Umsetzungswirren bei der Vorratsdatenspeicherung

Das Ergebnis einer Umfrage von Netzpolitik.org zeigt eine sehr uneinheitliche Umsetzungspolitik bei der Vorratsdatenspeicherung von Internetdaten, die für die Provider ab 1. Januar 2009 Pflicht wird.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Netzpolitik.org hat 16 Telekommunikationsanbieter und Internetprovider befragt, wie sie mit der Umsetzung der Telekommunikationsüberwachungsverordnung umgehen. Hintergrund: In Deutschland ist nach den zum 1. Januar dieses Jahres eingeführten Regelungen zur Vorratsspeicherung von Telekommunikations- und Internet-Verbindungsdaten eine sechsmonatige Speicherung der Daten bei den Providern und Carriern vorgesehen, auf die Strafverfolger bei der Verfolgung von Straftaten und zur Gefahrenabwehr zugreifen dürfen. Für die Internet-Verbindungsdaten gilt eine Übergangsfrist für die Umsetzung der Speicherpflicht bis Anfang 2009. Ab dem 1. Januar 2009 aber müssen auch die Provider Verbindungsdaten speichern, selbst wenn eine Technische Richtlinie der Bundesnetzagentur noch nicht vorliegen sollte.

Das Ergebnis der Umfrage zeigt eine sehr uneinheitliche Umsetzungspolitik der Unternehmen: Das Mobilfunkunternehmen O2 beispielsweise, das bereits 2007 mit der Umsetzung begonnen haben soll, erteilte keine Auskunft, aber auch seine AGB sagen nichts hierzu aus. Die Deutsche Telekom hingegen hat mit der Umsetzung begonnen, speichert aber weder Telekommunikations-, noch Internetdaten auf Vorrat, sondern nur für Abrechungszwecke.

Die befragten Unternehmen geben zur Frage der Speicherung von IP-, E-Mail- oder Voice-over-IP-Daten entweder keine Auskunft, sind dabei, die Umsetzung zu erfüllen oder werden dies spätestens ab dem 1. Januar 2009 tun. Hinsichtlich der Telefon- und Mobilfunkdaten gibt es etwas präzisere Auskünfte: Debitel, E-Plus, HanseNet, Kabel Deutschland, NetCologne, QSC und Versatel speichern die Daten bereits seit dem 1. Januar 2008. Freenet, O2, Strato, Tele2 und Vodafone kommentierten nicht bzw. gaben keine Antwort.

Gegenüber Markus Beckedahl von netzpolitik.org erklärte Klaus Landefeld, Vorstand des Internetprovider-Verbands eco, dass die Antworten der Provider "gepokert" seien. Seines Wissens nach hätten fast alle Unternehmen technisch noch nichts unternommen, da sie gar nicht wüssten, wie sie die gesetzlichen Vorgaben umsetzen sollen. Eigene technische Lösungen entwickeln nach eigenen Angaben nur größere Unternehmen wie AOL, Deutsche Telekom, NetCologne, QSC, Tele2 und Versatel. 1&1, Debitel und E-Plus würden teilweise auf externe Dienstleister zurückgreifen, die entsprechende Lösungen entwickelt haben.

Beckedahl hat schließlich auch die Datenschutzerklärung der Unternehmen mit den Angaben der Presseabteilungen ihm gegenüber verglichen und dabei eklatante Unterschiede entdeckt: "E-Plus, Kabel Deutschland, NetCologne und Versatel behaupten in ihren Datenschutzerklärungen, Verbindungsdaten nur für Abrechnungszwecke zu speichern. Die Unternehmen geben aber trotzdem an, Telefon-Verbindungsdaten für die Vorratsdatenspeicherung zu sammeln." Die Datenschutzerklärung von Kabel Deutschland wird derzeit jedoch überarbeitet. AOL, Arcor, HanseNet (Alice) und O2 hingegen geben hierauf gar keinen Hinweis. Eine Kontaktierung der betrieblichen Datenschutzbeauftragten blieb ergebnislos.

Auch zu den Investitionskosten gibt es unterschiedliche Angaben. Während 1&1 mit mindestens einer Million Euro rechnet, wollen Debitel und HanseNet mit einem mittleren sechstelligen Betrag auskommen – plus laufender Kosten. E-Plus bewegt sich im einstelligen Millionenbereich. QSC will bereits dieses Jahr bis 75.000 Euro investiert haben. Auch die Verbände zeigen sich uneins. Während der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) mit bis zu 75 Millionen Euro rechnet, kalkuliert eco mit mindestens 332 Millionen Euro.

Siehe dazu auch:

Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)