crisis und Inkontinenz-Windeln den Spaß komplett verleiden, hat sich jedenfalls nicht bestätigt.

Das Ende des Spiels macht überdeutlich, dass es Ron Gilbert ein echtes Bedürfnis war, seinen Figuren von anno dazumal noch einmal einen Besuch abzustatten und nachzusehen, wie sie sich inzwischen durchs Leben schimpfen, schlagen und puzzeln. "Monkey Island 6" ist nicht nur ein verdammt gutes Adventure geworden, es pustet auch neues Leben ins Genre.

Ob's das jetzt endgültig gewesen ist mit der Affeninsel? Unklar. Ende Juni verkündete die Website noch, "Return to Monkey Island" sei die "exciting conclusion" der Serie. Inzwischen ist da nur noch von "continues the story" und einem "new chapter" die Rede – das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen.

Siehe auch:

(dahe)