Aufschub fürs Gift

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Das wäre zum Beispiel bei einem Volkswagen Passat mit dem 140 kW (190 PS) starken TDI der Fall. Beim Dieselmotor mit 110 kW (150 PS) dagegen wird nur ein Speicherkatalysator eingesetzt. Das spart nicht nur Kosten und Bauraum für den AdBlue-Tank, es ist auch ein Komfortgewinn für den Fahrer, der nicht genötigt wird, in regelmäßigen Abständen die wässrige Harnstofflösung AdBlue nachzufüllen. Auch bei den Speicherkatalysatoren gibt es nach Einschätzung des ICCT weiteres Verbesserungspotenzial, und wo das nicht ausreiche, müsse eben die aufwändige, aber wirksame Abgasreinigung mit der selektiven katalytischen Reinigung (SCR) durch Harnstoffeinspritzung eingebaut werden.

Frankreich tauscht Diesel gegen Elektroautos

Ob die Arbeitsgruppe Real Driving Emissions nun ein zahnloser Tiger oder ein erfolgreiches Verbesserungsinstrument wird, hängt von zwei Faktoren ab.

Zum einen davon, ob die Rahmenbedingungen bei der Ausfahrt im RDE-Zyklus gut gesetzt sind. Bisher sind viele Kriterien noch butterweich. So ist noch keine genaue Beladung der Autos vorgegeben. Stattdessen gilt die Formulierung, dass das Gewicht „repräsentativ für die tatsächliche Nutzung im Alltag“ sein soll. Der Test dauert 90 bis 120 Minuten und soll städtisches Fahren genauso abbilden wie eine Bundesstraßentour und eine Autobahnfahrt – allerdings mit „nicht mehr als 145 km/h“. Das alles wären Fortschritte gegenüber dem Laborzyklus NEFZ und dem 2017 kommenden WLTP. Trotzdem kommt es bei den letzten Verhandlungen im Technical Committee on Motor Vehicles (TCMV) in Brüssel entscheidend darauf an, den Forderungen der Autoindustrie nicht nachzugeben – nach deren Wunsch sollen etwa Vollgaspassagen und maximale Beschleunigung gestrichen werden.

Der zweite wichtige Aspekt ist der Conformity Factor. Ist er zu lasch, wird es auf absehbare Zeit keine Verbesserung der Luftqualität in den Städten geben. Auch er ist Gegenstand der Verhandlungen, die im März beendet sein sollen.

Während Fachleute und Interessenvertreter um ein möglicherweise sinnvolles, ganz sicher aber bürokratisches Verfahren streiten, schaffen die Franzosen Fakten: Wer einen Diesel abwrackt und dafür ein Elektroauto kauft, bekommt vom Staat 10.000 Euro Zuschuss. Das ist zwar protektionistisch, weil besonders Renault profitieren dürfte. Aber es funktioniert unmittelbar. (fpi)