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Fahrbericht: Audi Q3 45 TFSI

Audi hat mit dem ersten Q3 gutes Geld verdient. Im November rollt der neue Audi Q3 zu den Händlern. Wir konnten uns vorab schon einen ersten Eindruck verschaffen. Hat das teure SUV eine Chance, sich aus dem inzwischen breiten Angebot abzuheben?

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Audi Q3 9 Bilder

(Bild: Audi)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Stefan Grundhoff; press-inform
Inhaltsverzeichnis

Fünf Jahre ist es her, da fiel mein geschätzter Kollege Clemens Gleich über den Audi Q3 her. Sein Tenor damals: „Das Ding kann im Prinzip nichts besser als ein A3.“ Ob die Audi-Kunden dies ebenso beurteilen, sei dahin gestellt. Im vergangenen Jahr ging die Jagd auf Kunden jedenfalls sehr eindeutig aus. 49.820 neue Audi A3 wurden 2017 zugelassen, der Q3 konnte 21.020 Interessenten überzeugen. Im November rollt der neue Audi Q3 zu den Händlern. Wir konnten uns vorab schon einen ersten Eindruck verschaffen.

Mehr Kanten und Falten

Das Segment der SUV zwischen 4,3 und 4,5 Metern ist inzwischen unglaublich eng besetzt. Audi wird sich also strecken müssen, um in dieser Masse irgendwie auffallen zu können. Formal setzt die Marke eher zurückhaltende Zeichen, was die Veränderung angeht. Zwar trägt der Neue mehr Falten und Kanten, doch er ist sofort als Audi zu erkennen. Einen vollkommenen Bruch mit dem Vorgänger wagt Audi nicht – angesichts der bisherigen Verkaufszahlen erschien er wohl auch nicht nötig. Alt und neu zu unterscheiden fällt trotzdem leicht – wer nun schöner ist, liegt sicher im Auge des Betrachters.

Unzweifelhaft hat Audi aber die Abmessungen gewaltig verändert. Zehn Zentimeter mehr Länge und ein um 7,7 cm gestreckter Radstand bedeuten erheblich mehr Platz im Innenraum. Die Rückbank kann um 15 cm verschoben, die Rücklehne in sieben Positionen arretiert werden. Je nach Stellung der Rücksitze stehen zwischen 530 und 675 Liter Kofferraum zur Verfügung. Wer die Rücksitze umklappt, kann maximal 1525 Liter einladen. Der Ladeboden lässt sich in drei Höhen feststellen. Der Platz für die Insassen entspricht in etwa dem, was ein VW Tiguan auch bietet. Der ist ähnlich lang.

Wenn sich der Audi von einigen Konkurrenten abhebt, dann sicher in seiner oberflächlich wahrgenommenen Qualität. Das Spiel mit noblen Materialien und exakten Passungen beherrscht Audi wie kaum ein zweiter. Interessanterweise erwächst Audi ausgerechnet aus Frankreich in dieser Disziplin Konkurrenz: Der DS7 (Test) hat uns in dieser Hinsicht ziemlich überrascht.

Drehregler

Das Armaturenbrett ist eine Mischung aus neu und alt. Oben entspricht die Gestaltung jener Form, die beispielsweise im neuen A6 auch zu finden ist. Unten verbaut Audi aber kein separates Display zur Steuerung der Klimaautomatik, sondern drei Drehregler. Damit lässt sich das ohne Blick auf die Straße bedienen. Warum der Drehregler für die Lautstärke rechts vor dem Wählhebel und somit abseits der Infotainmentanlage untergebracht wurde, wissen wir nicht so genau – Audi vermutlich auch nicht.

Anders als Mercedes hat sich Audi im Lenkrad gegen Touchflächen entschieden – gut so, denn die vorhandenen, mechanischen funktionieren tadellos und lenken damit nicht ab. Einen Schritt in Richtung Moderne geht Audi dagegen beim Kombiinstrument. Hier wird nur noch ein Display angeboten, welches sich auf vielfältige Art einrichten lässt. Manche Informationen werden allerdings arg klein dargestellt. Aber Audi hat ja junge Kunden Blick, deren Sehkraft wohl gut ist. Die mehrheitlich ältere Kundschaft muss dann eben eine andere Darstellung wählen. Schade und irgendwie auch erstaunlich, dass es zumindest vorerst kein Head-up-Display geben wird.

Zäh

Zum Start im November wird der neue Q3 mit drei Motoren angeboten: Den allseits bekannten Zweiliter-TDI mit 150 PS und zwei Benziner mit 1,5 Litern Hubraum und 150 PS und einem Zweiliter mit 230 PS. Letzterer stand für diese Proberunde bereit. 230 PS und 350 Nm sprechen für beeindruckende Fahrleistungen, die Werksangaben sind es dann auch: 6,3 Sekunden im Standardsprint und 233 km/h Höchstgeschwindigkeit sind viel mehr, als sich meist nutzen lässt. Im Alltag bleibt der Eindruck weit hinter dem zurück, was die Daten versprechen. Der Q3 wirkt damit sehr ordentlich motorisiert, doch sportliche Ambitionen befriedigt er nicht. Die Leistungsentfaltung wirkt insgesamt zäher, als sie ist.

Das hat vermutlich vor allem zwei Gründe: Zum einen ist der Q3 ein sehr leises Auto. Selbst bei hohem Tempo bleibt das SUV vergleichsweise ruhig. Da die Maschine keine hörenswerte Stimme besitzt, ist das auch gut so. Zum anderen wiegt der Q3 mit knapp 1700 Kilogramm eine ganze Menge. Nicht besonders harmonisch ist das Zusammenspiel mit der Allradantrieb. Es dauert, ehe ein Teil der Motorleistung an die Hinterräder weitergeleitet wird. Das können die größeren Modelle bei Audi deutlich besser.

Noch mehr Leistung: Später

Eine Lücke existiert nach wie vor bei den Verbrauchsdaten, die Audi im WLTP noch nicht offiziell eingefahren hat. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Verbrauch des Audi Q3 45 TFSI Quattro sich bei knapp sieben Liter auf 100 Kilometern einpendelt. Ein Partikelfilter ist serienmäßig. Kurz nach dem Start soll es noch zwei Diesel mit 190 und 240 PS sowie einen Benziner mit 190 PS geben. Die S- und RS-Modelle mit deutlich mehr Leistung folgen etwas später. Alternativen zu Benzin und Diesel sind zumindest vorerst nicht geplant.

Sparen kann man sich aus unserer Sicht das adaptive Fahrwerk. Die serienmäßige Feder-Dämpfer-Abstimmung ist auf Langstrecken komfortabel und auf kurvigen Landstraßen straff genug, um eine übermäßige Neigung zu verhindern. Die Lenkung ist präzise und leichtgängig zugleich. Zusammen mit den bequemen Sportsitzen war der Testwagen ein sehr komfortables Reiseauto.

Kurzer Vorsprung

Reicht das, um sich von der Masse abzusetzen? Diese Frage wird die Kundschaft beantworten müssen. Kurzzeitig hat er gegenüber dem A3 einen gewissen Vorsprung, denn der kommt erst im nächsten Jahr in komplett neuer Form auf den Markt. Durch sein Wachstum wird der Q3 ihm hinsichtlich seines Platzangebotes überlegen bleiben. In den Bereichen Motoren, Ausstattung und Design wird es dagegen viele Parallelen geben.

Mit einer besonders reichhaltigen Serienausstattung wird der Q3 jedenfalls nicht locken. Im ersten Begleitschreiben erwähnt Audi unter anderem serienmäßige Highlights wie ein Lederlenkrad mit Bedientasten, eine manuelle Klimaanlage, Radio mit Bluetooth, Licht-/Regensensor und einen einstellbaren Geschwindigkeitsbegrenzer. Um es einmal andersherum zu formulieren: Die Marke traut es sich nach wie vor, ein Auto, dass dem eigenen Anspruch nach zum gehobenen Teil dieser Klasse angehören soll, serienmäßig ohne Klimaautomatik und Tempomat auszuliefern.

Zu dieser Taktik gehört schon etwas Mut. Zusätzlich zu solchen Kleinigkeiten, die viele Importeure einfach so dazu reichen, füllt Audi die Preisliste mit allerlei Dingen, die den Q3 schöner machen sollen. Dazu gehören wohl auch die Alcantara-Bezüge an Sitzen, Türverkleidungen und Armaturenbrett. Auf Wunsch gibt es die auch in einem kräftigen Orange. Zumindest das gibt es nirgendwo sonst, wobei wir uns nicht sicher sind, wie viele Menschen diesen Umstand bedauern.