Prepaid-Registrierung: "Alte Schweden" helfen nicht weiter

Der AK Vorratsdatenspeicherung hat eine BKA-Erhebung veröffentlicht, die belegen soll, dass Registrierungen von Mobilfunk-Prepaid-Karten auch verifiziert werden sollten. Der Arbeitskreis hingegen fordert, die Registrierungspflicht abzuschaffen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 112 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

"Lisa Simpson" und "Alter Schwede" sind Namen, unter denen in Deutschland Prepaid-Mobilfunkkarten registriert werden. Außer unter solchen Fantasienamen werden Prepaid-Karten auch unter Namen existierender Personen registriert, die sie aber nicht nutzen; in manchen Fällen haben die Netzbetreiber oder deren Vertriebspartner gar keine Daten erhoben oder gespeichert. Das ergab eine Erhebung des Bundeskriminalamts (BKA) aus dem Jahr 2009, die vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung nun veröffentlicht wurde. Die Erhebung schließt unter anderem mit dem Fazit, dass die Mobilfunkanbieter verpflichtet werden sollten, die Namen der Käufer von Prepaid-Karten zu verifizieren. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hingegen fordert, die Prepaid-Registrierung komplett abzuschaffen.

Nach Angaben des BKA hatten sich Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden bei der Bundesnetzagentur über die Einhaltung der Registrierungsregelung beschwert. Das BKA hat daraufhin von diesen Behörden 2659 Fälle von "defizitärer Speicherpraxis" aus dem Zeitraum Dezember 2008 bis Februar 2009 gesammelt, in denen bei Ermittlungen der Anschluss- oder Karteninhaber nicht festgestellt werden konnte. In 44 Prozent der Ermittlungen ging es um Verstöße gegen das Betäubungsmittel- und das Arzneimittelgesetz. Mit gut 19 Prozent folgen Diebstahl, Unterschlagung, Raub und Erpressung, mit fast 8 Prozent Betrug und Untreue. Unter den von "defizitärer Speicherpraxis" betroffenen Mobilfunkanbietern sind in der Reihenfolge am meisten E-Plus (45 Prozent), Vodafone (33 Prozent), O2 (15 Prozent) und T-Mobile (7 Prozent von 2509 Fällen dieser vier größten Anbieter) betroffen.

Seit der Neufassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) im Jahr 2004 müssen Anbieter persönliche Daten wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum bei der Anmeldung eines Telefon- oder Handyanschlusses erheben – auch beim vorausbezahlter Karten im Mobilfunkbereich. Die Telekommunikationsunternehmen müssen die Daten ihrer Kunden zusammen mit der zugeteilten Rufnummer in eine Datenbank einstellen, auf die Strafverfolgungsbehörden in einem größtenteils automatisierten Verfahren Zugriff haben. Die Daten müssen aber nicht verifiziert werden. Der Rechtswissenschaftler Patrick Breyer, der sich im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung betätigt, hatte 2004 gegen das TKG eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, die das Bundesverfassungsgericht 2006 teilweise ablehnte. Die Rechtsgrundlage zur Registrierungspflicht wollten die Richter eingehender prüfen.

Michael Ebeling vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zieht aus der BKA-Erhebung den Schluss, der Registrierungszwang für Prepaid-Karten sei wirkungslos. "Schlimmer noch bringt er teilweise sogar Unschuldige in Verdacht und muss deswegen dringend abgeschafft werden." Anonyme Telekommunikation sei keine Straftat. "Wer eine anonyme Kommunikation grundsätzlich verbieten oder unter Generalverdacht stellen möchte, der verkennt, dass wir damit auf eine unfreie Gesellschaft selbstzensierter und obrigkeitsfürchtender Menschen zusteuern." Eine Verifizierungspflicht führe bei den Anbietern zu höheren Kosten, die fast immer an die Kunden weitergereicht würden.

Im Zusammenhang mit staatlichem Zugriff auf Telekommunikationsdaten weist der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auch auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung hin, der die Auskunft über Bestandsdaten von Inhabern eines Telekommunikationsanschlusses neu regeln soll. Datenschützer hatten bereits eingewandt, dass die Neuregelung verfassungswidrig sei. (anw)