Das Sicherheitomobil

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Quatsch-Fahrverhalten

Für Motorradfahrer zunächst ungewohnt ist das Quad-artige Lenkverhalten des Spyder. Dreht er den Lenker nach links, fährt das Fahrzeug nach links. Beim Motorrad ist es oberhalb des Kenterbereichs genau andersherum, deshalb steht dieser Punkt ganz oben auf der Liste wichtiger Punkte der Fahrzeugeinführung, die Can-Am Erstfahrern anbietet (und die im Regelfall ausgezeichnet ist). Das Gas ist ein Drehgriff rechts, die Bremse ist ein Fußpedal rechts. Eine zusätzliche Handbremse für Motorradumsteiger war Can-Am wohl zu aufwendig. Im RT-Antrieb verwendet Can-Am ein automatisiertes Sechsgang-Schaltgetriebe. Es schaltet automatisch herunter, wenn die Drehzahl zu nahe zum Leerlauf fällt, ansonsten schaltet die linke Hand per Wippe am linken Handgriff. Alternativ bietet Can-Am ein fußbetätigtes sequenzielles Schaltgetriebe mit Handkupplung an (wie beim Motorrad). Das ist 2000 Euro billiger und schneller. Schneller ist immer auch besser.

Das Fahrverhalten ist für Spaßfahrer zunächst einmal frustrierend. Es reicht, schnell durch einen Kreisverkehr zu rollen, um das ESP in volle Kriegsbereitschaft zu versetzen. Gleichzeitig dreht die Traktionskontrolle die Spritzufuhr ab, sodass das Fahrzeug in der Kurve einen Moment fast antriebslos strandet, bevor wieder alles langsam und sicher genug ist, dass es weitergehen kann. Im Prinzip ist diese Beschreibung nicht einmal Kritik, denn dieses Verhalten ist genau richtig für das Zielpublikum. Die meistens Tourenfahrer reisen sehr gemütlich, und ein Eingriff eines Regelsystems ist für sie ein Abenteuer, das sie abends beim Lagerfeuer oder besser: Hotelbier erzählen, als wäre es eine Geschichte vom Krieg: "Das war vielleicht knapp heute, es hat sogar das ESP eingegriffen!" Je früher es also regelt, umso besser.

Auch bei den Details stimmt so weit alles: In der Fahrzeugnase gibt es den bekannten großen Kofferraum, dazu kommen zwei integrierte Koffer, in die je ein Integralhelm passt, sowie ein Topcase, in dem es Bordstrom und einen Connector für Musik von Apple-Geräten gibt (also iPod und iPhone; Android-Geräte werden nicht unterstützt). Die Musik spielt entweder über die Bordlautsprecher oder ins Bluetooth-Headset im Helm. Natürlich gibt es auch ein Radio. So soll das sein. Interessantes aus der Aufpreisliste: Es gibt eine Rückenlehne für den Fahrer, die zum einfacheren Aufsitzen des Beifahrers nach vorne klappt. Nicht mal eine BMW K 1600 GT hat das!

S steht für Sicherheit

Außer dem neuen Tourenmodell mit neuem Motor gibt es noch Optik- und Fahrwerks-Änderungen an den schnittigeren Modellen Spyder RS und ST ("Racing-Sicherheit" und "Sicherheit-Touring" wahrscheinlich). Beide fahren weiterhin mit dem guten, alten Rotax-V2 mit 60 Grad Zylinderwinkel. Dieser Motor ist in allen seinen Inkarnationen ein grandioser Landstraßenmotor, eine uneingeschränkte Empfehlung. Er blubbert herrlich bei niedrigen Stadt-Drehzahlen und brüllt sich draußen im Geläuf frei zu hohen Drehzahlen. Wer ein Erlebnis sucht, sollte den Dreizylinder sofort vergessen. In anderen Spaßfahrzeugen des BRP-Konzerns gibt es den Dreizylinder übrigens mit Kompressor und 260 PS, aber als ich fragte, wieso der Tourer den nicht haben darf, um seinen Schwabbel von 460 kg trocken adäquat zu beschleunigen, hörte ich wieder "Sicherheit".