Fahrbericht Energica Ego

Ego-Booster

Der italienische Konzern CRP will schon lange mal was mit Elektromotor an den Markt bringen. Das Endprodukt ist jetzt ein elektrisches Superbike mit 100 kW Antriebsleistung. Wie immer krankt das Produkt an der Batterie

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Das erste elektrische Serien-Superbike für die Straße fährt toll, wie von einem italienischen Superbike nicht anders zu erwarten. 15 Bilder
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Clemens Gleich
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Bad Wörishofen, 1. Juli 2014 – Jetzt sind über 200 Jahre seit der ersten Batterie vergangen, aber so richtig doll ist es immer noch nicht geworden. Mein Telefon will jeden Tag zwei Mal an die Ladestation, und elektrische Superbikes erscheinen mir beim Stand der Technik unsinnig. Der italienische Technikkonzern CRP hat dennoch die Energica Ego zum Ausprobieren angeboten, ein elektrisches Superbike. Da wissen auch alle, wo es zwackt: Immer, wenn ich die freundliche CEO Livia Cevolini etwas Kritisches über den Akku frage, fasst sie an den Fensterladenhalter aus Metall, was im italienischen Aberglauben-Kosmos dieselbe Unglück abwendende Wirkung hat wie auf Holz klopfen. Letztendlich stellt auch sie klar: "Das ist ein Spielzeug. Das kaufen Leute, die etwas Besonderes haben möchten, das es so noch nicht gab."

In der Tat ist die Ego technisch absichtlich interessant gebaut. Viele ihrer Teile entstehen in additiven oder subtraktiven Verfahren der computergesteuerten Fertigung, also konkret zum Beispiel der CNC-Fräse und der Lasersinter-Maschine. Letztere baut Verkleidungsteile, die dann überlackiert werden. An einigen Stellen verzichtet CRP auf den Lack, damit man die typischen Artefakte des schichtenden Verfahrens erkennt.

Die Verkleidungsteile bestehen außerdem aus "Windform", das ist ein spezielles Plastikpulver, das mit kurzen Glas- oder Kohlefasern versetzt ist. Beim Lasersintern entsteht dabei zwar nicht dieselbe Festigkeit wie bei einem Laminat mit entsprechend langen Fasern, CRP behauptet jedoch immerhin: Das ist doppelt so fest wie Teile aus reinem Polycarbonat. Und so geht es weiter: Die Lampenverkleidungen der ersten 45 ausgelieferten Supersondermodelle sind zum Beispiel mit Zirkonoxid plasmabeschichtet. Dazu gibt es keinen technischen Grund, sondern nur einen italienischen: Wir zeigen uns von unserer besten Seite. La bella figura.

Die Ölmelone

Viel interessanter als diese Spielereien ist jedoch die Grundauslegung des Antriebs. Knapp über der Schwingenlagerung hängt ein Zylinder von der Größe einer fetten Wassermelone. Das ist der ölgekühlte Motor. CRP hat nicht an Leistung gespart und zu den Dimensionen gegriffen, die anderswo anderthalb Tonnen schwere Autos nachdrücklich anschieben: 100 kW leistet der Motor von 4900 bis 10.500/min, stramme 195 Nm Drehmoment liegen von 0 bis 4700/min an (in diesem Bereich steigt die Leistung also linear mit der Drehzahl).