Die prekäre Lade-Infrastruktur der EnBW ausprobiert

Geladen

Zum ZOE-Test kam der Test der EnBW-Ladeinfrastruktur. So erfreulich das Auto war, so unerfreulich war das Laden. Nichts funktioniert. E-Mobilität wurde nicht besser, sondern sogar noch schlimmer

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Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Erst jetzt, nach einiger Zeit, kann ich wirklich sinnvoll über die Ladesäulen-Infrastruktur der EnBW schreiben. Zur Echtzeit bestanden alle Äußerungen darüber aus einer solchen Überzahl an Kraftwörtern, dass sie unverständlich wie ein Tourette-Anfall wurden. Lassen wir also jetzt die nüchternen, abgekühlten Erfahrungen sprechen, denn ihre Sprache ist mehr als eindeutig. Die EnBW ist sch...lecht.

Wie zur länglichen Panamera-Elektroinfrastruktur-Abhandlung schon erwähnt, wollte ich schon lange einmal einen Renault ZOE testen, weil der Hersteller hier zum fairsten Einstiegspreis eins der besten, weil rundesten Elektro-Gesamtpakete anbietet. Im Vorfeld dessen las ich immer mal wieder in lokalen Elektroautobesitzerforen mit, wo sich einige Beschwerden fanden über die mangelnde Zuverlässigkeit der EnBW-Säulen. "Bei mir klappt's nur alle zwei Mal!", sagte einer. "Hast du es gut!", antwortete ein anderer, "Bei mir funktioniert es nur ein Mal aus vier." Und wie jede realistische Warnung ignorierte ich sie zugunsten einer Phantasie: "Das ist bestimmt mittlerweile alles voll toll gelöst."

Dazu kam, dass die Plugfinder-App bei mir um die Ecke eine Ladestation mit 22 kW anzeigte, sodass ich diesen Test überhaupt durchführen konnte, denn ich kann zwar ein Elektro-Kraftrad in der Tiefgarage laden, aber ein Elektro-Auto passt dort ohne weitere elektrische oder bauliche Maßnahmen nicht hin. Der ZOE kam auf einem riesigen Autolaster an und machte sich sofort beliebt. Platz. Aussehen. Ausstattung. Funktion. Preis. Das Teil ist super. Aber dann kam schnell der Tag, an dem der ZOE das erste Mal ans Kabel musste.

Ladus Interruptus

Kein Problem, es gibt ja jetzt die Ladestation ums Eck, dachte ich mir. Dort packte ich das Kabel aus und hielt die RFID-Karte zum Auslesen an die Säule. Nach langer Zeit erschien die Meldung "Karte nicht berechtigt", aber diese lange Zeit ließ mich sofort einen Verbindungsfehler vermuten. Ich rief die EnBW-Technik an. Der Mitarbeiter identifizierte die Station als offline und schickte mich von Sonnenberg nach Möhringen an die nächstgelegene Station. Dort ging es zunächst. Die Station lud in immer wieder kurzen Ladestößen mit Pausen dazwischen und einer Neuverhandlung zwischen Auto und Ladesäule. Das kann ja die normale Funktion bei der EnBW sein, dachte ich. Bis die Ladung einfach aufhörte. Ich startete mit der Karte neu. Ging. Aber nur kurz. Neustart.

Das nächste Mal lud ich in Stuttgart-Feuerbach, während ich zwei Straßen weiter trainierte. Das ist doch der Sinn dieser Ladesäulen, dachte ich, nebenher laden lassen. Als ich zurückkehrte und das Auto über dreieinhalb Stunden dort gestanden hatte, kamen mir jedoch Zweifel, denn die EnBW rechnet nach Zeit ab und dann kamen bei 5 Euro pro Stunde knapp 18 Euro für knapp 100 km fahren plus gute dreieinhalb Stunden Parken heraus. Das wäre mir ein bisschen viel für ein Auto mit Mietakku. Die EnBW will nicht, dass volle Elektroautos die Ladeparkbuchten blockieren. Gut, verstanden. Aber erstens: welche Elektroautos? Es gibt fast keine. Aktuell parken dort praktisch ausschließlich die elektrischen Car2Go-Smarts. Und zweitens: Für einen einigermaßen vernünftigen Preis muss ich also Punkt 100 Prozent wieder am Parkplatz sein und abhauen? Das wäre einfacher, liebe EnBW, wenn ihr nicht dieses Laden mit ständiger Unterbrechung hättet, sodass die Ladezeitangabe des Autos nie stimmen kann. Aber das war gar nicht mein Aufreger. Mein Aufreger war, dass natürlich auch diese Ladesäule ihren ganz eigenen Bug präsentierte.

Der Fehler lag im Schloss. Typ-2-Stecker werden per Servo verriegelt, damit der Benutzer sie nicht unter Last abziehen kann, denn das wäre potenziell gefährlich. Am ZOE funktionierte das Schloss tadellos jedes Mal. An dieser Säule jedoch öffnete das Schloss nicht mehr. Sie sagte zwar nach dem Wink mit der Ladekarte "Ziehen Sie das Ladekabel ab!", ließ es mich aber nicht abziehen. Ich rief die EnBW-Technik an und setzte mich in den Biersumpf, der wahrscheinlich weniger zufällig als man denken würde direkt neben dieser Säule steht. Nach einer Stunde erschien der sehr freundliche Techniker, öffnete die Blechtür an der Säule und entriegelte das Steckerschloss mechanisch von Hand. Um Mitternacht war ich zuhause und voller Hass auf die EnBW.

Das Alibi der Mafia

Denn diese Säulen sind kein neues Geschäftsmodell des Energiekonzerns, sondern sie sind ein Alibi. Auf jeder steht "unterstützt vom Staat Baden-Württemberg". Die EnBW hat eine Menge Fördergeld eingesackt, uns dafür diese nervenzerfetzend unzuverlässigen Parkuhren übers Ländle verteilt und ist dann wieder zum Tagesgeschäft übergegangen. Nach ihnen die Sintflut. Beispiel meine nächste Ladestation: Als ich nach zwei Tagen immer noch keine Funktion feststellen konnte, sagte der EnBW-Hotliner: "Ja, das kann dauern, bis da ein Techniker vorbeikommt." Dann schlug er vor, mich anzurufen, wenn das Teil wieder ginge. Zwei Wochen später dachte ich: Das hat er bestimmt vergessen. War aber nicht so. Das Ding funktioniert bis heute nicht und keine Sau bei der EnBW interessiert es. Wenn die EnBW das selber als Produkt hätte entwickeln müssen statt als Alibi für verfeierte Fördergelder, dann würde das besser funktionieren oder wenigstens EnBW-eigenes Geld kosten. Wir hätten bestimmt weniger Säulen, aber was bringen mir viele Säulen, wenn fast alle fast immer die korrekte Funktion verweigern?

Mein nächster Plan war, nach Hockenheim zu fahren. Ich nahm mir ein Buch mit und lud an der Unterbrecher-Säule selbst überwachend auf. Vorher hatte ich abgeklärt, dass es am Hockenheimring einen 22-kW-Lader gibt. Die Fahrt dorthin verlief völlig problemlos und temperaturbedingt erfreulich sparsam. Das war gut so, denn der 22-kW-Lader ging natürlich nicht. Auch hier schöne Sticker des örtlichen Energieunternehmens. Den Namen habe ich vergessen, aber in Deutschland sind die Energiekonzerne sowieso alle Verbrecher, schlimmer als die Mafia und fast so schlimm wie unsere Krankenkassen.

Mühsam ernährte sich das Renault-Eichhörnchen dann vom unbrauchbaren Schuko-Notladegerät, das mehr Verlust als Nutzleistung liefert. Ich kam mit piependem Dashbord mit seit einigen Kilometern ausgestrichelter Restreichweiteanzeige in Stuttgart im Parkhaus Albstraße an, das mich nicht einlassen wollte, obwohl der E-Parkplatz frei war. Also der Gang zum Security-Mann, der mich von Hand einließ. Dann erlebte ich in dieser Garage meinen ersten fehlerfreien Ladevorgang, der allerdings zusätzlich zu den EnBW-Ladeparkgebühren noch 6,50 Euro für das Park-and-Ride-Ticket kostet, das ich nicht brauchte. Eindeutiger wurde mir selten kommuniziert, wie unerwünscht ich als Kunde bin. Das Fördergeldgeschäft ist durch, also verpiss dich, Kunde.

Zum Ende des Tests fuhr ich nach Karlsruhe. Oder besser: Das war der Plan. Es funktionierte nämlich aufgrund eines generellen Ausfalls an diesem Tag gar keine Ladesäule. Abends ging es dann wieder. Mit Unterbrechungen. Am nächsten Tag dann doch in Karlsruhe während des Seminars erlebte ich den zweiten problemlosen Ladevorgang, wofür ich demnächst eine Kerze im Würzburger Käppele anzünden werde. Nach der Rückfahrt lud ich nicht mehr, denn ich habe schon genügend graue, ausgerissene Haare in meinem Staubsauger.

Das Elend reicht bundesweit

Natürlich fluche ich hier über die EnBW, weil das mein lokaler Mafia-Clan ist. Wie die Fahrt nach Hockenheim zeigte, ist es allerdings nirgendwo wirklich besser. Ich habe sogar den persönlichen Eindruck, dass Elektroauto fahren schlimmer geworden ist statt besser. Früher traf man zwar seltener eine Ladestation, man wusste aber: Hier gibt es zu den Öffnungszeiten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Strom für dich. Heute gibt es sehr viele Ladesäulen, aber in der Praxis kannst du weniger davon nutzen. Die EnBW-Ladekarte roamt nicht einmal bis nach Hockenheim, geschweige denn durch die Republik. Und selbst daheim am eigenen System funktioniert sie ja meistens doch nicht.

Darin liegt dann glaube ich der Hauptgrund, warum Tesla Strom verschenkt: Das funktioniert mit hoher Wahrscheinlichkeit bei geringem Software-Aufwand. Auch Aldi Süd verschenkt Strom für Einkäufer, genauso wie viele einzelne Kleinbetriebe, denen das Thema irgendwie nahe oder am Herzen liegt. In Hockenheim an der Ladesäule "lädt nie jemand", wie jemand vom Ring zugab. Warum dann bei allen Höllen was mit einer Ladekarte bauen, das nicht funktioniert? Es wäre für den Ring billiger, das bisschen Strom einfach zu verschenken. Die aktuelle Misere zeigt, dass es wahrer ist denn je: Laternenparker können sich den Gedanken an ein Elektroauto in die Haare schmieren. Elektroautos sind für Leute, die am Stellplatz ein funktionierendes (also wohl eigenes) Ladesystem benutzen und innerhalb dieses Aktionsradius' bleiben.

Es bleibt das Blame Game, allerdings auf einer niedrigen Schwierigkeitsstufe. Es gibt nur einen Schuldigen. Es sind die Energiekonzerne, die diesen Schrott bauen und es sind die Politiker, die ihnen dafür unser Geld zustecken. Ich weiß, das klingt jetzt wie zwei Schuldige, aber glauben Sie mir: Das ist alles ein Filz.