Abgas-Betrug: Daimler im Oktober vor dem BGH

Daimler muss sich im Herbst vor dem Bundesgerichtshof dem Vorwurf eines Klägers stellen, eine illegale Abschalteinrichtung im OM651-Diesel zu verwenden.

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Mercedes OM651

Der OM651 wurde 2008 vorgestellt und in diversen Formen angeboten. In der C-Klasse gab es ihn bis 2018. Dann wurde er durch den OM654 ersetzt.

(Bild: Daimler)

Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Für Daimler könnte es ein folgenreicher Herbst werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den 27. Oktober 2020 als ersten Verhandlungstag über die Klage auf Schadenersatz (Az. VI ZR 162/20) eines Käufers gegen Daimler angesetzt, wie das Gericht in Karlsruhe am heutigen Freitag mitteilte. Der Kläger will erreichen, dass der Konzern das Auto zurücknimmt und ihm den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungspauschale erstattet.

Der Kläger hat Anfang 2017 einen Mercedes C220 CDI, Baujahr 2011 mit einer Laufleistung von knapp 70.000 Kilometern von einem privaten Autoverkäufer erworben. Bezahlt hat er 13.000 Euro. Eingebaut ist ein Diesel der intern OM651 genannten Motorenbaureihe. In dieser C-Klasse (intern BR 204) wurde der OM651 zwischen 2009 und 2015 verbaut und ist hier in der Abgasnorm Euro 5 homologiert. Im ab 2014 gebauten Nachfolger stellte Mercedes auf die Euro 6 um. Erst von da an bekam der OM651 einen SCR-Kat.

Im Fahrzeug des Klägers mit der Abgasnorm Euro 5 werden Stickoxide über eine geregelte Abgasrückführung reduziert. Wird im Rohabgas ein erhöhter Stickoxid-Eintrag gemessen, wird die Abgasrückführrate erhöht. In der Folge verschlechtern sich Verbrauch und Leistung etwas, gleichzeitig sinkt die Brennraumtemperatur und damit der Stickoxidanteil im Abgas.

Der Vorwurf des Klägers: Bei Temperaturen unter sieben Grad Celsius finde keine Abgasrückführung mehr statt. Daimler würde also eine Abschalteinrichtung verwenden. Der Konzern argumentiert, dass die fragliche Steuerung, die diverse Parameter berücksichtige, keine Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 darstelle und zum Schutz des Motors zulässig sei.

Zuletzt entschied das Oberlandesgericht Koblenz, dass Daimler beim Inverkehrbringen des Fahrzeugs nicht sittenwidrig gehandelt habe. Dabei komme es letztlich nicht darauf an, ob das sogenannte Thermofenster rechtmäßig sei. Auf jeden Fall könne nicht unterstellt werden, dass die Verantwortlichen in dem Bewusstsein agiert hätten, eine illegale Abgastechnik zu verwenden. Die Gesetzeslage zur Zulässigkeit sei nicht eindeutig.

Damit unterscheiden sich die Daimler-Fälle in einem wichtigen Punkt von den Klagen gegen den Volkswagen-Konzern. Dort ist klar, dass die verwendete Technik nicht erlaubt war. Der BGH hatte deshalb am 25. Mai entschieden, dass Volkswagen Zehntausenden Klägern grundsätzlich Schadenersatz schuldet. Daimler könnte in diesem Fall straffrei ausgehen, erledigt ist die Causa „Abgasnachbehandlung im OM651“ damit aber noch nicht.

Denn in der Version mit einem SCR-Kat besteht der Vorwurf, dass zu wenig Harnstoff eingespritzt wurde. Deshalb hat Mercedes einen (un)freiwilligen Rückruf gestartet. Kunden bekommen einen 100-Euro-Verrechnungs-Scheck, wenn sie ein Update aufspielen lassen, mit dem die Harnstoff-Einspritzung erhöht wird. Man darf wohl annehmen, dass der Konzern damit einem Pflichtrückruf über das Kraftfahrtbundesamt zuvorkommen will, der dann weitere juristische Auseinandersetzungen zur Folge hätte.

(mfz)