Kein Aufreger

Inhaltsverzeichnis

München, 4. Januar 2016 – Hyundai ist mit der Reaktivierung von Modellnamen nicht allein: Nach einigen Neubezeichnungen heißt der Stufenheckableger des VW Golf wieder Jetta, Fiat holt gerade den Namen „Tipo“ aus der Versenkung. Bei Hyundai heißt das mittlere SUV nun wieder Tucson statt ix35. Wichtiger erscheint uns jedoch, dass der neue Tucson ein richtig gutes Auto geworden ist. Eine Probefahrt mit der kräftigsten Diesel zeigt dies deutlich.

Schon der Innenraum hat mit der einstigen Tristesse asiatischer Großserienautos nur noch wenig gemein. Moderne Farben und feine Materialien mit angenehmer Haptik lassen nur wenig Raum für Kritik. In der teuersten Ausstattung lassen sich nicht nur alle Sitze, sondern auch das Lenkrad beheizen. Schon unsere Fahrt im Opel Corsa hat gezeigt, dass viele dieses Detail für eine Spielerei halten – bis sie es ausprobiert haben.

Das große Panoramaschiebedach lässt sich hier auch öffnen, die fragwürdige Mode der festen Glasdächer macht Hyundai bislang nicht mit. Es ist mit Ausnahme des Sondermodells „Intro Edition“ und des Basismodells „Classic“ für alle Varianten zu haben und kostet 1200 Euro.

Kein Riese

Platz findet sich auf jedem der Sitzgelegenheiten genug. Gleiches gilt auch für das Gepäckraumabteil, das im Vergleich zum Vorgänger mit 513 Liter rund zehn Prozent mehr Stauraum bietet. Ein Riese ist der Tucson damit freilich nicht: Der neue VW Tiguan ist kaum länger, bietet aber 615 Liter Kofferraum. Erfreulich, vor allem für die Nachbarn, ist die Tatsache, dass die elektrische Heckklappe des Tucson nur kurz einen warnenden Piepton von sich gibt und dann weitgehend lautlos ihre Arbeit verrichtet. Auch die sehr komfortablen Sitze sowie das einfach zu bedienende und sehr gut arbeitende Infotainmentsystem gefallen. Von der nicht so gut funktionierenden Verkehrsschilderkennung einmal abgesehen, ist auch das Navigationssystem ohne große Tadel.

Unvermeidlich für ein modernes Auto ist inzwischen ein breites Angebot an Assistenten. Einer von ihnen dient der Spurhalteunterstützung. Werden beide Hände vom Lenkrad genommen und die Fahrspuren auf der rechten und der linken Seite sind gut erkennbar, zeigt das System einen ernstzunehmenden Blick in die autonome Zukunft auf. Störend ist jedoch, dass der Assistent so stark einwirkt, dass die Benutzung der elektrischen Servolenkung für den Fahrer nur noch begrenzt Spaß macht. Zu sehr ruckelt und zuckelt der imaginäre Fahrlehrer am Lenkrad. Auf Dauer werden ihn genau deshalb sicher viele Fahrer abschalten.

Ebenfalls auf der einen Seite sehr gelungen, auf der anderen Seite nicht zu Ende gedacht ist der Einparkpilot. Bei ausreichendem Licht gelingt das Einparken-Lassen ohne große Mühe - die Bestellung der Sechsstufen-Automatik vorausgesetzt. Sobald sich jedoch die Sonne verzieht und in der Rückfahrkamera-Darstellung die Bordsteinkanten kaum noch auszumachen sind, stößt das System an seine Grenze. Unverständlich ist, warum es sich dennoch zum Einparken anbietet. Wem etwas an den schicken Felgen liegt, der sollte die helfende Hand allerdings links liegen lassen und sein Glück in die eigenen Einparkgeschicke legen. Zu den kleinen Schwächen gehört auch die USB-Buchse, die nicht genügend Strom liefert, um den Akku eines Smartphones auf dem gleichen Stand zu halten.

Wie weit?

Bemerkenswert hingegen ist die Restreichweitenanzeige des 185 PS starken Diesel-Tucson. Sie macht bis zum letzten Kilometer Hoffnung auf das Erreichen der von Hyundai angegebenen Reichweite. Kurios nur, dass die nach einem kleinen Tankstopp eingeflößten Liter sich in keinster Weise positiv auswirken. Obwohl die bei einem angezeigten Durchschnittsverbrauch von zehn Litern nachgefüllten fünf Liter für fünfzig weitere Kilometer reichen sollten, beharrt die Anzeige auf ihrem einen Restkilometer und zeigt wenige Meter danach Striche an. Ähnlich wie bei der Anzeige für die restliche Reichweite von Adblue in einigen Modellen reagiert der Bordcomputer auch hier erst auf größere Nachfüllmengen.

Der Zweiliter-Vierzylinder-Diesel treibt mit seinen 185 PS das SUV ausreichend flott an. Wunder sollte man nicht erwarten, immerhin wollen hier schon leer rund 1,8 Tonnen bewegt werden. Hyundai bietet noch zwei schwächere Dieselmotoren an, die 136 und 116 PS leisten. Wir haben den Tucson damit noch nicht ausprobiert, doch zumindest der Basisdiesel dürfte mit dem SUV gut zu tun haben. Ihn gibt es nur mit Frontantrieb, den stärksten Diesel nur mit Allradantrieb. Positiv: Er ist sehr spurtreu, laufruhig und vor allem sehr gut schallisoliert. Selbst bei 201 km/h, seiner Höchstgeschwindigkeit, kommt das Gefühl eines angenehmen Reisetempos auf.

Kein Schnäppchen, aber günstig

Hyundai stand früher vor allem für konkurrenzlos günstige Preise. Seit die Qualität in Riesenschritten zulegt, haben aber auch die Asiaten nichts mehr zu verschenken. Der Tucson wird in vier Ausstattungslinien angeboten. Das Basismodell „Classic“ kostet mindestens 22.400 Euro und bringt die existenziellen Dinge bereits mit. Nachteil: Außer einer Metalliclackierung kann der Kunde diese Variante nicht weiter aufpäppeln. Der von uns gefahrene 185-PS-Diesel ist ab 35.700 Euro zu haben. Dafür bringt er eine sehr gute Ausstattung mit. Wir würden dazu noch die Sechsgang-Automatik und das große Glasdach empfehlen. Insgesamt mag der Tucson kein Schnäppchen mehr sein, ein gutes Angebot aber sehr wohl. Hyundai spendiert die ersten fünf Jahre ein jährlichen Sicherheitscheck, fünf Jahre Garantie ohne Kilometerbegrenzung und Updates für das Kartenmaterial des Navigationssystems – alles Dinge, die sich andere Hersteller, so sie es überhaupt anbieten, zusätzlich bezahlen lassen.