Cybergrooming: Fahnder dürfen computergenerierte Missbrauchsbilder hochladen

Der Bundestag beschließt einen Gesetzentwurf zur "Versuchsstrafbarkeit des Cybergroomings". Betroffen ist auch, wer unwissend anzüglich mit Erwachsenen chattet.

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Bundestag: Fahnder dürfen computergenerierte sexuelle Missbrauchsbilder hochladen

(Bild: Shutterstock/metamorworks)

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Der Bundestag ist für eine deutlich härtere Gangart im Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch. Ermittler dürfen künftig etwa computergenerierte Bilder verwenden, wenn sich einschlägige Taten nicht anders aufklären lassen oder nur "wesentlich erschwert" verfolgt werden könnten. Dies sieht ein am Freitag verabschiedeter Gesetzentwurf vor, mit dem schon Versuche zum Cybergrooming strafbar werden. Für die Initiative stimmte neben den Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD auch die AfD. Die FDP, die Linke und die Grünen enthielten sich.

Täter sollen mit dem Beschluss einen deutlich höheren Verfolgungsdruck durch die Polizei spüren und sich im Internet nicht mehr sicher fühlen können. Fahnder dürfen laut einem über den Rechtsausschuss lancierten Änderungsantrag der Koalition zum ursprünglichen Regierungsentwurf künftig auch Schriften, Bilder und Videoaufnahmen hochladen, "die kein tatsächliches Geschehen" wiedergeben und auch "nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden" sind.

Es gehe um Deep Fakes, die echten Aufnahmen von sexuellem Kindesmissbrauch täuschend ähnlich sähen, hatte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) im Vorfeld erläutert. Zuvor hatte auch der Bundesrat Druck gemacht, um Strafverfolgern auf diese Weise die "Keuschheitsprobe" zu erleichtern. Nur so könnten sich diese über eigene Angebote Zugang zu Netzwerken von Päderasten im Internet verschaffen. Entsprechende "besondere Einsätze" haben die Abgeordneten unter einen Richtervorbehalt gestellt. Bei Gefahr im Verzug reicht das Plazet der Staatsanwaltschaft für bis zu drei Tage langen Maßnahmen aus. Für diesen Passus votierte auch die Opposition in einer vom gesamten Entwurf abgetrennten Einzelabstimmung.

Bestraft werden kann mit der verabschiedeten Reform des Strafgesetzbuches (StGB) zudem künftig schon der Versuch von Pädophilen, sich übers Netz per Messenger oder soziale Medien an Kinder heranzupirschen und sexuelle Aktivitäten oder den Versand von Bildern zu stimulieren. Kriminalisiert wird auch ein Täter, der davon ausgeht, mit einem Kind zu chatten, es in Wirklichkeit aber mit einem verdeckten Ermittler oder einem Elternteil zu tun hat.

Wer ein Kind über das Internet anspricht, um es zu sexuellen Handlungen zu bringen, kann bereits heute hart bestraft werden. Paragraf 176 StGB sieht für entsprechendes Cybergrooming schon jetzt eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren vor. Wenn jemand jedoch nur glaubt, mit einem Kind zu kommunizieren, kam er bisher ungeschoren davon.

Bei einer parlamentarischen Anhörung im November hatten sich leitende Kriminalbeamte, Staatsanwälte und Julia von Weiler vom Verein Innocence in Danger hinter die Regierungsinitiative gestellt. Mit dem Entwurf werde eine "Vorverlagerung der Strafbarkeitsgrenze" betrieben, die einen konkreten Bezug zu Rechtsgutsverletzungen nicht oder annähernd nicht mehr aufweise und daher unter Gesichtspunkten des Schuldprinzips sowie des legitimen Strafrechtszwecks bedenklich sei, hatte der frühere Richter am Bundesgerichtshof Thomas Fischer dagegen gehalten.

Auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnte eine Versuchsstrafbarkeit ab. Der saarländische Rechtswissenschaftler Dominik Brodowski brachte durchgreifende Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Keuschheitsprobe vor.