Was das Zeug hält

Kubas Fuhrpark

Zum Klischee von Kuba gehören bis heute die US-Straßenkreuzer aus den 40er- und 50er-Jahren. Das Wirtschaftsembargo wurde in den vergangenen Jahren zwar gelockert, doch fehlt den Kubanern schlicht Geld für moderne oder gar neue Autos. Improvisation bleibt also gefragt

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Von
  • Stefan Grundhoff
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Havanna, 8. Juli 2016 – Zum Klischee von Kuba gehören bis heute die barocken US-Straßenkreuzer aus den 40er- und 50er-Jahren, denn neue Autos waren in dem sozialistischen Staat seit der Revolution von 1959 nicht zu bekommen. Das Wirtschaftsembargo wurde in den vergangenen Jahren zwar gelockert, doch fehlt den Kubanern schlicht Geld für moderne oder gar neue Autos. So beschaffen sich die Kubaner seit mehr als einem halben Jahrhundert die Ersatzteile auf mehr oder weniger legalen Wegen selbst und reparieren auch weiterhin, was das Zeug hält. Im wahrsten Sinn des Wortes. Kreativität und Improvisation machen dabei fast alles möglich.

Restaurierungen als Gemeinschaftsprojekte

Wie etwa bei Jorge Hernandez. Er ist gelernter Automechaniker wie sein Vater, der schon Impalas, Bel Airs oder Fairlanes ohne große Mittel, aber mit viel Hingabe zu weiteren Jahren auf der Straße verhalf. „70 Prozent unserer Kunden wünschen sich eine komplette Restaurierung”, erzählt Hernandez, „das dauert ein halbes Jahr oder mehr, weil wir die Teile nicht so schnell bekommen. Sonst wäre man nach ein bis zwei Monaten mit allem fertig.” Eine Restaurierung kostet dabei 6000 bis 10.000 Cucs. Ein Betrag, den sich hier kaum jemand leisten kann. Die Restaurierungen werden daher meist von mehreren Freunden bezahlt, bevor die Autos zu Taxis und somit zu einer Einnahmequelle für mehrere werden.

Jorge betreibt in dritter Generation seine Autowerkstatt, eine halbe Stunde außerhalb von Havanna. Pro Jahr bastelt er zusammen mit ein paar Kollegen an 15 bis 30 Autos herum. Ein Firmenschild sucht man in dem Außenbezirk vergeblich, denn Werbung für Privatgeschäfte ist natürlich ein Unding im sozialistischen Weltbild. Den Weg muss man also kennen oder erfragen – wie fast überall in Kuba. Offiziell ist hier wenig und die Reparatur von alten Autos findet abseits staatlicher Regelung statt.

Auf dem Boden der Werkstatt stehen ein alter V8-Motor und ein Reihensechszylinder, die beide schon bessere Zeiten gesehen haben. Sie stammen aus den 40er und 50er Jahren, in denen wohlhabende Amerikaner die Karibikinsel zu ihrem liebsten Feriendomizil auserkoren hatten. Als die politische Lage 1959 kippte, verschwanden die enteigneten Amerikaner und nur ihre Autos blieben. Bis heute sichern betagten Chevys, Cadillacs und Fords die Mobilität eines ganzen Volkes. Viele Autos schleppen sich zusammengeschustert über die Straßen und werden mehr schlecht als recht am Leben erhalten.