Die Wirtschaftskrise erreicht Microsoft: Bis zu 5000 Jobs fallen weg

Nachdem der Konzern in den vergangenen Quartalen teilweise gegen die Erwartungen der Analysten und trotz erster Auswirkungen der Finanzkrise Rekordergebnisse vorlegte, verzeichnet der größte Softwarekonzern der Welt nunmehr einen Gewinneinbruch.

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Von
  • Jürgen Kuri

Auch Microsoft kann sich den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht mehr entziehen. Nachdem der Konzern in den vergangenen Quartalen teilweise gegen die Erwartungen der Analysten und trotz erster Auswirkungen der Finanzkrise Rekordergebnisse vorlegte, verzeichnet der größte Softwarekonzern der Welt nunmehr einen Gewinneinbruch. Für bis zu 5000 Mitarbeiter bedeutet dies, dass sie ihren Job verlieren. In den vergangenen Tagen und Wochen gab es schon diverse Spekulationen, wie denn nun Microsoft von der Krise getroffen würde. Da war schon von 15.000 Entlassungen die Rede – Microsoft aber hielt sich relativ bedeckt, korrigierte auch seine Prognosen für den Geschäftsverlauf nicht, die zum Ende des ersten Microsoft-Geschäftsquartals noch recht positiv aussahen. Immerhin aber wurde bereits bekannt, dass man Expansionspläne aufschieben will.

Firmen-Chef Steve Ballmer hat dieses Mal keine gute Nachrichten für die Microsoft-Mitarbeiter

Überraschend legte Microsoft nun entgegen den sonstigen Gepflogenheiten die Quartalsergebnisse bereits kurz vor Eröffnung der Börse in New York vor – wohl um weiter anhaltenden Spekulationen über eine Krise bei Microsoft etwas die Luft zu nehmen. Im vorbörslichen Handel in New York war der Aktienkurs bereits um über 7 Prozent eingebrochen. Die Geschäftszahlen sehen nun auch nicht so gut aus, wie prognostiziert worden war, als Microsoft noch von einem weiteren starken Wachstum des PC-Markts ausgegangen war – der aber stagnierte oder laut manchen Analysten sogar zurückging.

Der Nettogewinn von Microsoft im zweiten Geschäftsquartal ging gegenüber dem gleichen Quartal des Vorjahrs um 11 Prozent auf 4,17 Milliarden US-Dollar oder 47 US-Cent je Aktie zurück. Der operative Gewinn sank um 8 Prozent auf 5,94 Milliarden US-Dollar. Der Umsatz wuchs noch leicht um 2 Prozent auf 16,63 Milliarden US-Dollar. Die Prognosen lagen noch bei 17,3 bis 17,8 Milliarden US-Dollar beim Umsatz und bei 6,1 bis 6,4 Milliarden US-Dollar beim operativen Gewinn. Microsoft spricht davon, dass besonders die Schwäche des PC-Markts und des anhaltenden Trends bei vielen Nutzern zum Umstieg auf preiswertere Netbooks die Geschäfte belastet habe.

Besonders getroffen vom schwachen PC-Markt und den Änderungen im Käuferverhalten wurde die Client-Sparte, die für alle Windows-Systeme für Desktop- und Notebook-Rechner zuständig ist. Hier ging der Umsatz um 8 Prozent zurück. Demgegenüber hebt Microsoft hervor, dass die Sparte Server & Tools (Server-Systeme, Datenbanken, Entwicklungswerkzeuge) um 15 Prozent zulegen konnte. Besonders die Verkäufe von jährlichen Lizenzen seien weiter gut gelaufen. Der Bereich Entertainment & Devices (Spiele, Xbox 360, Mobilgeräte) konnte wegen guter Xbox-Verkäufe im Weihnachtsgeschäft (das in Microsofts zweites Geschäftsquartal fällt) um 3 Prozent zulegen.

Die Office- und Businesssoftware-Sparte steigerte den Umsatz nur ganz leicht auf 4,876 Milliarden US-Dollart, der operative Gewinn sank leicht auf 3,140 Milliarden US-Dollar. Der große Hoffnungsträger von Microsoft, die Online-Sparte, kämpft aber weiter mit Problemen. Der Umsatz stagnierte bei 866 Millionen US-Dollar, der operative Verlust stieg dagegen von 247 auf 471 Millionen US-Dollar – der Bereich ist damit derzeit der einzige operative Bereich von Microsoft, der rote Zahlen schreibt.

Angesichts der unsicheren Wirtschaftslage gibt der Konzern derzeit keine detaillierte Ergebnisprognose mehr ab. In der zweiten Hälfte des laufenden würden Gewinn und Umsatz aber sicher niedriger ausfallen als ein Jahr zuvor. Und wegen der Wirtschaftslage will Microsoft auch Sparmaßnahmen ergreifen, die zu Stellenabbau führen. Die Stellenstreichungen sind der erste konzernweite Jobabbau in der Geschichte des Unternehmens: Die ersten 1400 Stellen würden sofort wegfallen, teilte der Windows-Hersteller mit. Die restlichen Jobs sollen im Laufe der nächsten eineinhalb Jahre gestrichen werden; insgesamt sollen 5000 Stellen abgebaut werden. Die Arbeitsplätze sollen im gesamten Konzern unter anderem bei Forschung und Entwicklung, Marketing, der Personal- und der IT-Abteilung wegfallen. Außerdem werde es weitere Kosteneinsparungen geben.

Die wirtschaftlichen Aktivitäten und die Ausgaben für IT hätten sich weit stärker abgeschwächt als man erwartet habe, erklärte Microsoft-Finanzchef Chris Liddell zur Lage des Konzerns. Und Microsoft-Chef Steve Ballmer ergänzte: "Wir sind zwar nicht immun gegenüber den Auswirkungen der ökonomischen Entwicklungen, aber ich vertraue in die Stärke unserer Produktpalette und darauf, dass unsere Herangehensweise richtig ist." Immerhin sah sich Ballmer aber angesichts der ersten Massenentlassungen in der Konzerngeschichte zu einer E-Mail an die Mitarbeiter veranlasst: "Dass wir überhaupt wachsen während der schwersten Wirtschaftskrise in zwei Generationen zeigt, wie stark unsere Geschäftsgrundlage ist und beweist, wie hart Sie arbeiten." Die Antwort müsse in weiteren langfristigen Investitionen in Innovation liegen und zudem mit schnellen Aktionen, um die Kosten zu reduzieren.

Das aber konnte die Investoren nicht beruhigen, die in den vergangenen Quartalen und Jahren von Microsoft recht verwöhnt wurden. Kurz nach Eröffnung der Börse sackte der Kurzs weiter ab und lag zu Anfang des Handels mit fast 8 Prozent Minus bei 17,87 US-Dollar.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)
Quartal Umsatz Nettogewinn
3/00 5.660 Mio. 2.390 Mio.
4/00 5.800 Mio. 2.410 Mio.
1/01 5.800 Mio. 2.200 Mio.
2/01 6.590 Mio. 2.620 Mio.
3/01 6.460 Mio. 2.450 Mio.
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
2/04 10.150 Mio. 1.550 Mio.*
3/04 9.180 Mio. 1.320 Mio.*
4/04 9.290 Mio. 2.690 Mio.
1/05 9.189 Mio. (2.901 Mio.) 2.530 Mio **
2/05 10.818 Mio. 3.463 Mio.
3/05 9.620 Mio. 2.563 Mio.
4/05 10.161 Mio. 3.700 Mio.
1/06 9.741 Mio. 3.141 Mio.
2/06 11.837 Mio. 3.653 Mio.
3/06 10.900 Mio. 2.977 Mio.
4/06 11.804 Mio. 2.828 Mio.
1/07 10.811 Mio. 3.478 Mio.
2/07 12.542 Mio. 2.626 Mio.
3/07 14.398 Mio. 4.926 Mio.
4/07 13.371 Mio. 3.035 Mio.
1/08 13.762 Mio. 4.289 Mio.
2/08 16.367 Mio. 4.707 Mio.
3/08 14.454 Mio. 4.388 Mio.
4/08 15.837 Mio. 4.297 Mio.
1/09 15.961 Mio. 4.373 Mio.
2/09 16.629 Mio. 4.174 Mio.

* Gewinne unter Bilanzierung der Umstellung auf das neue Aktienprogramm für Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die Einigung mit Novell
(jk)