Honda entwickelt drei neue Hybridantriebe mit erstaunlich unterschiedlicher Technik

Honda setzt auf Hybrid und Doppelkupplungsgetriebe

Honda hat gleich drei neue Hybridantriebe in der Pipeline, die sich technisch deutlich unterscheiden. Bemerkenswert ist vor allem ein Hybridantrieb mit 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe in Verbindung mit einem 1,5-Liter-Motor, der im Atkinson-Zyklus betrieben wird

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Von
  • Gernot Goppelt

Honda differenziert seine neuen Hybridantriebe nach der Anzahl von E-Motoren – tatsächlich unterscheiden sich auch Getriebe, Motoren- und Antriebskonzepte.

Tokio, 15. November 2012 – Honda ist ein Unternehmen, das sich ähnlich wie BMW sehr stark über Antriebstechnik definiert. Vor zehn Jahren hätte man noch den Begriff Motorentechnik verwendet, doch das greift in Zeiten zunehmender Hybridisierung zu kurz. Hybridantriebe kann man nur sinnvoll betrachten, wenn man Verbrennungs- und Elektromotor sowie das Getriebe als Gesamtes begreift – ganz abgesehen von der Elektronik und der Betriebsstrategie. Der Primus bei Hybridantrieben ist derzeit eindeutig Toyota – doch nun hat auch Honda Großes vor. Die Japaner haben gleich drei neue Hybridantriebe in der Pipeline, die sich noch dazu deutlich unterscheiden.

Drei E-Motoren – viel Dynamik

Die sportlichste Variante der Honda-Hybridantriebe wird den neuen Honda NSX antreiben, der innerhalb der nächsten drei Jahre auf den Markt kommen soll.

Der "Sport Hybrid SH-AWD" ist zumindest nicht ganz unbekannt, Honda hatte ihn Anfangs 2012 schon einmal auf der NAIAS in Detroit vorgestellt, als Antrieb für den Nachfolger des Edelsportlers NSX. Der Hybridantrieb ist räumlich zweigeteilt angeordnet: Vorne sitzt ein 3,5-Liter-V6-Motor in Verbindung mit einem E-Motor und einem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DKG) und hinten treibt jeweils ein Elektromotor ein Hinterrad an. Das bringt nicht nur zusätzlichen Schub, sondern erlaubt auch ein Torque Vectoring, also die Beeinflussung des Fahrverhaltens durch gezielte Gabe von Drehmoment auf ein bestimmtes Rad. Ganz wild klingt übrigens die Fähigkeit, in Kurven das kurvenäußere Rad mit dem Strom zu beschicken, den das kurveninnere Rad erzeugt. Das wäre sozusagen die virtuelle Umsetzung dessen, was ein mechanisches Differential zwangsläufig macht – nur dass man das Verhalten frei steuern kann.

Schon Anfang 2012 teilte Honda mit, dass mit einem neuen NSX innerhalb von drei Jahren zu rechnen sein könnte. Er soll dann unter der Marke Acura laufen, die in Nordamerika für die gehobenen Hondas steht.

Zwei E-Motoren und elektrisches CVT

Der zweite neue Hybridantrieb folgt einem völlig anderen Ansatz, er ist ein wohl eher komfortbetonter Antrieb für die US-Version des Accord. Der "Sport Hybrid Intelligent Multi Mode Drive" nutzt ein "elektrisches" CVT-Getriebe und zwei Elektromotoren – das erinnert verdächtig an das e-CVT von Toyota, das auf der leistungsverzweigten Verschaltung der Motoren mithilfe eines Planetengetriebes beruht. Der – bisher nicht näher beschriebene – Aufbau des Honda-Antriebs ist aber wohl doch ein ganz anderer, wie die Beschreibung der drei Fahrmodi zeigt. Erstens ist wie bei allen Plug-in-Hybriden ein rein elektrisches Fahren vorgesehen. Zweitens beschreibt Honda eine Betriebsart, bei der per Kupplung ein direkter Durchtrieb vom Verbrennungsmotor hergestellt wird, der bei höheren Geschwindigkeiten besonders effizient sein soll. Und drittens gibt es einen seriellen Betrieb, bei dem der Verbrennungsmotor einen Generator antriebt, um Strom für den E-Motor zu erzeugen. Das erinnert ein wenig an Konzepte wie den VW TwinDrive oder den Boosted Range Extender von Getrag, wobei diese nicht mit stufenlosen Getrieben arbeiten. Wir sind gespannt auf Details. Hondas neue Hybridantrieb mit zwei E-Motoren soll Anfang 2013 in Nordamerika in Serie gehen.

Ein E-Motor und Doppelkupplungsgetriebe

Für den europäischen Markt interessant dürfte der kleine Hybridantrieb mit Doppelkupplungsgetriebe sein. Er könnte das IMA-Konzept mit CVT ablösen.

Das für Europa interessanteste Hybridkonzept ist vielleicht der "Sport Hybrid Intelligent Dual Clutch Drive". Honda setzt hierbei auf einen neuen 1,5-Liter-Motor, der im Atkinson-Zyklus betrieben wird, in Verbindung mit einem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, in das ein Elektromotor integriert ist. Im Prinzip handelt es sich also (abgesehen vom Atkinson-Betrieb) um einen parallelen Hybridantrieb, wie ihn Europäer auch bauen könnten und der sicherlich auch nach Europa kommen wird. Mithilfe einer Trennkupplung kann der Verbrennungsmotor vom Elektromotor abgetrennt werden, sodass ein rein elektrisches Fahren möglich ist und bei der Rekuperation die Generatorleistung nicht durch das Schleppmoment des V-Motors beeinträchtigt wird. Vielversprechend klingt die Verbrauchsangabe, wenn sie auch nur relativ ist: Im Vergleich zu anderen Hybridantrieben mit einem Elektromotor soll die Verbrauchsersparnis 30 Prozent betragen – die Vergleichsbasis freilich bleibt Honda schuldig.

Honda wird zum DKG-Spezialisten

Erfahrungen mit Doppelkupplungsgetrieben hat Honda bereits. Schon bald wird Honda vorläufig der einzige Hersteller sein, der DKGs in Autos und Zweirädern einsetzt.

Insgesamt würde sich Honda mit diesen Antriebskonzepten zum vielseitigsten Anbieter von Hybridantrieben aufschwingen. Interessant ist vor allem der Einsatz von Doppelkupplungsgetrieben, die in Japan vergleichsweise wenig üblich sind. Honda hat allerdings bereits Vorerfahrungen aus dem Zweiradbereich, weshalb die Entwicklung nicht völlig überrascht. Zuerst in der Honda VFR auf den Markt gebracht, verbaut Honda mittlerweile auch in der Motorrad- und Roller-Mittelklasse DKGs, übrigens mit einem interessanten Unterschied zur Automobiltechnik: Eine Schaltwalze muss für das Einlegen sämtlicher Gänge genügen, damit das Getriebe nicht zu groß und schwer wird. Das erwarten wir bei dem 7-Gang-DKG für den automobilen Hybridantrieb nicht unbedingt, andererseits: Honda kann das, warum nicht auch im Auto. Einziger Nachteil der einzelnen Schaltwalze ist die fehlende Möglichkeit zum mehrzügigen Schalten. Nur: In dieser Hinsicht sind die Fähigkeiten von DKGs ohnehin eingeschränkt und bei einem Hybridantrieb braucht man diese Fähigkeit eigentlich nicht. (ggo)