Im Test: Skoda Kodiaq 2.0 TDI

Inhaltsverzeichnis

Ich gestehe es besser gleich, Sie wären mir im Laufe der nächsten Minuten ohnehin auf die Schliche gekommen: Dem aktuell grassierenden SUV-Fieber bin ich nicht verfallen. Also wirklich gar nicht. Abgesehen davon, dass der Gewinn an optischer Präsenz diametral zu meinen persönlichen Vorlieben verläuft, wäre mir der Vorteil des bequemeren Einstiegs die Nachteile nicht wert. Auf einem Barhocker zu tanzen, kann ganz spaßig sein, weniger anstrengend ist zweifelsohne aber näher am Boden. Und Gepäck muss in den meisten SUVs auch höher gehoben werden als in den vergleichbaren Kombis.

Für all das kann der Skoda Kodiaq nichts, es wäre also ungerecht, es ihm vorzuwerfen. Er ist ein Baukasten-Produkt einer Massennachfrage – und nicht unbedingt das schlechteste, wie ein Test mit dem 2.0 TDI zeigt. Die Kombination aus 190 PS, Doppelkupplungsgetriebe, adaptiven Fahrwerk und Allradantrieb ist für viele Interessenten sicher eine erstrebenswerte.

Ein Koloss

Schon optisch strahlt der Kodiaq eine Bulligkeit aus, die ihn für potenzielle Käufer sicher attraktiv macht. Doch lassen Sie sich nicht täuschen: Zwischen einem Octavia Combi und diesem scheinbaren Koloss liegen gerade einmal 3 cm Längendifferenz. Mit knapp 4,7 Metern ist der Kodiaq etwa so lang wie ein Audi A4 Avant. Der Tscheche wirkt aber ungleich voluminöser - mir wäre es im Alltag viel zu wuchtig. Das Platzangebot ist im Skoda allerdings ebenfalls ungleich besser als im Audi. Sowohl vorn wie auch hinten bietet das SUV extrem viel Platz. Auch große Menschen können bequem hintereinander sitzen und haben noch mehr Raum zum Räkeln als im Octavia – und schon der ist eigentlich ein leuchtendes Vorbild hinsichtlich seiner Raumnutzung. Das liegt schlicht und ergreifend einfach daran, dass im Kodiaq der Abstand zwischen Boden und Sitzfläche größer ist. Wer also oft zu viert über längere Strecken unterwegs ist, könnte am hier seinen Begleiter finden.

Die Grenzen des Konzepts zeigen sich, wenn man den Kodiaq als Siebensitzer ordert. Die beiden hinteren Klappsitze bieten wirklich nur wenig Platz. Auf kurzen Strecken sind die Plätze ganz hinten Kindern aber durchaus zuzumuten. Der dann verbleibende Kofferraum ist mit 270 Litern sehr überschaubar. Als Siebensitzer fasst der Kofferraum, sofern die hinteren Sitze ungeklappt sind, 560 Liter, als Fünfsitzer ohne die optionalen Sessel sind es 650. Die mittlere Sitzreihe lässt sich noch nach vorn verstellen, dann sind es bis zu 835 Liter. Wer also viel Platz bei Außenabmessungen sucht, die unterhalb von denen eines VW Passat liegen, könnte hier fündig werden. Noch besser sind in dieser Hinsicht nur noch die paar verbliebenen Kompakt-Vans.

Display folgt

Im Innenraum ähnelt der Kodiaq den anderen Modellen des modularen Querbaukastens zumindest partiell. Das Rundinstrument ist in dieser Form schon seit Jahren bekannt, sieht man einmal davon ab, das weiße Schrift auf hellgrauem Untergrund nicht die beste Idee war, die die Innenraumgestalter in den vergangenen Jahren bei Volkswagen hatten. Dennoch lässt es sich besser ablesen als die modischen Displays, denn das Ziffernblatt wird permanent hinterleuchtet. Ein solches kann der Kunde ab dem kommenden Jahr im Kodiaq bestellen.

Kopie eines Imitats

Rätselhaft blieb, was genau uns der Designer der Interieurleisten mitteilen wollte. Sie wirken ein wenig so, als wenn jemand eine Kopie eines Holzimitats darstellen wollte. Dass einige Kunststoffe weniger fein sind als im kürzlich gefahrenen Audi Q5, sei dem Skoda verziehen. Immerhin kostet er auch eklatant weniger. Der umfangreich ausgestattet Testwagen kam auf etwas mehr als 50.000 Euro, der damalige Q5-Testwagen mit gleicher Maschine auf mehr als 70.000 Euro. Erstaunlich war aber, dass die Sitzbezüge gleich an zwei Stellen nicht sauber vernäht waren – das kennen wir von Skoda in dieser Form nicht.

Der Preisunterschied zum Q5 kommt freilich auch daher, dass es für den Audi einige teure Zutaten gibt, die die Volkswagen-Lenker im Kodiaq nicht anbieten wollen. Dazu zählen Dinge wie ein Head-up-Display, aber auch Extras, die im Skoda eine Spur einfacher ausgeführt sind. Die LED-Scheinwerfer können zwar abblenden, wenn andere Verkehrsteilnehmer erkannt werden, doch die trickreiche Ausblendung, die im Q5 das Fernlicht an lässt und nur die andere Verkehrsteilnehmer in den Schatten rückt, bietet der Kodiaq nicht. Dafür hat er einen recht stabil wirkenden Türkantenschutz, der allein ausklappt, wenn die Tür geöffnet wird.

Schaukelig

Ähnliches gilt auch für das Fahrwerk. Im Q5 lässt sich für sündhaft viel Geld ein Luftfahrwerk ordern, im Kodiaq müssen adaptive Dämpfer reichen. Sie bieten allerdings eine sehr große Bandbreite: Grundsätzlich mag ich es komfortabel, gerade, wenn ich in einem SUV fahren muss. Doch in der Comfortstufe war mir die Abstimmung des Kodiaq zu schaukelig. Meinem Kollegen Christian, der es eigentlich immer wesentlich eiliger hat als ich, gefiel das so ganz ausgezeichnet. In „Sport“ wird die Straßenbeschaffenheit spürbar, der Kodiaq bleibt allerdings immer weit von allem entfernt, was auch nur ansatzweise etwas mit freudvollem Schwung in Kurven zu tun haben könnte. Er reizt in keiner Weise dazu, flotter zu fahren als es unbedingt nötig erscheint. Also noch weniger, als es Autos dieser Machart sonst tun. Zitat eines Kollegen: „Er fährt noch behäbiger, als er aussieht.“

190 PS im Wandel der Zeit

Die Helden meiner frühen Autoträume waren der erste BMW M3, etwas später die großen Sechszylinder im 3er der 1990er-Jahre. Besessen habe ich sie nie, gefahren bin ich sie allerdings öfter mal. Mit ihren etwas mehr als 190 PS waren sie unerhört tatkräftig, wenngleich sicher längst nicht so sehr, wie sie mir im Gedächtnis blieben. Der Schleier, der sich mit der Zeit über Erinnerung legt, war schon immer aus dichtem und dickem Stoff. 190 PS stellen heute, obwohl es aktuell im Kodiaq nicht mehr gibt, keine herausragenden Fahrleistungen mehr sicher. Das hat im Wesentlichen drei Gründe. Da ist zum einen natürlich das Gewicht. Skoda nennt zwischen 1795 und 1969 kg für dieses Modell, die den Elan doch recht erfolgreich bremsen. Sicher, wenn es denn sein muss, erreicht der Kodiaq mehr als 200 km/h, doch der Weg dorthin ist weit.

Da hilft auch der Wechsel in den Sportmodus nicht. Irgendjemand ist auf die Idee gekommen, in diesem das Drehzahlband sehr weit auszuschöpfen. An sich ein kluger Gedanke, nur eben nicht hier. Denn wie so viele Diesel wird auch der 2.0 TDI wirklich allerspätestens oberhalb von 4000/min zäh. Seine Schmauchzone liegt zwischen 1700 und 3000/min. Dort liefert er befriedigenden Schub.

Ein zweiter Grund ist die über die Jahre deutlich verbesserte Geräuschdämmung. Unser Gefühl für Geschwindigkeit und Beschleunigung kann mit der Entwicklung in diesem Bereich nicht mithalten. Wer heute von einem Kodiaq in einen Youngtimer wechselt, bekommt erst mit, wie akustisch entkoppelt wir in modernen Autos inzwischen sind. Auch wenn der Kodiaq in dieser Hinsicht bei weitem nicht an die Qualitäten des Q5 heranreicht: Längere Autobahnetappen mit 160 km/h fallen auch im Skoda akustisch kaum auf, obwohl die Maschine an sich nicht zu den besonders leisen Autos zählt. In der Stadt und auf Landstraßen gibt es nie einen Zweifel an der Art der Verbrennung.

Verwöhnt durch Gewohnheit

Schlussendlich haben sich die gesellschaftlichen Ansprüche verschoben – ich selbst bin keine Ausnahme, wie Sie an der Formulierung „befriedigender Schub“ ablesen können. Der Kodiaq ist, wenn er gefordert wird, sicher schneller als die graue Masse im täglichen Straßenbild. Zumal die Fahrleistungen objektiv nicht schlecht sind, wenn man den Kodiaq zur Eile antreibt. Nur fühlt es sich eben nicht so an. Sicher, diese Maschine war noch nie ein Held der Arbeit. In dieser Umgebung aber beschleicht einen hin und wieder das Gefühl: Ja, es reicht schon aus, aber weniger sollte es eigentlich nicht sein. Bedenklich, wenn man im stärksten Diesel einer Baureihe durch die Landschaft rollt.

Dennoch: Da der Kodiaq, wie beschrieben, in keiner Weise zum flotten Fahren reizt, wäre der erste Ansatz, sich das Geld für den großen Diesel zu sparen und den TDI mit 150 PS zu wählen. Wer zusätzlich auf den Allradantrieb verzichten kann, spart so immerhin 3400 Euro. Mit Allradantrieb sind es noch 1400 Euro, die beide Motoren monetär trennt. Dafür findet sich in der Preisliste allerlei, was reizvoller erscheint. Doch wer einmal den Schritt in diese Preisregion gemacht hat, wird vermutlich die „Entweder-oder“-Überlegung hinter sich gelassen haben.

Unser Testverbrauch lag deutlich höher als im Audi Q5 mit ähnlicher Antriebskonfiguration. Insgesamt kamen wir auf 6,9 Liter, was nicht zuletzt auch daran lag, dass hier eine längere Autobahnetappe enthalten war. Wer dort ein Tempo von 160 km/h plus X anschlägt, muss mit mehr als 8,5 Litern rechnen. Der SCR-Tank fasst 12 Liter, mehr gibt es auch gegen Aufpreis nicht.

Hände ans Steuer

Ein altes Leiden, das uns schon in einigen Skoda-Testwagen aufgefallen ist, hat auch der Kodiaq mit auf den Weg bekommen. Der Spurhalte-Assistent bittet mit einer Einblendung und einem Gong, die Hände ans Lenkrad zu nehmen, obwohl diese das Steuer fest in der Hand hielten. Ich gestehe, meine persönliche Toleranz ist nicht sehr ausgeprägt und so wird das nur im Paket mit Spurwechsel- und Ausparkassistent erhältliche, immerhin 870 Euro teure Extra kurzerhand stillgelegt. Sehr gut hat mir dagegen die Einparkhilfe mit „Vogel-Perspektive“ gefallen. Sie funktioniert ähnlich gut wie im Volvo XC60 und erleichtert auch hier den täglichen Umgang mit diesem Brocken. Denn obwohl der Kodiaq nur ein paar Zentimeter länger ist als ein Octavia, fühlt er sich im Alltag wesentlich massiger an. Das kann man mögen, muss es aber nicht.

Unser Testwagen wurde im Juni 2017 erstmals zugelassen. In ihm war noch die alte Generation der Navigationssysteme verbaut. Das große Navi „Columbus“ hatte hier noch wie Drehregler für Lautstärke und Kartenzoom, die es beim direkten Nachfolger nicht mehr gibt. Start und Routenberechnung gehören, obwohl die Daten von einer Festplatte und nicht von einer SD kommen, nicht zu den schnellsten. Das neuere System, das wir kürzlich im Octavia RS ausprobieren konnten, ist in dieser Hinsicht flinker.

Weniger überteuert reicht

Mit dem kleinen und deutlich weniger überteuertem System „Amundsen“ findet man sein Ziel auch. Interessant war die Berechnung der Ankunftszeit: Für meinen Nachhauseweg wurde 1:20 h veranschlagt. Es wäre übertrieben zu sagen, dass in die Differenz zur Realität noch ein Zwischenstopp im Biergarten passt, doch auf gut 50 Kilometern 20 bis 25 Minuten danebenzuliegen, ist schon eine Leistung.

Der Kodiaq kostet mit dem 190-PS-Diesel mindestens 37.790 Euro. Der Motor ist nur zusammen mit Allradantrieb und DSG zu haben, zudem gibt es ihn nur in den beiden teuren von drei Ausstattungslinien. Dafür ist der Serienumfang bereits in der mittleren Version Ambition üppig. Der Unterschied zur teuren Style-Ausstattung besteht im Wesentlichen nur aus LED-Scheinwerfern und einem teureren Radio, beides muss im Ambition extra bezahlt werden.

Die Kosten für die Überführung hat der Hersteller übernommen, jene für Kraftstoff der Autor.